Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.getreten sein möchte. Zum Glück war diese Besorgnis unge- Trotz des Unfalls, der Bonpland betroffen, war ich getreten ſein möchte. Zum Glück war dieſe Beſorgnis unge- Trotz des Unfalls, der Bonpland betroffen, war ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0053" n="45"/> getreten ſein möchte. Zum Glück war dieſe Beſorgnis unge-<lb/> gründet, und die Symptome, die uns anfangs beunruhigt,<lb/> verſchwanden nach und nach. Die Einwohner von Cumana<lb/> bewieſen uns die rührendſte Teilnahme. Wir hörten, der<lb/> Zambo ſei aus einem der indianiſchen Dörfer gebürtig, die<lb/> um den großen See Maracaybo liegen. Er hatte auf einem<lb/> Kaperſchiff von San Domingo gedient und war infolge eines<lb/> Streites mit dem Kapitän, als das Schiff aus dem Hafen<lb/> von Cumana auslief, an der Küſte zurückgelaſſen worden. Er<lb/> hatte das Signal bemerkt, das wir aufſtellen laſſen, um die<lb/> Höhe der Flut zu beobachten, und hatte gelauert, um uns<lb/> auf dem Strande anzufallen. Aber wie kam es, daß er,<lb/> nachdem er einen von uns niedergeſchlagen, ſich mit dem Raub<lb/> eines Hutes zu begnügen ſchien? Im Verhör waren ſeine<lb/> Antworten ſo verworren und albern, daß wir nicht klug aus<lb/> der Sache werden konnten; meiſt behauptete er, ſeine Abſicht<lb/> ſei nicht geweſen, uns zu berauben; aber in der Erbitterung<lb/> über die ſchlechte Behandlung am Bord des Kapers von<lb/> San Domingo, habe er dem Drang, uns eines zu verſetzen,<lb/> nicht widerſtehen können, ſobald er uns habe franzöſiſch ſprechen<lb/> hören. Da der Rechtsgang hierzulande ſo langſam iſt, daß<lb/> die Verhafteten, von denen die Gefängniſſe wimmeln, ſieben,<lb/> acht Jahre auf ihr Urteil warten müſſen, ſo hörten wir wenige<lb/> Tage nach unſerer Abreiſe von Cumana nicht ohne Befriedi-<lb/> gung, der Zambo ſei aus dem Schloſſe San Antonio ent-<lb/> ſprungen.</p><lb/> <p>Trotz des Unfalls, der Bonpland betroffen, war ich<lb/> anderen Tags, am 28. Oktober um fünf Uhr morgens auf<lb/> dem Dach unſeres Hauſes, um mich zur Beobachtung der<lb/> Sonnenfinſternis zu rüſten. Der Himmel war klar und rein.<lb/> Die Sichel der Venus und das Sternbild des Schiffes, das<lb/> durch ſeine gewaltigen Nebelflecke nahe aneinander ſo ſtark<lb/> hervortritt, verſchwanden in den Strahlen der aufgehenden<lb/> Sonne. Ich hatte mir zu einem ſo ſchönen Tag um ſo mehr<lb/> Glück zu wünſchen, als ich ſeit mehreren Wochen wegen der<lb/> Gewitter, die regelmäßig zwei, drei Stunden nach dem Durch-<lb/> gang der Sonne durch den Meridian im Süden und Südoſten<lb/> aufzogen, die Uhren nicht nach korreſpondierenden Höhen hatte<lb/> richten können. Ein rötlicher Dunſt, der in den tiefen Luft-<lb/> ſchichten auf den Hygrometer faſt gar nicht wirkt, verſchleierte<lb/> bei Nacht die Sterne. Dieſe Erſcheinung war ſehr unge-<lb/> wöhnlich, da man in anderen Jahren oft drei, vier Monate<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0053]
getreten ſein möchte. Zum Glück war dieſe Beſorgnis unge-
gründet, und die Symptome, die uns anfangs beunruhigt,
verſchwanden nach und nach. Die Einwohner von Cumana
bewieſen uns die rührendſte Teilnahme. Wir hörten, der
Zambo ſei aus einem der indianiſchen Dörfer gebürtig, die
um den großen See Maracaybo liegen. Er hatte auf einem
Kaperſchiff von San Domingo gedient und war infolge eines
Streites mit dem Kapitän, als das Schiff aus dem Hafen
von Cumana auslief, an der Küſte zurückgelaſſen worden. Er
hatte das Signal bemerkt, das wir aufſtellen laſſen, um die
Höhe der Flut zu beobachten, und hatte gelauert, um uns
auf dem Strande anzufallen. Aber wie kam es, daß er,
nachdem er einen von uns niedergeſchlagen, ſich mit dem Raub
eines Hutes zu begnügen ſchien? Im Verhör waren ſeine
Antworten ſo verworren und albern, daß wir nicht klug aus
der Sache werden konnten; meiſt behauptete er, ſeine Abſicht
ſei nicht geweſen, uns zu berauben; aber in der Erbitterung
über die ſchlechte Behandlung am Bord des Kapers von
San Domingo, habe er dem Drang, uns eines zu verſetzen,
nicht widerſtehen können, ſobald er uns habe franzöſiſch ſprechen
hören. Da der Rechtsgang hierzulande ſo langſam iſt, daß
die Verhafteten, von denen die Gefängniſſe wimmeln, ſieben,
acht Jahre auf ihr Urteil warten müſſen, ſo hörten wir wenige
Tage nach unſerer Abreiſe von Cumana nicht ohne Befriedi-
gung, der Zambo ſei aus dem Schloſſe San Antonio ent-
ſprungen.
Trotz des Unfalls, der Bonpland betroffen, war ich
anderen Tags, am 28. Oktober um fünf Uhr morgens auf
dem Dach unſeres Hauſes, um mich zur Beobachtung der
Sonnenfinſternis zu rüſten. Der Himmel war klar und rein.
Die Sichel der Venus und das Sternbild des Schiffes, das
durch ſeine gewaltigen Nebelflecke nahe aneinander ſo ſtark
hervortritt, verſchwanden in den Strahlen der aufgehenden
Sonne. Ich hatte mir zu einem ſo ſchönen Tag um ſo mehr
Glück zu wünſchen, als ich ſeit mehreren Wochen wegen der
Gewitter, die regelmäßig zwei, drei Stunden nach dem Durch-
gang der Sonne durch den Meridian im Süden und Südoſten
aufzogen, die Uhren nicht nach korreſpondierenden Höhen hatte
richten können. Ein rötlicher Dunſt, der in den tiefen Luft-
ſchichten auf den Hygrometer faſt gar nicht wirkt, verſchleierte
bei Nacht die Sterne. Dieſe Erſcheinung war ſehr unge-
wöhnlich, da man in anderen Jahren oft drei, vier Monate
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