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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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kleinen Teichen mit klarem Wasser umgeben ist. Hecken von
Azedarac liefen um Gruppen von Icaquesbäumen, die
voll Früchten hingen. Eine Strecke weiter übernachteten wir
beim kleinen Dorfe San Geronimo del Guayaval, das Mis-
sionäre vom Kapuzinerorden gegründet haben. Es liegt am
Ufer des Rio Guarico, der in den Apure fällt. Ich besuchte
den Geistlichen, der in der Kirche wohnen mußte, weil noch
kein Priesterhaus gebaut war. Der junge Mann nahm uns
aufs zuvorkommendste auf und gab uns über alles die ver-
langte Auskunft. Sein Dorf, oder, um den offiziellen Aus-
druck der Mönche zu gebrauchen, seine Mission, war nicht
leicht zu regieren. Der Stifter, der keinen Anstand genommen,
auf seine Rechnung eine Pulperia zu errichten, das heißt so-
gar in der Kirche Bananen und Guarapo zu verkaufen, war
auch bei Aufnahme der Kolonisten nicht ekel gewesen. Viele
Landstreicher aus den Llanos hatten sich in Guayaval nieder-
gelassen, weil die Einwohner einer Mission dem weltlichen
Arm entrückt sind. Hier wie in Neuholland kann man erst
in der zweiten oder dritten Generation auf gute Kolonisten
rechnen.

Wir setzten über den Rio Guarico und übernachteten
in den Savannen südlich vom Guayaval. Ungeheure Fleder-
mäuse, wahrscheinlich von der Sippe der Phyllostomen, flat-
terten, wie gewöhnlich, einen guten Teil der Nacht über unseren
Hängematten. Man meint jeden Augenblick, sie wollen sich
einem ins Gesicht einkrallen. Am frühen Morgen setzten wir
unseren Weg über tiefe, häufig unter Wasser stehende Land-
striche fort. In der Regenzeit kann man zwischen dem Guarico
und dem Apure im Kahn fahren wie auf einem See. Es
begleitete uns ein Mann, der alle Höfe (Hatos) in den Llanos
besucht hatte, um Pferde zu kaufen. Er hatte für 1000 Pferde
2200 Piaster gegeben. 1 Man bezahlt natürlich desto weniger,

1 In den Llanos von Calabozo und am Guayaval kostet ein
junger Stier von 2 bis 3 Jahren 1 Piaster. Ist er verschnitten,
(in sehr heißen Ländern eine ziemlich gefährliche Operation), so ist
er 5 bis 6 Piaster wert. Eine an der Sonne getrocknete Ochsen-
haut gilt 21/2 Silberrealen (1 Peso = 8 Realen); ein Huhn 2 Realen;
ein Schaf, in Barquesimeto und Truxillo, denn ostwärts von diesen
Städten gibt es keine, 3 Realen. Da diese Preise sich notwendig
verändern werden, je mehr die Bevölkerung in den spanischen
Kolonieen zunimmt, so schien es mir nicht unwichtig, hier Angaben

kleinen Teichen mit klarem Waſſer umgeben iſt. Hecken von
Azedarac liefen um Gruppen von Icaquesbäumen, die
voll Früchten hingen. Eine Strecke weiter übernachteten wir
beim kleinen Dorfe San Geronimo del Guayaval, das Miſ-
ſionäre vom Kapuzinerorden gegründet haben. Es liegt am
Ufer des Rio Guarico, der in den Apure fällt. Ich beſuchte
den Geiſtlichen, der in der Kirche wohnen mußte, weil noch
kein Prieſterhaus gebaut war. Der junge Mann nahm uns
aufs zuvorkommendſte auf und gab uns über alles die ver-
langte Auskunft. Sein Dorf, oder, um den offiziellen Aus-
druck der Mönche zu gebrauchen, ſeine Miſſion, war nicht
leicht zu regieren. Der Stifter, der keinen Anſtand genommen,
auf ſeine Rechnung eine Pulperia zu errichten, das heißt ſo-
gar in der Kirche Bananen und Guarapo zu verkaufen, war
auch bei Aufnahme der Koloniſten nicht ekel geweſen. Viele
Landſtreicher aus den Llanos hatten ſich in Guayaval nieder-
gelaſſen, weil die Einwohner einer Miſſion dem weltlichen
Arm entrückt ſind. Hier wie in Neuholland kann man erſt
in der zweiten oder dritten Generation auf gute Koloniſten
rechnen.

Wir ſetzten über den Rio Guarico und übernachteten
in den Savannen ſüdlich vom Guayaval. Ungeheure Fleder-
mäuſe, wahrſcheinlich von der Sippe der Phylloſtomen, flat-
terten, wie gewöhnlich, einen guten Teil der Nacht über unſeren
Hängematten. Man meint jeden Augenblick, ſie wollen ſich
einem ins Geſicht einkrallen. Am frühen Morgen ſetzten wir
unſeren Weg über tiefe, häufig unter Waſſer ſtehende Land-
ſtriche fort. In der Regenzeit kann man zwiſchen dem Guarico
und dem Apure im Kahn fahren wie auf einem See. Es
begleitete uns ein Mann, der alle Höfe (Hatos) in den Llanos
beſucht hatte, um Pferde zu kaufen. Er hatte für 1000 Pferde
2200 Piaſter gegeben. 1 Man bezahlt natürlich deſto weniger,

1 In den Llanos von Calabozo und am Guayaval koſtet ein
junger Stier von 2 bis 3 Jahren 1 Piaſter. Iſt er verſchnitten,
(in ſehr heißen Ländern eine ziemlich gefährliche Operation), ſo iſt
er 5 bis 6 Piaſter wert. Eine an der Sonne getrocknete Ochſen-
haut gilt 2½ Silberrealen (1 Peſo = 8 Realen); ein Huhn 2 Realen;
ein Schaf, in Barqueſimeto und Truxillo, denn oſtwärts von dieſen
Städten gibt es keine, 3 Realen. Da dieſe Preiſe ſich notwendig
verändern werden, je mehr die Bevölkerung in den ſpaniſchen
Kolonieen zunimmt, ſo ſchien es mir nicht unwichtig, hier Angaben
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[303/0311] kleinen Teichen mit klarem Waſſer umgeben iſt. Hecken von Azedarac liefen um Gruppen von Icaquesbäumen, die voll Früchten hingen. Eine Strecke weiter übernachteten wir beim kleinen Dorfe San Geronimo del Guayaval, das Miſ- ſionäre vom Kapuzinerorden gegründet haben. Es liegt am Ufer des Rio Guarico, der in den Apure fällt. Ich beſuchte den Geiſtlichen, der in der Kirche wohnen mußte, weil noch kein Prieſterhaus gebaut war. Der junge Mann nahm uns aufs zuvorkommendſte auf und gab uns über alles die ver- langte Auskunft. Sein Dorf, oder, um den offiziellen Aus- druck der Mönche zu gebrauchen, ſeine Miſſion, war nicht leicht zu regieren. Der Stifter, der keinen Anſtand genommen, auf ſeine Rechnung eine Pulperia zu errichten, das heißt ſo- gar in der Kirche Bananen und Guarapo zu verkaufen, war auch bei Aufnahme der Koloniſten nicht ekel geweſen. Viele Landſtreicher aus den Llanos hatten ſich in Guayaval nieder- gelaſſen, weil die Einwohner einer Miſſion dem weltlichen Arm entrückt ſind. Hier wie in Neuholland kann man erſt in der zweiten oder dritten Generation auf gute Koloniſten rechnen. Wir ſetzten über den Rio Guarico und übernachteten in den Savannen ſüdlich vom Guayaval. Ungeheure Fleder- mäuſe, wahrſcheinlich von der Sippe der Phylloſtomen, flat- terten, wie gewöhnlich, einen guten Teil der Nacht über unſeren Hängematten. Man meint jeden Augenblick, ſie wollen ſich einem ins Geſicht einkrallen. Am frühen Morgen ſetzten wir unſeren Weg über tiefe, häufig unter Waſſer ſtehende Land- ſtriche fort. In der Regenzeit kann man zwiſchen dem Guarico und dem Apure im Kahn fahren wie auf einem See. Es begleitete uns ein Mann, der alle Höfe (Hatos) in den Llanos beſucht hatte, um Pferde zu kaufen. Er hatte für 1000 Pferde 2200 Piaſter gegeben. 1 Man bezahlt natürlich deſto weniger, 1 In den Llanos von Calabozo und am Guayaval koſtet ein junger Stier von 2 bis 3 Jahren 1 Piaſter. Iſt er verſchnitten, (in ſehr heißen Ländern eine ziemlich gefährliche Operation), ſo iſt er 5 bis 6 Piaſter wert. Eine an der Sonne getrocknete Ochſen- haut gilt 2½ Silberrealen (1 Peſo = 8 Realen); ein Huhn 2 Realen; ein Schaf, in Barqueſimeto und Truxillo, denn oſtwärts von dieſen Städten gibt es keine, 3 Realen. Da dieſe Preiſe ſich notwendig verändern werden, je mehr die Bevölkerung in den ſpaniſchen Kolonieen zunimmt, ſo ſchien es mir nicht unwichtig, hier Angaben

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/311>, abgerufen am 22.11.2024.