wie Cuba, sämtliche europäische Märkte versorgen; aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen erhält sie im Gegenteil durch den Schleichhandel Tabak aus Brasilien auf dem Rio Negro, Cassiquiare und Orinoko, und aus der Provinz Pore auf dem Casanare, dem Ariporo und dem Rio Meta. Das sind die traurigen Folgen eines Prohibitivsystems, das den Fortschritt des Landbaues lähmt, den natürlichen Reichtum des Landes schmälert und sich vergeblich abmüht, Länder abzusperren, durch welche dieselben Flüsse laufen und deren Grenzen in unbe- wohnten Landstrichen sich verwischen.
Unter den Zuflüssen des Sees von Valencia entspringen einige aus heißen Quellen, und diese verdienen besondere Auf- merksamkeit. Diese Quellen kommen an drei Punkten der aus Granit bestehenden Küstenkordillere zu Tage, bei Onoto, zwischen Turmero und Maracay, bei Mariara, nordöstlich von der Hacienda de Cura, und bei Las Trincheras, auf dem Wege von Nueva Valencia nach Porto Cabello. Nur die heißen Wasser von Mariara und Las Trincheras konnte ich in phy- sikalischer und geologischer Beziehung genau untersuchen. Geht man am Bache Cura hinauf, seiner Quelle zu, so sieht man die Berge von Mariara in die Ebene vortreten in Gestalt eines weiten Amphitheaters, das aus senkrecht abfallenden Felswänden besteht, über denen sich Bergkegel mit gezackten Gipfeln erheben. Der Mittelpunkt des Amphitheaters führt den seltsamen Namen Teufelsmauer(Rincon del Diablo). Von den beiden Flügeln derselben heißt der östliche El Cha- parro, der westliche Las Viruelas. Diese verwitterten Felsen beherrschen die Ebene; sie bestehen aus einem sehr grob- körnigen, fast porphyrartigen Granit, in dem die gelblich-weißen Feldspatkristalle über 4 cm lang sind; der Glimmer ist ziemlich selten darin und von schönem Silberglanz. Nichts malerischer und großartiger als der Anblick dieses halb grün gewachsenen Gebirgstockes. Den Gipfel der Calavera, welche die Teufels- mauer mit dem Chaparro verbindet, sieht man sehr weit. Der Granit ist dort durch senkrechte Spalten in prismatische Massen geteilt, und es sieht aus, als stünden Basaltsäulen auf dem Urgebirge. In der Regenzeit stürzt eine bedeutende Wasser- masse über diese steilen Abhänge herunter. Die Berge, die sich östlich an die Teufelsmauer anschließen, sind lange nicht so hoch und bestehen, wie das Vorgebirge Cabrera, aus Gneis und granithaltigem Glimmerschiefer.
In diesen niedrigeren Bergen, 3,5 bis 5,5 km nordöstlich
wie Cuba, ſämtliche europäiſche Märkte verſorgen; aber unter den gegenwärtigen Verhältniſſen erhält ſie im Gegenteil durch den Schleichhandel Tabak aus Braſilien auf dem Rio Negro, Caſſiquiare und Orinoko, und aus der Provinz Pore auf dem Caſanare, dem Ariporo und dem Rio Meta. Das ſind die traurigen Folgen eines Prohibitivſyſtems, das den Fortſchritt des Landbaues lähmt, den natürlichen Reichtum des Landes ſchmälert und ſich vergeblich abmüht, Länder abzuſperren, durch welche dieſelben Flüſſe laufen und deren Grenzen in unbe- wohnten Landſtrichen ſich verwiſchen.
Unter den Zuflüſſen des Sees von Valencia entſpringen einige aus heißen Quellen, und dieſe verdienen beſondere Auf- merkſamkeit. Dieſe Quellen kommen an drei Punkten der aus Granit beſtehenden Küſtenkordillere zu Tage, bei Onoto, zwiſchen Turmero und Maracay, bei Mariara, nordöſtlich von der Hacienda de Cura, und bei Las Trincheras, auf dem Wege von Nueva Valencia nach Porto Cabello. Nur die heißen Waſſer von Mariara und Las Trincheras konnte ich in phy- ſikaliſcher und geologiſcher Beziehung genau unterſuchen. Geht man am Bache Cura hinauf, ſeiner Quelle zu, ſo ſieht man die Berge von Mariara in die Ebene vortreten in Geſtalt eines weiten Amphitheaters, das aus ſenkrecht abfallenden Felswänden beſteht, über denen ſich Bergkegel mit gezackten Gipfeln erheben. Der Mittelpunkt des Amphitheaters führt den ſeltſamen Namen Teufelsmauer(Rincon del Diablo). Von den beiden Flügeln derſelben heißt der öſtliche El Cha- parro, der weſtliche Las Viruelas. Dieſe verwitterten Felſen beherrſchen die Ebene; ſie beſtehen aus einem ſehr grob- körnigen, faſt porphyrartigen Granit, in dem die gelblich-weißen Feldſpatkriſtalle über 4 cm lang ſind; der Glimmer iſt ziemlich ſelten darin und von ſchönem Silberglanz. Nichts maleriſcher und großartiger als der Anblick dieſes halb grün gewachſenen Gebirgſtockes. Den Gipfel der Calavera, welche die Teufels- mauer mit dem Chaparro verbindet, ſieht man ſehr weit. Der Granit iſt dort durch ſenkrechte Spalten in prismatiſche Maſſen geteilt, und es ſieht aus, als ſtünden Baſaltſäulen auf dem Urgebirge. In der Regenzeit ſtürzt eine bedeutende Waſſer- maſſe über dieſe ſteilen Abhänge herunter. Die Berge, die ſich öſtlich an die Teufelsmauer anſchließen, ſind lange nicht ſo hoch und beſtehen, wie das Vorgebirge Cabrera, aus Gneis und granithaltigem Glimmerſchiefer.
In dieſen niedrigeren Bergen, 3,5 bis 5,5 km nordöſtlich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0226"n="218"/>
wie Cuba, ſämtliche europäiſche Märkte verſorgen; aber unter<lb/>
den gegenwärtigen Verhältniſſen erhält ſie im Gegenteil durch<lb/>
den Schleichhandel Tabak aus Braſilien auf dem Rio Negro,<lb/>
Caſſiquiare und Orinoko, und aus der Provinz Pore auf dem<lb/>
Caſanare, dem Ariporo und dem Rio Meta. Das ſind die<lb/>
traurigen Folgen eines Prohibitivſyſtems, das den Fortſchritt<lb/>
des Landbaues lähmt, den natürlichen Reichtum des Landes<lb/>ſchmälert und ſich vergeblich abmüht, Länder abzuſperren, durch<lb/>
welche dieſelben Flüſſe laufen und deren Grenzen in unbe-<lb/>
wohnten Landſtrichen ſich verwiſchen.</p><lb/><p>Unter den Zuflüſſen des Sees von Valencia entſpringen<lb/>
einige aus heißen Quellen, und dieſe verdienen beſondere Auf-<lb/>
merkſamkeit. Dieſe Quellen kommen an drei Punkten der<lb/>
aus Granit beſtehenden Küſtenkordillere zu Tage, bei Onoto,<lb/>
zwiſchen Turmero und Maracay, bei Mariara, nordöſtlich von<lb/>
der Hacienda de Cura, und bei Las Trincheras, auf dem Wege<lb/>
von Nueva Valencia nach Porto Cabello. Nur die heißen<lb/>
Waſſer von Mariara und Las Trincheras konnte ich in phy-<lb/>ſikaliſcher und geologiſcher Beziehung genau unterſuchen. Geht<lb/>
man am Bache Cura hinauf, ſeiner Quelle zu, ſo ſieht man<lb/>
die Berge von Mariara in die Ebene vortreten in Geſtalt<lb/>
eines weiten Amphitheaters, das aus ſenkrecht abfallenden<lb/>
Felswänden beſteht, über denen ſich Bergkegel mit gezackten<lb/>
Gipfeln erheben. Der Mittelpunkt des Amphitheaters führt<lb/>
den ſeltſamen Namen <hirendition="#g">Teufelsmauer</hi><hirendition="#aq">(Rincon del Diablo)</hi>.<lb/>
Von den beiden Flügeln derſelben heißt der öſtliche <hirendition="#g">El Cha-<lb/>
parro</hi>, der weſtliche <hirendition="#g">Las Viruelas</hi>. Dieſe verwitterten<lb/>
Felſen beherrſchen die Ebene; ſie beſtehen aus einem ſehr grob-<lb/>
körnigen, faſt porphyrartigen Granit, in dem die gelblich-weißen<lb/>
Feldſpatkriſtalle über 4 <hirendition="#aq">cm</hi> lang ſind; der Glimmer iſt ziemlich<lb/>ſelten darin und von ſchönem Silberglanz. Nichts maleriſcher<lb/>
und großartiger als der Anblick dieſes halb grün gewachſenen<lb/>
Gebirgſtockes. Den Gipfel der <hirendition="#g">Calavera</hi>, welche die Teufels-<lb/>
mauer mit dem Chaparro verbindet, ſieht man ſehr weit. Der<lb/>
Granit iſt dort durch ſenkrechte Spalten in prismatiſche Maſſen<lb/>
geteilt, und es ſieht aus, als ſtünden Baſaltſäulen auf dem<lb/>
Urgebirge. In der Regenzeit ſtürzt eine bedeutende Waſſer-<lb/>
maſſe über dieſe ſteilen Abhänge herunter. Die Berge, die<lb/>ſich öſtlich an die Teufelsmauer anſchließen, ſind lange nicht<lb/>ſo hoch und beſtehen, wie das Vorgebirge Cabrera, aus Gneis<lb/>
und granithaltigem Glimmerſchiefer.</p><lb/><p>In dieſen niedrigeren Bergen, 3,5 bis 5,5 <hirendition="#aq">km</hi> nordöſtlich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[218/0226]
wie Cuba, ſämtliche europäiſche Märkte verſorgen; aber unter
den gegenwärtigen Verhältniſſen erhält ſie im Gegenteil durch
den Schleichhandel Tabak aus Braſilien auf dem Rio Negro,
Caſſiquiare und Orinoko, und aus der Provinz Pore auf dem
Caſanare, dem Ariporo und dem Rio Meta. Das ſind die
traurigen Folgen eines Prohibitivſyſtems, das den Fortſchritt
des Landbaues lähmt, den natürlichen Reichtum des Landes
ſchmälert und ſich vergeblich abmüht, Länder abzuſperren, durch
welche dieſelben Flüſſe laufen und deren Grenzen in unbe-
wohnten Landſtrichen ſich verwiſchen.
Unter den Zuflüſſen des Sees von Valencia entſpringen
einige aus heißen Quellen, und dieſe verdienen beſondere Auf-
merkſamkeit. Dieſe Quellen kommen an drei Punkten der
aus Granit beſtehenden Küſtenkordillere zu Tage, bei Onoto,
zwiſchen Turmero und Maracay, bei Mariara, nordöſtlich von
der Hacienda de Cura, und bei Las Trincheras, auf dem Wege
von Nueva Valencia nach Porto Cabello. Nur die heißen
Waſſer von Mariara und Las Trincheras konnte ich in phy-
ſikaliſcher und geologiſcher Beziehung genau unterſuchen. Geht
man am Bache Cura hinauf, ſeiner Quelle zu, ſo ſieht man
die Berge von Mariara in die Ebene vortreten in Geſtalt
eines weiten Amphitheaters, das aus ſenkrecht abfallenden
Felswänden beſteht, über denen ſich Bergkegel mit gezackten
Gipfeln erheben. Der Mittelpunkt des Amphitheaters führt
den ſeltſamen Namen Teufelsmauer (Rincon del Diablo).
Von den beiden Flügeln derſelben heißt der öſtliche El Cha-
parro, der weſtliche Las Viruelas. Dieſe verwitterten
Felſen beherrſchen die Ebene; ſie beſtehen aus einem ſehr grob-
körnigen, faſt porphyrartigen Granit, in dem die gelblich-weißen
Feldſpatkriſtalle über 4 cm lang ſind; der Glimmer iſt ziemlich
ſelten darin und von ſchönem Silberglanz. Nichts maleriſcher
und großartiger als der Anblick dieſes halb grün gewachſenen
Gebirgſtockes. Den Gipfel der Calavera, welche die Teufels-
mauer mit dem Chaparro verbindet, ſieht man ſehr weit. Der
Granit iſt dort durch ſenkrechte Spalten in prismatiſche Maſſen
geteilt, und es ſieht aus, als ſtünden Baſaltſäulen auf dem
Urgebirge. In der Regenzeit ſtürzt eine bedeutende Waſſer-
maſſe über dieſe ſteilen Abhänge herunter. Die Berge, die
ſich öſtlich an die Teufelsmauer anſchließen, ſind lange nicht
ſo hoch und beſtehen, wie das Vorgebirge Cabrera, aus Gneis
und granithaltigem Glimmerſchiefer.
In dieſen niedrigeren Bergen, 3,5 bis 5,5 km nordöſtlich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/226>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.