Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.Ich riet den reichen Grundeigentümern im Lande, statt die Unmöglich läßt sich im voraus bestimmen, in welchem Während in den Thälern von Aragua die einen Pflanzer Der See ist im Durchschnitt 23 bis 30 m, und an den Ich riet den reichen Grundeigentümern im Lande, ſtatt die Unmöglich läßt ſich im voraus beſtimmen, in welchem Während in den Thälern von Aragua die einen Pflanzer Der See iſt im Durchſchnitt 23 bis 30 m, und an den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0220" n="212"/> Ich riet den reichen Grundeigentümern im Lande, ſtatt die<lb/> jeweiligen Krümmungen des Seeufers zu bezeichnen, im Waſſer<lb/> ſelbſt Granitſäulen aufzuſtellen, an denen man von Jahr zu<lb/> Jahr den mittleren Waſſerſtand beobachten könnte. Der Mar-<lb/> ques del Toro will die Sache ausführen und auf Gneisgrund,<lb/> der im See häufig vorkommt, aus dem ſchönen Granit der<lb/> Sierra de Mariara <hi rendition="#g">Limnometer</hi> aufſtellen.</p><lb/> <p>Unmöglich läßt ſich im voraus beſtimmen, in welchem<lb/> Maße dieſes Waſſerbecken zuſammengeſchrumpft ſein wird,<lb/> wenn einmal das Gleichgewicht zwiſchen dem Zufluſſe einer-<lb/> ſeits und der Verdunſtung und Einſickerung andererſeits völlig<lb/> hergeſtellt iſt. Die ſehr verbreitete Meinung, der See werde<lb/> ganz verſchwinden, ſcheint mir durchaus unbegründet. Wenn<lb/> infolge ſtarker Erdbeben oder aus anderen gleich unerklärten<lb/> Urſachen zehn naſſe Jahre auf ebenſo viele trockene folgten,<lb/> wenn ſich die Berge wieder mit Wald bedeckten, wenn große<lb/> Bäume das Seeufer und die Thäler beſchatteten, ſo würde<lb/> im Gegenteile das Waſſer ſteigen und den ſchönen Pflan-<lb/> zungen, die gegenwärtig das Seebecken ſäumen, gefährlich<lb/> werden.</p><lb/> <p>Während in den Thälern von Aragua die einen Pflanzer<lb/> beſorgen, der See möchte ganz eingehen, die anderen, er möchte<lb/> wieder zum verlaſſenen Geſtade heraufkommen, hört man in<lb/> Caracas alles Ernſtes die Frage erörtern, ob man nicht, um<lb/> mehr Boden für den Landbau zu gewinnen, aus dem See<lb/> einen Kanal dem Rio Pao zu graben und ihn in die Llanos<lb/> ableiten ſollte. Es iſt nicht zu leugnen, daß ſolches möglich<lb/> wäre, namentlich wenn man Kanäle unter dem Boden, Stollen<lb/> anlegte. Dem allmählichen Rücktritte des Waſſers verdankt<lb/> das herrliche, reiche Bauland von Maracay, Cura, Mocundo,<lb/> Guigue und Santa Cruz del Escoval mit ſeinen Tabak-,<lb/> Zucker-, Kaffee-, Indigo- und Kakaopflanzungen ſeine Ent-<lb/> ſtehung; wie kann man aber nur einen Augenblick bezweifeln,<lb/> daß nur der See das Land ſo fruchtbar macht? Ohne die<lb/> ungeheure Dunſtmaſſe, welche Tag für Tag von der Waſſer-<lb/> fläche in die Luft aufſteigt, wären die Thäler von Aragua<lb/> ſo trocken und dürr wie die Berge umher.</p><lb/> <p>Der See iſt im Durchſchnitt 23 bis 30 <hi rendition="#aq">m</hi>, und an den<lb/> tiefſten Stellen nicht, wie man gemeiniglich annimmt, 155,<lb/> ſondern nur 68 bis 78 <hi rendition="#aq">m</hi> tief. Dies iſt das Ergebnis der<lb/> ſorgfältigen Meſſungen Don Antonio Manzanos mit dem<lb/> Senkblei. Bedenkt man, wie ungemein tief alle Schweizer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0220]
Ich riet den reichen Grundeigentümern im Lande, ſtatt die
jeweiligen Krümmungen des Seeufers zu bezeichnen, im Waſſer
ſelbſt Granitſäulen aufzuſtellen, an denen man von Jahr zu
Jahr den mittleren Waſſerſtand beobachten könnte. Der Mar-
ques del Toro will die Sache ausführen und auf Gneisgrund,
der im See häufig vorkommt, aus dem ſchönen Granit der
Sierra de Mariara Limnometer aufſtellen.
Unmöglich läßt ſich im voraus beſtimmen, in welchem
Maße dieſes Waſſerbecken zuſammengeſchrumpft ſein wird,
wenn einmal das Gleichgewicht zwiſchen dem Zufluſſe einer-
ſeits und der Verdunſtung und Einſickerung andererſeits völlig
hergeſtellt iſt. Die ſehr verbreitete Meinung, der See werde
ganz verſchwinden, ſcheint mir durchaus unbegründet. Wenn
infolge ſtarker Erdbeben oder aus anderen gleich unerklärten
Urſachen zehn naſſe Jahre auf ebenſo viele trockene folgten,
wenn ſich die Berge wieder mit Wald bedeckten, wenn große
Bäume das Seeufer und die Thäler beſchatteten, ſo würde
im Gegenteile das Waſſer ſteigen und den ſchönen Pflan-
zungen, die gegenwärtig das Seebecken ſäumen, gefährlich
werden.
Während in den Thälern von Aragua die einen Pflanzer
beſorgen, der See möchte ganz eingehen, die anderen, er möchte
wieder zum verlaſſenen Geſtade heraufkommen, hört man in
Caracas alles Ernſtes die Frage erörtern, ob man nicht, um
mehr Boden für den Landbau zu gewinnen, aus dem See
einen Kanal dem Rio Pao zu graben und ihn in die Llanos
ableiten ſollte. Es iſt nicht zu leugnen, daß ſolches möglich
wäre, namentlich wenn man Kanäle unter dem Boden, Stollen
anlegte. Dem allmählichen Rücktritte des Waſſers verdankt
das herrliche, reiche Bauland von Maracay, Cura, Mocundo,
Guigue und Santa Cruz del Escoval mit ſeinen Tabak-,
Zucker-, Kaffee-, Indigo- und Kakaopflanzungen ſeine Ent-
ſtehung; wie kann man aber nur einen Augenblick bezweifeln,
daß nur der See das Land ſo fruchtbar macht? Ohne die
ungeheure Dunſtmaſſe, welche Tag für Tag von der Waſſer-
fläche in die Luft aufſteigt, wären die Thäler von Aragua
ſo trocken und dürr wie die Berge umher.
Der See iſt im Durchſchnitt 23 bis 30 m, und an den
tiefſten Stellen nicht, wie man gemeiniglich annimmt, 155,
ſondern nur 68 bis 78 m tief. Dies iſt das Ergebnis der
ſorgfältigen Meſſungen Don Antonio Manzanos mit dem
Senkblei. Bedenkt man, wie ungemein tief alle Schweizer
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