Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.dem Hause des Hato, fiel uns auf. Da er, wenn der Boden Unseren Führern war weit weniger als uns daran ge- dem Hauſe des Hato, fiel uns auf. Da er, wenn der Boden Unſeren Führern war weit weniger als uns daran ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0190" n="182"/> dem Hauſe des Hato, fiel uns auf. Da er, wenn der Boden<lb/> im geringſten wich, hätte umfallen und das Haus, das in<lb/> ſeinem Schatten lag, zertrümmern müſſen, ſo hatte man ihn<lb/> unten am Stamm abgebrannt und ſo gefällt, daß er zwiſchen<lb/> ungeheure Feigenbäume zu liegen kam und nicht in die Schlucht<lb/> hinunterrollen konnte. Wir maßen den gefällten Baum: der<lb/> Wipfel war abgebrannt, und doch maß der Stamm noch 53 <hi rendition="#aq">m;</hi><lb/> er hatte an der Wurzel 2,6 <hi rendition="#aq">m</hi> Durchmeſſer und am oberen<lb/> Ende 1,35 <hi rendition="#aq">m.</hi></p><lb/> <p>Unſeren Führern war weit weniger als uns daran ge-<lb/> legen, wie dick die Bäume ſind, und ſie trieben uns vorwärts,<lb/> dem „Goldbergwerke“ zu. Wir wandten uns nach Weſt und<lb/> ſtanden endlich in der <hi rendition="#aq">Quebrada del Oro.</hi> Da war nun am<lb/> Abhange eines Hügels kaum die Spur eines Quarzganges zu<lb/> bemerken. Durch den Regen war der Boden herabgerutſcht,<lb/> das Terrain war dadurch ganz verändert und von einer Unter-<lb/> ſuchung konnte keine Rede ſein. Bereits wuchſen große Bäume<lb/> auf dem Fleck, wo die Goldwäſcher vor zwanzig Jahren ge-<lb/> arbeitet hatten. Es iſt allerdings wahrſcheinlich, daß ſich hier<lb/> im Glimmerſchiefer, wie bei Goldkronach in Franken und im<lb/> Salzburgiſchen, goldhaltige Gänge finden; aber wie will man<lb/> wiſſen, ob die Lagerſtätte bauwürdig iſt, oder ob das Erz nur<lb/> in Neſtern vorkommt, und zwar deſto ſeltener, je reicher es iſt?<lb/> Um uns für unſere Anſtrengung zu entſchädigen, botaniſierten<lb/> wir lange im dichten Walde über dem Hato, wo Cedrela,<lb/> Brownea und Feigenbäume mit Nymphäenblättern in Menge<lb/> wachſen. Die Stämme der letzteren ſind mit ſehr ſtark rie-<lb/> chenden Vanillepflanzen bedeckt, die meiſt erſt im April blühen.<lb/> Auch hier fielen uns wieder die Holzauswüchſe auf, die in<lb/> der Geſtalt von Gräten oder Rippen den Stamm der ameri-<lb/> kaniſchen Feigenbäume bis 6,5 <hi rendition="#aq">m</hi> über dem Boden ſo ungemein<lb/> dick machen. Ich habe Bäume geſehen, die über der Wurzel<lb/> 7,3 <hi rendition="#aq">m</hi> Durchmeſſer hatten. Dieſe Holzgräten trennen ſich zu-<lb/> weilen 2,6 <hi rendition="#aq">m</hi> über dem Boden vom Stamm und verwandeln<lb/> ſich in walzenförmige, 60 <hi rendition="#aq">cm</hi> dicke Wurzeln, und da ſieht es<lb/> aus, als würde der Baum von Strebepfeilern geſtützt. Dieſes<lb/> Gerüſtwerk dringt indeſſen nicht weit in den Boden ein. Die<lb/> Seitenwurzeln ſchlängeln ſich am Boden hin, und wenn man<lb/> 6,5 <hi rendition="#aq">m</hi> vom Stamm ſie mit einem Beil abhaut, ſieht man den<lb/> Milchſaft des Feigenbaumes hervorquellen und ſofort, da er<lb/> der Lebensthätigkeit der Organe entzogen iſt, ſich zerſetzen und<lb/> gerinnen. Welch wundervolle Verflechtung von Zellen und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0190]
dem Hauſe des Hato, fiel uns auf. Da er, wenn der Boden
im geringſten wich, hätte umfallen und das Haus, das in
ſeinem Schatten lag, zertrümmern müſſen, ſo hatte man ihn
unten am Stamm abgebrannt und ſo gefällt, daß er zwiſchen
ungeheure Feigenbäume zu liegen kam und nicht in die Schlucht
hinunterrollen konnte. Wir maßen den gefällten Baum: der
Wipfel war abgebrannt, und doch maß der Stamm noch 53 m;
er hatte an der Wurzel 2,6 m Durchmeſſer und am oberen
Ende 1,35 m.
Unſeren Führern war weit weniger als uns daran ge-
legen, wie dick die Bäume ſind, und ſie trieben uns vorwärts,
dem „Goldbergwerke“ zu. Wir wandten uns nach Weſt und
ſtanden endlich in der Quebrada del Oro. Da war nun am
Abhange eines Hügels kaum die Spur eines Quarzganges zu
bemerken. Durch den Regen war der Boden herabgerutſcht,
das Terrain war dadurch ganz verändert und von einer Unter-
ſuchung konnte keine Rede ſein. Bereits wuchſen große Bäume
auf dem Fleck, wo die Goldwäſcher vor zwanzig Jahren ge-
arbeitet hatten. Es iſt allerdings wahrſcheinlich, daß ſich hier
im Glimmerſchiefer, wie bei Goldkronach in Franken und im
Salzburgiſchen, goldhaltige Gänge finden; aber wie will man
wiſſen, ob die Lagerſtätte bauwürdig iſt, oder ob das Erz nur
in Neſtern vorkommt, und zwar deſto ſeltener, je reicher es iſt?
Um uns für unſere Anſtrengung zu entſchädigen, botaniſierten
wir lange im dichten Walde über dem Hato, wo Cedrela,
Brownea und Feigenbäume mit Nymphäenblättern in Menge
wachſen. Die Stämme der letzteren ſind mit ſehr ſtark rie-
chenden Vanillepflanzen bedeckt, die meiſt erſt im April blühen.
Auch hier fielen uns wieder die Holzauswüchſe auf, die in
der Geſtalt von Gräten oder Rippen den Stamm der ameri-
kaniſchen Feigenbäume bis 6,5 m über dem Boden ſo ungemein
dick machen. Ich habe Bäume geſehen, die über der Wurzel
7,3 m Durchmeſſer hatten. Dieſe Holzgräten trennen ſich zu-
weilen 2,6 m über dem Boden vom Stamm und verwandeln
ſich in walzenförmige, 60 cm dicke Wurzeln, und da ſieht es
aus, als würde der Baum von Strebepfeilern geſtützt. Dieſes
Gerüſtwerk dringt indeſſen nicht weit in den Boden ein. Die
Seitenwurzeln ſchlängeln ſich am Boden hin, und wenn man
6,5 m vom Stamm ſie mit einem Beil abhaut, ſieht man den
Milchſaft des Feigenbaumes hervorquellen und ſofort, da er
der Lebensthätigkeit der Organe entzogen iſt, ſich zerſetzen und
gerinnen. Welch wundervolle Verflechtung von Zellen und
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