Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.aufgenommen, schien mir dieser Gipfel nicht so hoch über dem Der Generalkapitän Guevara verschaffte uns Führer durch Dieses Mißgeschick machte mir großen Verdruß, und aufgenommen, ſchien mir dieſer Gipfel nicht ſo hoch über dem Der Generalkapitän Guevara verſchaffte uns Führer durch Dieſes Mißgeſchick machte mir großen Verdruß, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" n="126"/> aufgenommen, ſchien mir dieſer Gipfel nicht ſo hoch über dem<lb/> Meere zu liegen, als der große Platz in der Stadt Quito.<lb/> Dieſe Schätzung ſtimmte aber ſchlecht mit den Vorſtellungen<lb/> der Bewohner des Thales. Die Berge, welche über großen<lb/> Städten liegen, erhalten eben dadurch in beiden Kontinenten<lb/> einen ungemeinen Ruf. Lange bevor man ſie genau gemeſſen<lb/> hat, ſchreiben ihnen die Lokalgelehrten eine Höhe zu, die man<lb/> nicht in Zweifel ziehen kann, ohne gegen ein Nationalvor-<lb/> urteil zu verſtoßen.</p><lb/> <p>Der Generalkapitän Guevara verſchaffte uns Führer durch<lb/> den <hi rendition="#g">Teniente</hi> von Chacao. Es waren Schwarze, denen der<lb/> Weg, der über den Bergkamm an der weſtlichen Spitze der<lb/> Silla vorbei zur Küſte führt, etwas bekannt war. Dieſer Weg<lb/> wird von den Schleichhändlern begangen; aber weder unſere<lb/> Führer, noch die erfahrenſten Leute in der Miliz, welche die<lb/> Schleichhändler in dieſen Wildniſſen verfolgen, waren je auf<lb/> der öſtlichen Spitze, dem eigentlichen Gipfel der Silla geweſen.<lb/> Während des ganzen Dezembers war der Berg, deſſen Höhen-<lb/> winkel mich das Spiel der irdiſchen Refraktion beobachten<lb/> ließen, nur fünfmal unumwölkt geweſen. Da in dieſer Jahres-<lb/> zeit ſelten zwei heitere Tage aufeinander folgen, hatte man<lb/> uns geraten, nicht bei hellem Wetter aufzubrechen, ſondern zu<lb/> einer Zeit, wo die Wolken nicht hoch ſtehen und man hoffen<lb/> darf, über der erſten gleichförmig verbreiteten Dunſtſchicht in<lb/> trockene, helle Luft zu gelangen. Wir brachten die Nacht des<lb/> 2. Januars in der <hi rendition="#g">Eſtancia</hi> de Gallegos zu, einer Kaffee-<lb/> pflanzung, bei der in einer ſchattigen Schlucht der Bach Cha-<lb/> caito, der vom Gebirge herabkommt, ſchöne Fälle bildet. Die<lb/> Nacht war ziemlich hell, und obgleich wir am Vorabend eines<lb/> beſchwerlichen Marſches gern einiger Ruhe genoſſen hätten,<lb/> harrten wir, Bonpland und ich, die ganze Nacht auf drei<lb/> Bedeckungen der Jupiterstrabanten. Ich hatte die Zeitpunkte<lb/> der Beobachtungen zum voraus beſtimmt und doch verfehlten<lb/> wir alle, weil ſich in die <hi rendition="#aq">Connaissance des temps</hi> Rechnungs-<lb/> fehler eingeſchlichen hatten. Ein böſer Stern waltete über<lb/> den Angaben hinſichtlich der Bedeckung für Dezember und<lb/> Januar: man hatte mittlere und wahre Zeit verwechſelt.</p><lb/> <p>Dieſes Mißgeſchick machte mir großen Verdruß, und<lb/> nachdem ich vor Sonnenaufgang die Intenſität der magneti-<lb/> ſchen Kraft am Fuße des Berges beobachtet, brachen wir um<lb/> 5 Uhr morgens mit den Sklaven, die unſere Inſtrumente<lb/> trugen, auf. Wir waren unſer 18 Perſonen und gingen auf<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0134]
aufgenommen, ſchien mir dieſer Gipfel nicht ſo hoch über dem
Meere zu liegen, als der große Platz in der Stadt Quito.
Dieſe Schätzung ſtimmte aber ſchlecht mit den Vorſtellungen
der Bewohner des Thales. Die Berge, welche über großen
Städten liegen, erhalten eben dadurch in beiden Kontinenten
einen ungemeinen Ruf. Lange bevor man ſie genau gemeſſen
hat, ſchreiben ihnen die Lokalgelehrten eine Höhe zu, die man
nicht in Zweifel ziehen kann, ohne gegen ein Nationalvor-
urteil zu verſtoßen.
Der Generalkapitän Guevara verſchaffte uns Führer durch
den Teniente von Chacao. Es waren Schwarze, denen der
Weg, der über den Bergkamm an der weſtlichen Spitze der
Silla vorbei zur Küſte führt, etwas bekannt war. Dieſer Weg
wird von den Schleichhändlern begangen; aber weder unſere
Führer, noch die erfahrenſten Leute in der Miliz, welche die
Schleichhändler in dieſen Wildniſſen verfolgen, waren je auf
der öſtlichen Spitze, dem eigentlichen Gipfel der Silla geweſen.
Während des ganzen Dezembers war der Berg, deſſen Höhen-
winkel mich das Spiel der irdiſchen Refraktion beobachten
ließen, nur fünfmal unumwölkt geweſen. Da in dieſer Jahres-
zeit ſelten zwei heitere Tage aufeinander folgen, hatte man
uns geraten, nicht bei hellem Wetter aufzubrechen, ſondern zu
einer Zeit, wo die Wolken nicht hoch ſtehen und man hoffen
darf, über der erſten gleichförmig verbreiteten Dunſtſchicht in
trockene, helle Luft zu gelangen. Wir brachten die Nacht des
2. Januars in der Eſtancia de Gallegos zu, einer Kaffee-
pflanzung, bei der in einer ſchattigen Schlucht der Bach Cha-
caito, der vom Gebirge herabkommt, ſchöne Fälle bildet. Die
Nacht war ziemlich hell, und obgleich wir am Vorabend eines
beſchwerlichen Marſches gern einiger Ruhe genoſſen hätten,
harrten wir, Bonpland und ich, die ganze Nacht auf drei
Bedeckungen der Jupiterstrabanten. Ich hatte die Zeitpunkte
der Beobachtungen zum voraus beſtimmt und doch verfehlten
wir alle, weil ſich in die Connaissance des temps Rechnungs-
fehler eingeſchlichen hatten. Ein böſer Stern waltete über
den Angaben hinſichtlich der Bedeckung für Dezember und
Januar: man hatte mittlere und wahre Zeit verwechſelt.
Dieſes Mißgeſchick machte mir großen Verdruß, und
nachdem ich vor Sonnenaufgang die Intenſität der magneti-
ſchen Kraft am Fuße des Berges beobachtet, brachen wir um
5 Uhr morgens mit den Sklaven, die unſere Inſtrumente
trugen, auf. Wir waren unſer 18 Perſonen und gingen auf
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