Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.meint, ehe man Wasser trinkt, müsse man durch Süßigkeiten Wenn die Luftbeschaffenheit des Thals allen landwirt- Als ich vom gelben Fieber in Guayra sprach, gedachte meint, ehe man Waſſer trinkt, müſſe man durch Süßigkeiten Wenn die Luftbeſchaffenheit des Thals allen landwirt- Als ich vom gelben Fieber in Guayra ſprach, gedachte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0125" n="117"/> meint, ehe man Waſſer trinkt, müſſe man durch Süßigkeiten<lb/> den Durſt reizen. Je ſtärker man in der Umgebung der<lb/> Stadt Kaffee baute und je mehr mit den Pflanzungen, die<lb/> nicht älter ſind als 1793, die Zahl der Arbeitsneger ſtieg,<lb/> deſto mehr hat der Mais- und Gemüſebau die zerſtreuten<lb/> Apfel- und Quittenbäume auf den Savannen verdrängt. Der<lb/> Reisfelder, die man bewäſſert, waren früher in der Ebene<lb/> von Chacao mehr als jetzt. Ich habe in dieſer Provinz, wie<lb/> in Mexiko und in allen hochgelegenen Ländern der heißen<lb/> Zone, die Bemerkung gemacht, daß da, wo der Apfelbaum<lb/> vortrefflich gedeiht, der Birnbaum nur ſchwer fortzubringen<lb/> iſt. Man hat mich verſichert, die ausgezeichnet guten Aepfel,<lb/> die man auf dem Markte kauft, wachſen bei Caracas auf un-<lb/> geimpften Stämmen. Kirſchbäume gibt es nicht; die Oliven-<lb/> bäume, die ich im Hof des Kloſters San Felipe de Neri ge-<lb/> ſehen, ſind groß und ſchön; aber eben wegen des üppigen<lb/> Wachstums tragen ſie keine Früchte.</p><lb/> <p>Wenn die Luftbeſchaffenheit des Thals allen landwirt-<lb/> ſchaftlichen Produkten, die in den Kolonieen gebaut werden,<lb/> ungemein günſtig iſt, ſo läßt ſich von der Geſundheit der<lb/> Einwohner und der in der Hauptſtadt von Venezuela lebenden<lb/> Fremden nicht dasſelbe ſagen. Das äußerſt unbeſtändige<lb/> Wetter und die häufige Unterdrückung der Hautausdünſtung<lb/> erzeugen katarrhaliſche Beſchwerden, die in den mannigfachſten<lb/> Formen auftreten. Hat ſich der Europäer einmal an die<lb/> ſtarke Hitze gewöhnt, ſo bleibt er in Cumana, in den Thälern<lb/> von Aragua, überall, wo die Niederung unter den Tropen<lb/> nicht zugleich ſehr feucht iſt, geſünder als in Caracas und<lb/> all den Gebirgsländern, wo der geprieſene beſtändige Frühling<lb/> herrſchen ſoll.</p><lb/> <p>Als ich vom gelben Fieber in Guayra ſprach, gedachte<lb/> ich der allgemein verbreiteten Meinung, daß dieſe ſchreckliche<lb/> Krankheit faſt ebenſowenig von der Küſte von Venezuela<lb/> nach der Hauptſtadt wandere, als von der Küſte von Mexiko<lb/> nach Xalapa. Dieſe Meinung ſtützt ſich auf die Erfahrung<lb/> der letzten zwanzig Jahre. Von den Epidemieen, die im Hafen<lb/> von Guayra herrſchten, wurde in Caracas faſt nichts be-<lb/> merkt. Es ſollte mir leid tyun, wenn ich durch eingebildete<lb/> Beſorgniſſe die Bewohner der Hauptſtadt aus ihrer Sicher-<lb/> heit aufſchreckte; ich bin aber durchaus nicht überzeugt, daß<lb/> der amerikaniſche Typhus, wenn er durch den ſtarken Verkehr<lb/> im Hafen auf der Küſte einheimiſcher wird, nicht eines Tages,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0125]
meint, ehe man Waſſer trinkt, müſſe man durch Süßigkeiten
den Durſt reizen. Je ſtärker man in der Umgebung der
Stadt Kaffee baute und je mehr mit den Pflanzungen, die
nicht älter ſind als 1793, die Zahl der Arbeitsneger ſtieg,
deſto mehr hat der Mais- und Gemüſebau die zerſtreuten
Apfel- und Quittenbäume auf den Savannen verdrängt. Der
Reisfelder, die man bewäſſert, waren früher in der Ebene
von Chacao mehr als jetzt. Ich habe in dieſer Provinz, wie
in Mexiko und in allen hochgelegenen Ländern der heißen
Zone, die Bemerkung gemacht, daß da, wo der Apfelbaum
vortrefflich gedeiht, der Birnbaum nur ſchwer fortzubringen
iſt. Man hat mich verſichert, die ausgezeichnet guten Aepfel,
die man auf dem Markte kauft, wachſen bei Caracas auf un-
geimpften Stämmen. Kirſchbäume gibt es nicht; die Oliven-
bäume, die ich im Hof des Kloſters San Felipe de Neri ge-
ſehen, ſind groß und ſchön; aber eben wegen des üppigen
Wachstums tragen ſie keine Früchte.
Wenn die Luftbeſchaffenheit des Thals allen landwirt-
ſchaftlichen Produkten, die in den Kolonieen gebaut werden,
ungemein günſtig iſt, ſo läßt ſich von der Geſundheit der
Einwohner und der in der Hauptſtadt von Venezuela lebenden
Fremden nicht dasſelbe ſagen. Das äußerſt unbeſtändige
Wetter und die häufige Unterdrückung der Hautausdünſtung
erzeugen katarrhaliſche Beſchwerden, die in den mannigfachſten
Formen auftreten. Hat ſich der Europäer einmal an die
ſtarke Hitze gewöhnt, ſo bleibt er in Cumana, in den Thälern
von Aragua, überall, wo die Niederung unter den Tropen
nicht zugleich ſehr feucht iſt, geſünder als in Caracas und
all den Gebirgsländern, wo der geprieſene beſtändige Frühling
herrſchen ſoll.
Als ich vom gelben Fieber in Guayra ſprach, gedachte
ich der allgemein verbreiteten Meinung, daß dieſe ſchreckliche
Krankheit faſt ebenſowenig von der Küſte von Venezuela
nach der Hauptſtadt wandere, als von der Küſte von Mexiko
nach Xalapa. Dieſe Meinung ſtützt ſich auf die Erfahrung
der letzten zwanzig Jahre. Von den Epidemieen, die im Hafen
von Guayra herrſchten, wurde in Caracas faſt nichts be-
merkt. Es ſollte mir leid tyun, wenn ich durch eingebildete
Beſorgniſſe die Bewohner der Hauptſtadt aus ihrer Sicher-
heit aufſchreckte; ich bin aber durchaus nicht überzeugt, daß
der amerikaniſche Typhus, wenn er durch den ſtarken Verkehr
im Hafen auf der Küſte einheimiſcher wird, nicht eines Tages,
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