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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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und die seitdem auf den südamerikanischen Küsten wild ge-
worden sind.

Wir kamen sehr spät in den Hafen von Orotava, 1 wenn
man anders diesen Namen einer Reede geben kann, auf der
die Fahrzeuge unter Segel gehen müssen, wenn der Wind
stark aus Nordwest bläst. Man kann nicht von Orotava
sprechen, ohne die Freunde der Wissenschaft an Cologan zu
erinnern, dessen Haus von jeher den Reisenden aller Nationen
offen stand. Mehrere Glieder dieser achtungswerten Familie
sind in London und Paris erzogen worden. Don Bernardo
Cologan ist bei gründlichen, mannigfaltigen Kenntnissen der
feurigste Patriot. Man ist freudig überrascht, auf einer Insel-
gruppe an der Küste von Afrika der liebenswürdigen Gesellig-
keit, der edlen Wißbegierde, dem Kunstsinn zu begegnen, die
man ausschließlich in einem kleinen Teile von Europa zu
Hause glaubt.

Gern hätten wir einige Zeit in Cologans Hause ver-
weilt und mit ihm in der Umgegend von Orotava die herr-
lichen Punkte San Juan de la Rambla und Rialexo de Abaxo
besucht. Aber auf einer Reise wie die, welche ich angetreten,
kommt man selten dazu, der Gegenwart zu genießen. Die
quälende Besorgnis, nicht ausführen zu können, was man den
anderen Tag vorhat, erhält einen in beständiger Unruhe. Lei-
denschaftliche Natur- und Kunstfreunde sind auf der Reise durch
die Schweiz oder Italien in ganz ähnlicher Gemütsverfassung;
da sie die Gegenstände, die Interesse für sie haben, immer
nur zum kleinsten Teil sehen können, so wird ihnen der Ge-
nuß durch die Opfer verbittert, die sie auf jedem Schritt zu
bringen haben.

Bereits am 21. morgens waren wir auf dem Wege nach
dem Gipfel des Vulkanes. Legros, dessen zuvorkommende Ge-
fälligkeit wir nicht genug loben können, der Sekretär des
französischen Konsulats zu Santa Cruz und der englische
Gärtner von Durasno teilten mit uns die Beschwerden der
Reise. Der Tag war nicht sehr schön, und der Gipfel des
Piks, den man in Orotava fast immer sieht, von Sonnenauf-
gang bis zehn Uhr in dicke Wolken gehüllt. Ein einziger
Weg führt auf den Vulkan durch Villa de Orotava, die Ginster-
ebene und das Malpays, derselbe, den Pater Feullee, Borda,

1 Puerto de la Cruz. Der einzige schöne Hafen der Kanarien
ist der von San Sebastiano auf der Insel Gomera.

und die ſeitdem auf den ſüdamerikaniſchen Küſten wild ge-
worden ſind.

Wir kamen ſehr ſpät in den Hafen von Orotava, 1 wenn
man anders dieſen Namen einer Reede geben kann, auf der
die Fahrzeuge unter Segel gehen müſſen, wenn der Wind
ſtark aus Nordweſt bläſt. Man kann nicht von Orotava
ſprechen, ohne die Freunde der Wiſſenſchaft an Cologan zu
erinnern, deſſen Haus von jeher den Reiſenden aller Nationen
offen ſtand. Mehrere Glieder dieſer achtungswerten Familie
ſind in London und Paris erzogen worden. Don Bernardo
Cologan iſt bei gründlichen, mannigfaltigen Kenntniſſen der
feurigſte Patriot. Man iſt freudig überraſcht, auf einer Inſel-
gruppe an der Küſte von Afrika der liebenswürdigen Geſellig-
keit, der edlen Wißbegierde, dem Kunſtſinn zu begegnen, die
man ausſchließlich in einem kleinen Teile von Europa zu
Hauſe glaubt.

Gern hätten wir einige Zeit in Cologans Hauſe ver-
weilt und mit ihm in der Umgegend von Orotava die herr-
lichen Punkte San Juan de la Rambla und Rialexo de Abaxo
beſucht. Aber auf einer Reiſe wie die, welche ich angetreten,
kommt man ſelten dazu, der Gegenwart zu genießen. Die
quälende Beſorgnis, nicht ausführen zu können, was man den
anderen Tag vorhat, erhält einen in beſtändiger Unruhe. Lei-
denſchaftliche Natur- und Kunſtfreunde ſind auf der Reiſe durch
die Schweiz oder Italien in ganz ähnlicher Gemütsverfaſſung;
da ſie die Gegenſtände, die Intereſſe für ſie haben, immer
nur zum kleinſten Teil ſehen können, ſo wird ihnen der Ge-
nuß durch die Opfer verbittert, die ſie auf jedem Schritt zu
bringen haben.

Bereits am 21. morgens waren wir auf dem Wege nach
dem Gipfel des Vulkanes. Legros, deſſen zuvorkommende Ge-
fälligkeit wir nicht genug loben können, der Sekretär des
franzöſiſchen Konſulats zu Santa Cruz und der engliſche
Gärtner von Durasno teilten mit uns die Beſchwerden der
Reiſe. Der Tag war nicht ſehr ſchön, und der Gipfel des
Piks, den man in Orotava faſt immer ſieht, von Sonnenauf-
gang bis zehn Uhr in dicke Wolken gehüllt. Ein einziger
Weg führt auf den Vulkan durch Villa de Orotava, die Ginſter-
ebene und das Malpays, derſelbe, den Pater Feullée, Borda,

1 Puerto de la Cruz. Der einzige ſchöne Hafen der Kanarien
iſt der von San Sebaſtiano auf der Inſel Gomera.
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[71/0087] und die ſeitdem auf den ſüdamerikaniſchen Küſten wild ge- worden ſind. Wir kamen ſehr ſpät in den Hafen von Orotava, 1 wenn man anders dieſen Namen einer Reede geben kann, auf der die Fahrzeuge unter Segel gehen müſſen, wenn der Wind ſtark aus Nordweſt bläſt. Man kann nicht von Orotava ſprechen, ohne die Freunde der Wiſſenſchaft an Cologan zu erinnern, deſſen Haus von jeher den Reiſenden aller Nationen offen ſtand. Mehrere Glieder dieſer achtungswerten Familie ſind in London und Paris erzogen worden. Don Bernardo Cologan iſt bei gründlichen, mannigfaltigen Kenntniſſen der feurigſte Patriot. Man iſt freudig überraſcht, auf einer Inſel- gruppe an der Küſte von Afrika der liebenswürdigen Geſellig- keit, der edlen Wißbegierde, dem Kunſtſinn zu begegnen, die man ausſchließlich in einem kleinen Teile von Europa zu Hauſe glaubt. Gern hätten wir einige Zeit in Cologans Hauſe ver- weilt und mit ihm in der Umgegend von Orotava die herr- lichen Punkte San Juan de la Rambla und Rialexo de Abaxo beſucht. Aber auf einer Reiſe wie die, welche ich angetreten, kommt man ſelten dazu, der Gegenwart zu genießen. Die quälende Beſorgnis, nicht ausführen zu können, was man den anderen Tag vorhat, erhält einen in beſtändiger Unruhe. Lei- denſchaftliche Natur- und Kunſtfreunde ſind auf der Reiſe durch die Schweiz oder Italien in ganz ähnlicher Gemütsverfaſſung; da ſie die Gegenſtände, die Intereſſe für ſie haben, immer nur zum kleinſten Teil ſehen können, ſo wird ihnen der Ge- nuß durch die Opfer verbittert, die ſie auf jedem Schritt zu bringen haben. Bereits am 21. morgens waren wir auf dem Wege nach dem Gipfel des Vulkanes. Legros, deſſen zuvorkommende Ge- fälligkeit wir nicht genug loben können, der Sekretär des franzöſiſchen Konſulats zu Santa Cruz und der engliſche Gärtner von Durasno teilten mit uns die Beſchwerden der Reiſe. Der Tag war nicht ſehr ſchön, und der Gipfel des Piks, den man in Orotava faſt immer ſieht, von Sonnenauf- gang bis zehn Uhr in dicke Wolken gehüllt. Ein einziger Weg führt auf den Vulkan durch Villa de Orotava, die Ginſter- ebene und das Malpays, derſelbe, den Pater Feullée, Borda, 1 Puerto de la Cruz. Der einzige ſchöne Hafen der Kanarien iſt der von San Sebaſtiano auf der Inſel Gomera.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/87>, abgerufen am 22.11.2024.