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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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salutieren, zerstreute sich der Nebel völlig, und da erschien der
Pik de Teyde in einem freien Stück Himmel über den Wolken,
und die ersten Strahlen der Sonne, die für uns noch nicht
aufgegangen war, beleuchteten den Gipfel des Vulkanes. Wir
eilten eben aufs Vorderteil der Korvette, um dieses herrlichen
Schauspieles zu genießen, da signalisierte man vier englische
Schiffe, die ganz nahe an unserem Hinterteile auf der Seite
lagen. Wir waren an ihnen vorbeigesegelt, ohne daß sie uns
bemerkt hatten, und derselbe Nebel, der uns den Anblick des
Piks entzogen, hatte uns der Gefahr entrückt, nach Europa
zurückgebracht zu werden. Wohl wäre es für Naturforscher
ein großer Schmerz gewesen, die Küste von Tenerifa von
weitem gesehen zu haben, und einen von Vulkanen zerrütteten
Boden nicht betreten zu dürfen.

Alsbald hoben wir den Anker und der Pizarro näherte
sich so viel möglich dem Fort, um unter den Schutz desselben
zu kommen. Hier auf dieser Reede, als zwei Jahre vor
unserer Ankunft die Engländer zu landen versuchten, riß eine
Kanonenkugel Admiral Nelson den Arm ab (im Juli 1797).
Der Generalstatthalter der Kanarischen Inseln 1 schickte an den
Kapitän der Korvette den Befehl, alsbald die Staatsdepeschen
für die Statthalter der Kolonieen, das Geld an Bord und die
Post ans Land schaffen zu lassen. Die englischen Schiffe ent-
fernten sich von der Reede; sie hatten tags zuvor auf das
Paketboot Alcadia Jagd gemacht, das wenige Tage vor uns
von Corunda abgegangen war. Es hatte in den Hafen von
Palmas auf Canaria einlaufen müssen, und mehrere Passagiere,
die in einer Schaluppe nach Santa Cruz auf Tenerifa fuhren,
waren gefangen worden.

Die Lage dieser Stadt hat große Aehnlichkeit mit der
von Guayra, dem besuchtesten Hafen der Provinz Caracas.
An beiden Orten ist die Hitze aus denselben Ursachen sehr
groß; aber von außen erscheint Santa Cruz trübseliger. Auf
einem öden, sandigen Strande stehen blendend weiße Häuser
mit platten Dächern und Fenstern ohne Glas vor einer
schwarzen senkrechten Felsmauer ohne allen Pflanzenwuchs.
Ein hübscher Hafendamm aus gehauenen Steinen und der
öffentliche, mit Pappeln besetzte Spaziergang bringen die ein-
zige Abwechselung in das eintönige Bild. Von Santa Cruz
aus nimmt sich der Pik weit weniger malerisch aus als im

1 Don Andres de Perlasca.

ſalutieren, zerſtreute ſich der Nebel völlig, und da erſchien der
Pik de Teyde in einem freien Stück Himmel über den Wolken,
und die erſten Strahlen der Sonne, die für uns noch nicht
aufgegangen war, beleuchteten den Gipfel des Vulkanes. Wir
eilten eben aufs Vorderteil der Korvette, um dieſes herrlichen
Schauſpieles zu genießen, da ſignaliſierte man vier engliſche
Schiffe, die ganz nahe an unſerem Hinterteile auf der Seite
lagen. Wir waren an ihnen vorbeigeſegelt, ohne daß ſie uns
bemerkt hatten, und derſelbe Nebel, der uns den Anblick des
Piks entzogen, hatte uns der Gefahr entrückt, nach Europa
zurückgebracht zu werden. Wohl wäre es für Naturforſcher
ein großer Schmerz geweſen, die Küſte von Tenerifa von
weitem geſehen zu haben, und einen von Vulkanen zerrütteten
Boden nicht betreten zu dürfen.

Alsbald hoben wir den Anker und der Pizarro näherte
ſich ſo viel möglich dem Fort, um unter den Schutz desſelben
zu kommen. Hier auf dieſer Reede, als zwei Jahre vor
unſerer Ankunft die Engländer zu landen verſuchten, riß eine
Kanonenkugel Admiral Nelſon den Arm ab (im Juli 1797).
Der Generalſtatthalter der Kanariſchen Inſeln 1 ſchickte an den
Kapitän der Korvette den Befehl, alsbald die Staatsdepeſchen
für die Statthalter der Kolonieen, das Geld an Bord und die
Poſt ans Land ſchaffen zu laſſen. Die engliſchen Schiffe ent-
fernten ſich von der Reede; ſie hatten tags zuvor auf das
Paketboot Alcadia Jagd gemacht, das wenige Tage vor uns
von Coruña abgegangen war. Es hatte in den Hafen von
Palmas auf Canaria einlaufen müſſen, und mehrere Paſſagiere,
die in einer Schaluppe nach Santa Cruz auf Tenerifa fuhren,
waren gefangen worden.

Die Lage dieſer Stadt hat große Aehnlichkeit mit der
von Guayra, dem beſuchteſten Hafen der Provinz Caracas.
An beiden Orten iſt die Hitze aus denſelben Urſachen ſehr
groß; aber von außen erſcheint Santa Cruz trübſeliger. Auf
einem öden, ſandigen Strande ſtehen blendend weiße Häuſer
mit platten Dächern und Fenſtern ohne Glas vor einer
ſchwarzen ſenkrechten Felsmauer ohne allen Pflanzenwuchs.
Ein hübſcher Hafendamm aus gehauenen Steinen und der
öffentliche, mit Pappeln beſetzte Spaziergang bringen die ein-
zige Abwechſelung in das eintönige Bild. Von Santa Cruz
aus nimmt ſich der Pik weit weniger maleriſch aus als im

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[56/0072] ſalutieren, zerſtreute ſich der Nebel völlig, und da erſchien der Pik de Teyde in einem freien Stück Himmel über den Wolken, und die erſten Strahlen der Sonne, die für uns noch nicht aufgegangen war, beleuchteten den Gipfel des Vulkanes. Wir eilten eben aufs Vorderteil der Korvette, um dieſes herrlichen Schauſpieles zu genießen, da ſignaliſierte man vier engliſche Schiffe, die ganz nahe an unſerem Hinterteile auf der Seite lagen. Wir waren an ihnen vorbeigeſegelt, ohne daß ſie uns bemerkt hatten, und derſelbe Nebel, der uns den Anblick des Piks entzogen, hatte uns der Gefahr entrückt, nach Europa zurückgebracht zu werden. Wohl wäre es für Naturforſcher ein großer Schmerz geweſen, die Küſte von Tenerifa von weitem geſehen zu haben, und einen von Vulkanen zerrütteten Boden nicht betreten zu dürfen. Alsbald hoben wir den Anker und der Pizarro näherte ſich ſo viel möglich dem Fort, um unter den Schutz desſelben zu kommen. Hier auf dieſer Reede, als zwei Jahre vor unſerer Ankunft die Engländer zu landen verſuchten, riß eine Kanonenkugel Admiral Nelſon den Arm ab (im Juli 1797). Der Generalſtatthalter der Kanariſchen Inſeln 1 ſchickte an den Kapitän der Korvette den Befehl, alsbald die Staatsdepeſchen für die Statthalter der Kolonieen, das Geld an Bord und die Poſt ans Land ſchaffen zu laſſen. Die engliſchen Schiffe ent- fernten ſich von der Reede; ſie hatten tags zuvor auf das Paketboot Alcadia Jagd gemacht, das wenige Tage vor uns von Coruña abgegangen war. Es hatte in den Hafen von Palmas auf Canaria einlaufen müſſen, und mehrere Paſſagiere, die in einer Schaluppe nach Santa Cruz auf Tenerifa fuhren, waren gefangen worden. Die Lage dieſer Stadt hat große Aehnlichkeit mit der von Guayra, dem beſuchteſten Hafen der Provinz Caracas. An beiden Orten iſt die Hitze aus denſelben Urſachen ſehr groß; aber von außen erſcheint Santa Cruz trübſeliger. Auf einem öden, ſandigen Strande ſtehen blendend weiße Häuſer mit platten Dächern und Fenſtern ohne Glas vor einer ſchwarzen ſenkrechten Felsmauer ohne allen Pflanzenwuchs. Ein hübſcher Hafendamm aus gehauenen Steinen und der öffentliche, mit Pappeln beſetzte Spaziergang bringen die ein- zige Abwechſelung in das eintönige Bild. Von Santa Cruz aus nimmt ſich der Pik weit weniger maleriſch aus als im 1 Don Andrès de Perlasca.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/72>, abgerufen am 25.11.2024.