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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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einer Thermometersonde mit Ventilen einige Beobachtungen
über die Temperatur der See und über die Abnahme der
Wärme in den übereinander gelagerten Wasserschichten. Ueber
der Bank zeigte das Instrument an der Meeresfläche 12,5
bis 13,3° der hundertteiligen Skale, während ringsumher,
wo das Meer sehr tief war, der Thermometer bei 12,8° Luft-
temperatur auf 15 bis 15,3° stand. Der berühmte Franklin
und Jonathan Williams, der Verfasser des zu Philadelphia
erschienenen Werkes "Thermometric Navigation", haben zu-
erst die Physiker darauf aufmerksam gemacht, wie abweichend
sich die Temperaturverhältnisse der See über Untiefen gestalten,
sowie in der Zone warmer Wasserströme, die aus dem Meer-
busen von Mexiko zur Bank von Neufundland und hinüber
an die Nordküsten von Europa sich erstreckt. Die Beobachtung,
daß sich die Nähe einer Sandbank durch ein rasches Sinken
der Temperatur an der Meeresfläche verkündet, ist nicht nur
für die Physik von Wichtigkeit, sie kann auch für die Sicher-
heit der Schiffahrt von großer Bedeutung werden. Allerdings
wird man über dem Thermometer das Senkblei nicht aus der
Hand legen: aber Beobachtungen, wie ich sie im Verlauf dieser
Reisebeschreibung anführen werde, thun zur Genüge dar, daß
ein Temperaturwechsel, den die unvollkommensten Instrumente
anzeigen, die Gefahr verkündet, lange bevor das Schiff über
die Untiefe gelangt. In solchen Fällen mag die Abnahme
der Meerestemperatur den Schiffer veranlassen, zum Senkblei
zu greifen in Strichen, wo er sich vollkommen sicher dünkte.
Auf die physischen Ursachen dieser verwickelten Erscheinungen
kommen wir anderswo zurück. Hier sei nur erwähnt, daß
die niedrigere Temperatur des Wassers über den Untiefen
großenteils daher rührt, daß es sich mit tieferen Wasserschichten
mischt, welche längs der Abhänge der Bank zur Meeresfläche
aufsteigen.

Eine Aufregung des Meeres von Nordwest her unter-
brach unsere Versuche über die Meerestemperatur in der Bai
von Ferrol. Die Wellen gingen so hoch, weil auf offener
See ein heftiger Wind geweht hatte, in dessen Folge die eng-
lischen Schiffe sich hatten von der Küste entfernen müssen.
Man wollte die Gelegenheit zum Auslaufen benutzen; man
schiffte alsbald unsere Instrumente, unsere Bücher, unser ganzes
Gepäck ein; aber der Westwind wurde immer stärker und
man konnte die Anker nicht lichten. Wir benutzten den Auf-
schub, um an unsere Freunde in Deutschland und Frankreich

A. v. Humboldt, Reise. I. 2

einer Thermometerſonde mit Ventilen einige Beobachtungen
über die Temperatur der See und über die Abnahme der
Wärme in den übereinander gelagerten Waſſerſchichten. Ueber
der Bank zeigte das Inſtrument an der Meeresfläche 12,5
bis 13,3° der hundertteiligen Skale, während ringsumher,
wo das Meer ſehr tief war, der Thermometer bei 12,8° Luft-
temperatur auf 15 bis 15,3° ſtand. Der berühmte Franklin
und Jonathan Williams, der Verfaſſer des zu Philadelphia
erſchienenen Werkes „Thermometric Navigation“, haben zu-
erſt die Phyſiker darauf aufmerkſam gemacht, wie abweichend
ſich die Temperaturverhältniſſe der See über Untiefen geſtalten,
ſowie in der Zone warmer Waſſerſtröme, die aus dem Meer-
buſen von Mexiko zur Bank von Neufundland und hinüber
an die Nordküſten von Europa ſich erſtreckt. Die Beobachtung,
daß ſich die Nähe einer Sandbank durch ein raſches Sinken
der Temperatur an der Meeresfläche verkündet, iſt nicht nur
für die Phyſik von Wichtigkeit, ſie kann auch für die Sicher-
heit der Schiffahrt von großer Bedeutung werden. Allerdings
wird man über dem Thermometer das Senkblei nicht aus der
Hand legen: aber Beobachtungen, wie ich ſie im Verlauf dieſer
Reiſebeſchreibung anführen werde, thun zur Genüge dar, daß
ein Temperaturwechſel, den die unvollkommenſten Inſtrumente
anzeigen, die Gefahr verkündet, lange bevor das Schiff über
die Untiefe gelangt. In ſolchen Fällen mag die Abnahme
der Meerestemperatur den Schiffer veranlaſſen, zum Senkblei
zu greifen in Strichen, wo er ſich vollkommen ſicher dünkte.
Auf die phyſiſchen Urſachen dieſer verwickelten Erſcheinungen
kommen wir anderswo zurück. Hier ſei nur erwähnt, daß
die niedrigere Temperatur des Waſſers über den Untiefen
großenteils daher rührt, daß es ſich mit tieferen Waſſerſchichten
miſcht, welche längs der Abhänge der Bank zur Meeresfläche
aufſteigen.

Eine Aufregung des Meeres von Nordweſt her unter-
brach unſere Verſuche über die Meerestemperatur in der Bai
von Ferrol. Die Wellen gingen ſo hoch, weil auf offener
See ein heftiger Wind geweht hatte, in deſſen Folge die eng-
liſchen Schiffe ſich hatten von der Küſte entfernen müſſen.
Man wollte die Gelegenheit zum Auslaufen benutzen; man
ſchiffte alsbald unſere Inſtrumente, unſere Bücher, unſer ganzes
Gepäck ein; aber der Weſtwind wurde immer ſtärker und
man konnte die Anker nicht lichten. Wir benutzten den Auf-
ſchub, um an unſere Freunde in Deutſchland und Frankreich

A. v. Humboldt, Reiſe. I. 2
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[17/0033] einer Thermometerſonde mit Ventilen einige Beobachtungen über die Temperatur der See und über die Abnahme der Wärme in den übereinander gelagerten Waſſerſchichten. Ueber der Bank zeigte das Inſtrument an der Meeresfläche 12,5 bis 13,3° der hundertteiligen Skale, während ringsumher, wo das Meer ſehr tief war, der Thermometer bei 12,8° Luft- temperatur auf 15 bis 15,3° ſtand. Der berühmte Franklin und Jonathan Williams, der Verfaſſer des zu Philadelphia erſchienenen Werkes „Thermometric Navigation“, haben zu- erſt die Phyſiker darauf aufmerkſam gemacht, wie abweichend ſich die Temperaturverhältniſſe der See über Untiefen geſtalten, ſowie in der Zone warmer Waſſerſtröme, die aus dem Meer- buſen von Mexiko zur Bank von Neufundland und hinüber an die Nordküſten von Europa ſich erſtreckt. Die Beobachtung, daß ſich die Nähe einer Sandbank durch ein raſches Sinken der Temperatur an der Meeresfläche verkündet, iſt nicht nur für die Phyſik von Wichtigkeit, ſie kann auch für die Sicher- heit der Schiffahrt von großer Bedeutung werden. Allerdings wird man über dem Thermometer das Senkblei nicht aus der Hand legen: aber Beobachtungen, wie ich ſie im Verlauf dieſer Reiſebeſchreibung anführen werde, thun zur Genüge dar, daß ein Temperaturwechſel, den die unvollkommenſten Inſtrumente anzeigen, die Gefahr verkündet, lange bevor das Schiff über die Untiefe gelangt. In ſolchen Fällen mag die Abnahme der Meerestemperatur den Schiffer veranlaſſen, zum Senkblei zu greifen in Strichen, wo er ſich vollkommen ſicher dünkte. Auf die phyſiſchen Urſachen dieſer verwickelten Erſcheinungen kommen wir anderswo zurück. Hier ſei nur erwähnt, daß die niedrigere Temperatur des Waſſers über den Untiefen großenteils daher rührt, daß es ſich mit tieferen Waſſerſchichten miſcht, welche längs der Abhänge der Bank zur Meeresfläche aufſteigen. Eine Aufregung des Meeres von Nordweſt her unter- brach unſere Verſuche über die Meerestemperatur in der Bai von Ferrol. Die Wellen gingen ſo hoch, weil auf offener See ein heftiger Wind geweht hatte, in deſſen Folge die eng- liſchen Schiffe ſich hatten von der Küſte entfernen müſſen. Man wollte die Gelegenheit zum Auslaufen benutzen; man ſchiffte alsbald unſere Inſtrumente, unſere Bücher, unſer ganzes Gepäck ein; aber der Weſtwind wurde immer ſtärker und man konnte die Anker nicht lichten. Wir benutzten den Auf- ſchub, um an unſere Freunde in Deutſchland und Frankreich A. v. Humboldt, Reiſe. I. 2

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/33>, abgerufen am 27.11.2024.