Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.gemacht habe. Ich habe ihn lieber so benannt als nach der Wir hatten Halt gemacht, um den Heulaffen zuzusehen, gemacht habe. Ich habe ihn lieber ſo benannt als nach der Wir hatten Halt gemacht, um den Heulaffen zuzuſehen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0298" n="282"/> gemacht habe. Ich habe ihn lieber ſo benannt als nach der<lb/> Farbe des Pelzes, und zwar deſto mehr, da die Griechen be-<lb/> reits einen ſtark behaarten Affen unter dem Namen <hi rendition="#g">Arktopi-<lb/> thekos</hi> kannten. Derſelbe unterſcheidet ſich ſowohl vom<lb/> Uarino (<hi rendition="#aq">Simia Guariba</hi>) als vom <hi rendition="#aq">Alouate roux (S. Seni-<lb/> culus).</hi> Blick, Stimme, Gang, alles an ihm iſt trübſelig.<lb/> Ich habe ganz junge Araguaten geſehen, die in den Hütten der<lb/> Indianer aufgezogen wurden; ſie ſpielen nie wie die kleinen<lb/> Sagoine, und Lopez del Gomara ſchildert zu Anfang des<lb/> 16. Jahrhunderts ihr ernſtes Weſen ſehr naiv, wenn er ſagt:<lb/> „<hi rendition="#g">Der Aranata de los Cumaneſes</hi> hat ein Menſchen-<lb/> geſicht, einen Ziegenbart und eine gravitätiſche Haltung<lb/> (<hi rendition="#aq">honrado gesto</hi>).“ Ich habe anderswo die Bemerkung ge-<lb/> macht, daß die Affen deſto trübſeliger ſind, je mehr Menſchen-<lb/> ähnlichkeit ſie haben. Ihre Munterkeit und Beweglichkeit<lb/> nimmt ab, je mehr ſich die Geiſteskräfte bei ihnen zu ent-<lb/> wickeln ſcheinen.</p><lb/> <p>Wir hatten Halt gemacht, um den Heulaffen zuzuſehen,<lb/> wie ſie zu dreißig, vierzig in einer Reihe von Baum zu Baum<lb/> auf den verſchlungenen wagerechten Aeſten über den Weg zogen.<lb/> Während dieſes neue Schauſpiel uns ganz in Anſpruch nahm,<lb/> kam uns ein Trupp Indianer entgegen, die den Bergen von<lb/> Caripe zuzogen. Sie waren völlig nackt, wie meiſtens die<lb/> Eingeborenen hierzulande. Die ziemlich ſchwer beladenen<lb/> Weiber ſchloſſen den Zug; die Männer, ſogar die kleinſten<lb/> Jungen, waren alle mit Bogen und Pfeilen bewaffnet. Sie<lb/> zogen ſtill, die Augen am Boden, ihres Weges. Wir hätten<lb/> gern von ihnen erfahren, ob es noch weit nach der Miſſion<lb/> Santa Cruz ſei, wo wir übernachten wollten. Wir waren<lb/> völlig erſchöpft und der Durſt quälte uns furchtbar. Die<lb/> Hitze wurde drückender, je näher das Gewitter kam, und wir<lb/> hatten auf unſerem Wege keine Quelle gefunden, um den Durſt<lb/> zu löſchen. Da die Indianer uns immer <hi rendition="#aq">si Padre, no Padre</hi><lb/> zur Antwort gaben, meinten wir, ſie verſtehen ein wenig<lb/> Spaniſch. In den Augen der Eingeborenen iſt jeder Weiße<lb/> ein Mönch, ein Pater; denn in den Miſſionen zeichnet ſich<lb/> der Geiſtliche mehr durch die Hautfarbe als durch die Farbe<lb/> des Gewandes aus. Wie wir auch den Indianern mit Fragen,<lb/> wie weit es noch ſei, zuſetzten, ſie erwiderten offenbar aufs<lb/> Geratewohl <hi rendition="#aq">si</hi> oder <hi rendition="#aq">no,</hi> und wir konnten aus ihren Antworten<lb/> nicht klug werden. Dies war uns um ſo verdrießlicher, da<lb/> ihr Lächeln und ihr Gebärdenſpiel verrieten, daß ſie uns gern<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0298]
gemacht habe. Ich habe ihn lieber ſo benannt als nach der
Farbe des Pelzes, und zwar deſto mehr, da die Griechen be-
reits einen ſtark behaarten Affen unter dem Namen Arktopi-
thekos kannten. Derſelbe unterſcheidet ſich ſowohl vom
Uarino (Simia Guariba) als vom Alouate roux (S. Seni-
culus). Blick, Stimme, Gang, alles an ihm iſt trübſelig.
Ich habe ganz junge Araguaten geſehen, die in den Hütten der
Indianer aufgezogen wurden; ſie ſpielen nie wie die kleinen
Sagoine, und Lopez del Gomara ſchildert zu Anfang des
16. Jahrhunderts ihr ernſtes Weſen ſehr naiv, wenn er ſagt:
„Der Aranata de los Cumaneſes hat ein Menſchen-
geſicht, einen Ziegenbart und eine gravitätiſche Haltung
(honrado gesto).“ Ich habe anderswo die Bemerkung ge-
macht, daß die Affen deſto trübſeliger ſind, je mehr Menſchen-
ähnlichkeit ſie haben. Ihre Munterkeit und Beweglichkeit
nimmt ab, je mehr ſich die Geiſteskräfte bei ihnen zu ent-
wickeln ſcheinen.
Wir hatten Halt gemacht, um den Heulaffen zuzuſehen,
wie ſie zu dreißig, vierzig in einer Reihe von Baum zu Baum
auf den verſchlungenen wagerechten Aeſten über den Weg zogen.
Während dieſes neue Schauſpiel uns ganz in Anſpruch nahm,
kam uns ein Trupp Indianer entgegen, die den Bergen von
Caripe zuzogen. Sie waren völlig nackt, wie meiſtens die
Eingeborenen hierzulande. Die ziemlich ſchwer beladenen
Weiber ſchloſſen den Zug; die Männer, ſogar die kleinſten
Jungen, waren alle mit Bogen und Pfeilen bewaffnet. Sie
zogen ſtill, die Augen am Boden, ihres Weges. Wir hätten
gern von ihnen erfahren, ob es noch weit nach der Miſſion
Santa Cruz ſei, wo wir übernachten wollten. Wir waren
völlig erſchöpft und der Durſt quälte uns furchtbar. Die
Hitze wurde drückender, je näher das Gewitter kam, und wir
hatten auf unſerem Wege keine Quelle gefunden, um den Durſt
zu löſchen. Da die Indianer uns immer si Padre, no Padre
zur Antwort gaben, meinten wir, ſie verſtehen ein wenig
Spaniſch. In den Augen der Eingeborenen iſt jeder Weiße
ein Mönch, ein Pater; denn in den Miſſionen zeichnet ſich
der Geiſtliche mehr durch die Hautfarbe als durch die Farbe
des Gewandes aus. Wie wir auch den Indianern mit Fragen,
wie weit es noch ſei, zuſetzten, ſie erwiderten offenbar aufs
Geratewohl si oder no, und wir konnten aus ihren Antworten
nicht klug werden. Dies war uns um ſo verdrießlicher, da
ihr Lächeln und ihr Gebärdenſpiel verrieten, daß ſie uns gern
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