Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.und der Erythrina sich ausbreiten und ein dichtes grünes Aber diese Pflanzenpracht schmückt nicht allein die Außen- Der Guacharo hat die Größe unserer Hühner, die Stimme 1 Ein Dendrobium mit goldgelber, schwarzgefleckter, 8 cm
langer Blüte. und der Erythrina ſich ausbreiten und ein dichtes grünes Aber dieſe Pflanzenpracht ſchmückt nicht allein die Außen- Der Guacharo hat die Größe unſerer Hühner, die Stimme 1 Ein Dendrobium mit goldgelber, ſchwarzgefleckter, 8 cm
langer Blüte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0281" n="265"/> und der Erythrina ſich ausbreiten und ein dichtes grünes<lb/> Gewölbe bilden. Pothos mit ſaftigen Stengeln, Oxalis und<lb/> Orchideen von ſeltſamem Bau <note place="foot" n="1">Ein <hi rendition="#aq">Dendrobium</hi> mit goldgelber, ſchwarzgefleckter, 8 <hi rendition="#aq">cm</hi><lb/> langer Blüte.</note> wachſen in den dürrſten Fels-<lb/> ſpalten, während vom Winde geſchaukelte Rankengewächſe ſich<lb/> vor dem Eingange der Höhle zu Gewinden verſchlingen. Wir<lb/> ſahen in dieſen Blumengewinden eine violette Bignonie, das<lb/> purpurfarbige Dolichos und zum erſtenmal die prachtvolle<lb/> Solandra, deren orangegelbe Blüte eine über 10 <hi rendition="#aq">cm</hi> lange<lb/> fleiſchige Röhre hat. Es iſt mit dem Eingange der Höhlen,<lb/> wie mit der Anſicht der Waſſerfälle; der Hauptreiz beſteht<lb/> in der mehr oder weniger großartigen Umgebung, die den<lb/> Charakter der Landſchaft beſtimmt. Welcher Kontraſt zwiſchen<lb/> der Cueva de Caripe und den Höhlen im Norden, die von<lb/> Eichen und düſteren Lärchen beſchattet ſind!</p><lb/> <p>Aber dieſe Pflanzenpracht ſchmückt nicht allein die Außen-<lb/> ſeite des Gewölbes, ſie dringt ſogar in den Vorhof der Höhle<lb/> ein. Mit Erſtaunen ſahen wir, daß 6 <hi rendition="#aq">m</hi> hohe prächtige<lb/> Helikonien mit Piſangblättern, Pragapalmen und baumartige<lb/> Arumarten die Ufer des Baches bis unter die Erde ſäumten.<lb/> Die Vegetation zieht ſich in die Höhle von Caripe hinein,<lb/> wie in die tiefen Felsſpalten in den Anden, in denen nur<lb/> ein Dämmerlicht herrſcht, und ſie hört erſt 30 bis 40 Schritte<lb/> vom Eingange auf. Wir maßen den Weg mittels eines<lb/> Strickes und waren gegen 140 <hi rendition="#aq">m</hi> weit gegangen, ehe wir<lb/> nötig hatten die Fackeln anzuzünden. Das Tageslicht dringt<lb/> ſo weit ein, weil die Höhle nur <hi rendition="#g">einen</hi> Gang bildet, der<lb/> ſich in derſelben Richtung von Südoſt nach Nordweſt hinein-<lb/> zieht. Da wo das Licht zu verſchwinden anfängt, hört<lb/> man das heiſere Geſchrei der Nachtvögel, die, wie die Ein-<lb/> geborenen glauben, nur in dieſen unterirdiſchen Räumen zu<lb/> Hauſe ſind.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Guacharo</hi> hat die Größe unſerer Hühner, die Stimme<lb/> der Ziegenmelker und Proknias, die Geſtalt der geierartigen<lb/> Vögel mit Büſcheln ſteifer Seide um den krummen Schnabel.<lb/> Streicht man nach Cuvier die Ordnung der <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Picae</hi></hi> (Spechte),<lb/> ſo iſt dieſer merkwürdige Vogel unter die <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Passeres</hi></hi> zu ſtellen,<lb/> deren Gattungen faſt unmerklich ineinander übergehen. Ich<lb/> habe ihn im zweiten Band meiner <hi rendition="#aq">Observations de zoologie<lb/> et d’anatomie comparée</hi> in einer eigenen Abhandlung unter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [265/0281]
und der Erythrina ſich ausbreiten und ein dichtes grünes
Gewölbe bilden. Pothos mit ſaftigen Stengeln, Oxalis und
Orchideen von ſeltſamem Bau 1 wachſen in den dürrſten Fels-
ſpalten, während vom Winde geſchaukelte Rankengewächſe ſich
vor dem Eingange der Höhle zu Gewinden verſchlingen. Wir
ſahen in dieſen Blumengewinden eine violette Bignonie, das
purpurfarbige Dolichos und zum erſtenmal die prachtvolle
Solandra, deren orangegelbe Blüte eine über 10 cm lange
fleiſchige Röhre hat. Es iſt mit dem Eingange der Höhlen,
wie mit der Anſicht der Waſſerfälle; der Hauptreiz beſteht
in der mehr oder weniger großartigen Umgebung, die den
Charakter der Landſchaft beſtimmt. Welcher Kontraſt zwiſchen
der Cueva de Caripe und den Höhlen im Norden, die von
Eichen und düſteren Lärchen beſchattet ſind!
Aber dieſe Pflanzenpracht ſchmückt nicht allein die Außen-
ſeite des Gewölbes, ſie dringt ſogar in den Vorhof der Höhle
ein. Mit Erſtaunen ſahen wir, daß 6 m hohe prächtige
Helikonien mit Piſangblättern, Pragapalmen und baumartige
Arumarten die Ufer des Baches bis unter die Erde ſäumten.
Die Vegetation zieht ſich in die Höhle von Caripe hinein,
wie in die tiefen Felsſpalten in den Anden, in denen nur
ein Dämmerlicht herrſcht, und ſie hört erſt 30 bis 40 Schritte
vom Eingange auf. Wir maßen den Weg mittels eines
Strickes und waren gegen 140 m weit gegangen, ehe wir
nötig hatten die Fackeln anzuzünden. Das Tageslicht dringt
ſo weit ein, weil die Höhle nur einen Gang bildet, der
ſich in derſelben Richtung von Südoſt nach Nordweſt hinein-
zieht. Da wo das Licht zu verſchwinden anfängt, hört
man das heiſere Geſchrei der Nachtvögel, die, wie die Ein-
geborenen glauben, nur in dieſen unterirdiſchen Räumen zu
Hauſe ſind.
Der Guacharo hat die Größe unſerer Hühner, die Stimme
der Ziegenmelker und Proknias, die Geſtalt der geierartigen
Vögel mit Büſcheln ſteifer Seide um den krummen Schnabel.
Streicht man nach Cuvier die Ordnung der Picae (Spechte),
ſo iſt dieſer merkwürdige Vogel unter die Passeres zu ſtellen,
deren Gattungen faſt unmerklich ineinander übergehen. Ich
habe ihn im zweiten Band meiner Observations de zoologie
et d’anatomie comparée in einer eigenen Abhandlung unter
1 Ein Dendrobium mit goldgelber, ſchwarzgefleckter, 8 cm
langer Blüte.
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