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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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Spanier und fast ebenso grob wie die Menschen, die in
Europa dieses Handwerk treiben. Diese Grobheit hat nicht
wenig dazu beigetragen, den Haß zwischen den Kolonieen und
dem Mutterlande zu schüren.

Nach dem Tabak von der Insel Cuba und dem vom
Rio Negro hat der von Cumana am meisten Arom. Er über-
trifft allen aus Neuspanien und der Provinz Varinas. Wir
teilen einiges über den Bau desselben mit, weil er sich wesent-
lich vom Tabaksbau in Virginien unterscheidet. Schon der
Umstand, daß im Thale von Cumanacoa die Gewächse aus
der Familie der Solaneen so ausnehmend stark entwickelt
sind, besonders die vielen Arten von Solanum arborescens,
von Aquartia und Cestrum weisen darauf hin, daß hier der
Boden für den Tabaksbau sehr geeignet sein muß. Die Aus-
saat wird im September vorgenommen; zuweilen wartet man
damit bis zum Dezember, was aber für den Ausfall der
Ernte nicht so gut ist. Die Wurzelblätter zeigen sich am
achten Tage; man bedeckt die jungen Pflanzen mit großen
Helikonien- und Bananenblättern, um sie der unmittelbaren
Einwirkung der Sonne zu entziehen, und reutet das Unkraut,
das unter den Tropen furchtbar schnell aufschießt, sorgfältig
aus. Der Tabak wird sofort einen und einen halben Monat,
nachdem der Samen aufgegangen, in einen fetten, gut ge-
lockerten Boden versetzt. Die Pflanzen werden in geraden
Reihen 1 bis 1,3 m voneinander gesteckt; man jätet sie
fleißig und köpft den Hauptstengel mehrmals, bis bläulich
grüne Flecken auf den Blättern als Wahrzeichen der Reife
sich zeigen. Im vierten Monat fängt man an sie abzunehmen,
und diese erste Ernte ist in wenigen Tagen vorüber. Besser
wäre es, die Blätter nacheinander abzunehmen, so wie sie trocken
werden. In guten Jahren schneiden die Pflanzer den Stock,
wenn er 1,3 m hoch ist, ab, und der Wurzelschoß treibt so
rasch neue Blätter, daß sie schon am 13. oder 14. Tage ge-
erntet werden können. Diese haben sehr lockeres Zellgewebe; sie
enthalten mehr Wasser, mehr Eiweiß und weniger von dem
scharfen, flüchtigen, im Wasser schwer löslichen Stoff, an den
die eigentümlich reizende Wirkung des Tabaks gebunden scheint.

Der Tabak wird in Cumanacoa nach dem Verfahren
behandelt, das bei den Spaniern de cura seca heißt. Man
hängt die Blätter an Cocuizafasern 1 auf, löst die Rippen

1 Agave Americana.

Spanier und faſt ebenſo grob wie die Menſchen, die in
Europa dieſes Handwerk treiben. Dieſe Grobheit hat nicht
wenig dazu beigetragen, den Haß zwiſchen den Kolonieen und
dem Mutterlande zu ſchüren.

Nach dem Tabak von der Inſel Cuba und dem vom
Rio Negro hat der von Cumana am meiſten Arom. Er über-
trifft allen aus Neuſpanien und der Provinz Varinas. Wir
teilen einiges über den Bau desſelben mit, weil er ſich weſent-
lich vom Tabaksbau in Virginien unterſcheidet. Schon der
Umſtand, daß im Thale von Cumanacoa die Gewächſe aus
der Familie der Solaneen ſo ausnehmend ſtark entwickelt
ſind, beſonders die vielen Arten von Solanum arborescens,
von Aquartia und Cestrum weiſen darauf hin, daß hier der
Boden für den Tabaksbau ſehr geeignet ſein muß. Die Aus-
ſaat wird im September vorgenommen; zuweilen wartet man
damit bis zum Dezember, was aber für den Ausfall der
Ernte nicht ſo gut iſt. Die Wurzelblätter zeigen ſich am
achten Tage; man bedeckt die jungen Pflanzen mit großen
Helikonien- und Bananenblättern, um ſie der unmittelbaren
Einwirkung der Sonne zu entziehen, und reutet das Unkraut,
das unter den Tropen furchtbar ſchnell aufſchießt, ſorgfältig
aus. Der Tabak wird ſofort einen und einen halben Monat,
nachdem der Samen aufgegangen, in einen fetten, gut ge-
lockerten Boden verſetzt. Die Pflanzen werden in geraden
Reihen 1 bis 1,3 m voneinander geſteckt; man jätet ſie
fleißig und köpft den Hauptſtengel mehrmals, bis bläulich
grüne Flecken auf den Blättern als Wahrzeichen der Reife
ſich zeigen. Im vierten Monat fängt man an ſie abzunehmen,
und dieſe erſte Ernte iſt in wenigen Tagen vorüber. Beſſer
wäre es, die Blätter nacheinander abzunehmen, ſo wie ſie trocken
werden. In guten Jahren ſchneiden die Pflanzer den Stock,
wenn er 1,3 m hoch iſt, ab, und der Wurzelſchoß treibt ſo
raſch neue Blätter, daß ſie ſchon am 13. oder 14. Tage ge-
erntet werden können. Dieſe haben ſehr lockeres Zellgewebe; ſie
enthalten mehr Waſſer, mehr Eiweiß und weniger von dem
ſcharfen, flüchtigen, im Waſſer ſchwer löslichen Stoff, an den
die eigentümlich reizende Wirkung des Tabaks gebunden ſcheint.

Der Tabak wird in Cumanacoa nach dem Verfahren
behandelt, das bei den Spaniern de cura seca heißt. Man
hängt die Blätter an Cocuizafaſern 1 auf, löſt die Rippen

1 Agave Americana.
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[236/0252] Spanier und faſt ebenſo grob wie die Menſchen, die in Europa dieſes Handwerk treiben. Dieſe Grobheit hat nicht wenig dazu beigetragen, den Haß zwiſchen den Kolonieen und dem Mutterlande zu ſchüren. Nach dem Tabak von der Inſel Cuba und dem vom Rio Negro hat der von Cumana am meiſten Arom. Er über- trifft allen aus Neuſpanien und der Provinz Varinas. Wir teilen einiges über den Bau desſelben mit, weil er ſich weſent- lich vom Tabaksbau in Virginien unterſcheidet. Schon der Umſtand, daß im Thale von Cumanacoa die Gewächſe aus der Familie der Solaneen ſo ausnehmend ſtark entwickelt ſind, beſonders die vielen Arten von Solanum arborescens, von Aquartia und Cestrum weiſen darauf hin, daß hier der Boden für den Tabaksbau ſehr geeignet ſein muß. Die Aus- ſaat wird im September vorgenommen; zuweilen wartet man damit bis zum Dezember, was aber für den Ausfall der Ernte nicht ſo gut iſt. Die Wurzelblätter zeigen ſich am achten Tage; man bedeckt die jungen Pflanzen mit großen Helikonien- und Bananenblättern, um ſie der unmittelbaren Einwirkung der Sonne zu entziehen, und reutet das Unkraut, das unter den Tropen furchtbar ſchnell aufſchießt, ſorgfältig aus. Der Tabak wird ſofort einen und einen halben Monat, nachdem der Samen aufgegangen, in einen fetten, gut ge- lockerten Boden verſetzt. Die Pflanzen werden in geraden Reihen 1 bis 1,3 m voneinander geſteckt; man jätet ſie fleißig und köpft den Hauptſtengel mehrmals, bis bläulich grüne Flecken auf den Blättern als Wahrzeichen der Reife ſich zeigen. Im vierten Monat fängt man an ſie abzunehmen, und dieſe erſte Ernte iſt in wenigen Tagen vorüber. Beſſer wäre es, die Blätter nacheinander abzunehmen, ſo wie ſie trocken werden. In guten Jahren ſchneiden die Pflanzer den Stock, wenn er 1,3 m hoch iſt, ab, und der Wurzelſchoß treibt ſo raſch neue Blätter, daß ſie ſchon am 13. oder 14. Tage ge- erntet werden können. Dieſe haben ſehr lockeres Zellgewebe; ſie enthalten mehr Waſſer, mehr Eiweiß und weniger von dem ſcharfen, flüchtigen, im Waſſer ſchwer löslichen Stoff, an den die eigentümlich reizende Wirkung des Tabaks gebunden ſcheint. Der Tabak wird in Cumanacoa nach dem Verfahren behandelt, das bei den Spaniern de cura seca heißt. Man hängt die Blätter an Cocuizafaſern 1 auf, löſt die Rippen 1 Agave Americana.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/252>, abgerufen am 22.11.2024.