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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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Geschlecht versagt, weil diese Fähigkeit gegen die Würde des
Mannes wäre."

In der Nähe der Stadt Cumanacoa wird der Boden
ebener und das Thal nach und nach weiter. Die kleine Stadt
liegt auf einer kahlen, fast kreisrunden, von hohen Bergen
umgebenen Ebene und nimmt sich von außen sehr trübselig
aus. Die Bevölkerung ist kaum 2300 Seelen stark; zur Zeit
des Paters Caulin im Jahre 1753 betrug sie nur 600. Die
Häuser sind sehr niedrig, unsolid und, drei oder vier ausge-
nommen, sämtlich aus Holz. Wir brachten indessen unsere
Instrumente ziemlich gut beim Verwalter der Tabaksregie,
Don Juan Sanchez, unter, einem liebenswürdigen, geistig
sehr regsamen Manne. Er hatte uns eine geräumige bequeme
Wohnung einrichten lassen; wir blieben vier Tage hier und
er ließ sich nicht abhalten, uns auf allen unseren Ausflügen
zu begleiten.

Cumanacoa wurde im Jahre 1717 von Domingo Arias
gegründet, als er von einem Kriegszuge zurückkam, den er an
die Mündung des Guarapiche unternommen, um eine von
französischen Freibeutern begonnene Niederlassung zu zerstören.
Die Stadt hieß anfangs San Baltazar de las Arias, aber
der indische Name verdrängte jenen, wie der Name Caracas
den Namen Santiago de Leon, den man noch häufig auf
unseren Karten sieht, in Vergessenheit gebracht hat.

Als wir den Barometer öffneten, sahen wir zu unserer
Ueberraschung das Quecksilber kaum 15,6 mm tiefer stehen
als an der Küste und doch schien das Instrument in ganz
gutem Stande. Die Ebene, oder vielmehr das Plateau, auf
dem Cumanacoa steht, liegt nicht mehr als 204 m über dem
Meeresspiegel, und dies ist drei- oder viermal weniger, als
man in Cumana glaubt, weil man dort von der Kälte in
Cumanacoa die übertriebensten Vorstellungen hat. Aber der
klimatische Unterschied zwischen zwei so nahen Orten rührt
vielleicht weniger von der hohen Lage des letzteren her als
von örtlichen Verhältnissen, wozu wir rechnen, daß die Wälder
sehr nahe, die niedergehenden Luftströme, wie in allen ein-
geschlossenen Thälern, häufig, die Regenniederschläge und die
Nebel sehr stark sind, wodurch einen großen Teil des Jahres
hindurch die unmittelbare Wirkung der Sonnenstrahlen ge-
schwächt wird. Da die Wärmeabnahme unter den Tropen
und Sommers in der gemäßigten Zone ungefähr gleich ist,
so sollte der geringe Höhenunterschied von 195 m nur einen

Geſchlecht verſagt, weil dieſe Fähigkeit gegen die Würde des
Mannes wäre.“

In der Nähe der Stadt Cumanacoa wird der Boden
ebener und das Thal nach und nach weiter. Die kleine Stadt
liegt auf einer kahlen, faſt kreisrunden, von hohen Bergen
umgebenen Ebene und nimmt ſich von außen ſehr trübſelig
aus. Die Bevölkerung iſt kaum 2300 Seelen ſtark; zur Zeit
des Paters Caulin im Jahre 1753 betrug ſie nur 600. Die
Häuſer ſind ſehr niedrig, unſolid und, drei oder vier ausge-
nommen, ſämtlich aus Holz. Wir brachten indeſſen unſere
Inſtrumente ziemlich gut beim Verwalter der Tabaksregie,
Don Juan Sanchez, unter, einem liebenswürdigen, geiſtig
ſehr regſamen Manne. Er hatte uns eine geräumige bequeme
Wohnung einrichten laſſen; wir blieben vier Tage hier und
er ließ ſich nicht abhalten, uns auf allen unſeren Ausflügen
zu begleiten.

Cumanacoa wurde im Jahre 1717 von Domingo Arias
gegründet, als er von einem Kriegszuge zurückkam, den er an
die Mündung des Guarapiche unternommen, um eine von
franzöſiſchen Freibeutern begonnene Niederlaſſung zu zerſtören.
Die Stadt hieß anfangs San Baltazar de las Arias, aber
der indiſche Name verdrängte jenen, wie der Name Caracas
den Namen Santiago de Leon, den man noch häufig auf
unſeren Karten ſieht, in Vergeſſenheit gebracht hat.

Als wir den Barometer öffneten, ſahen wir zu unſerer
Ueberraſchung das Queckſilber kaum 15,6 mm tiefer ſtehen
als an der Küſte und doch ſchien das Inſtrument in ganz
gutem Stande. Die Ebene, oder vielmehr das Plateau, auf
dem Cumanacoa ſteht, liegt nicht mehr als 204 m über dem
Meeresſpiegel, und dies iſt drei- oder viermal weniger, als
man in Cumana glaubt, weil man dort von der Kälte in
Cumanacoa die übertriebenſten Vorſtellungen hat. Aber der
klimatiſche Unterſchied zwiſchen zwei ſo nahen Orten rührt
vielleicht weniger von der hohen Lage des letzteren her als
von örtlichen Verhältniſſen, wozu wir rechnen, daß die Wälder
ſehr nahe, die niedergehenden Luftſtröme, wie in allen ein-
geſchloſſenen Thälern, häufig, die Regenniederſchläge und die
Nebel ſehr ſtark ſind, wodurch einen großen Teil des Jahres
hindurch die unmittelbare Wirkung der Sonnenſtrahlen ge-
ſchwächt wird. Da die Wärmeabnahme unter den Tropen
und Sommers in der gemäßigten Zone ungefähr gleich iſt,
ſo ſollte der geringe Höhenunterſchied von 195 m nur einen

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[233/0249] Geſchlecht verſagt, weil dieſe Fähigkeit gegen die Würde des Mannes wäre.“ In der Nähe der Stadt Cumanacoa wird der Boden ebener und das Thal nach und nach weiter. Die kleine Stadt liegt auf einer kahlen, faſt kreisrunden, von hohen Bergen umgebenen Ebene und nimmt ſich von außen ſehr trübſelig aus. Die Bevölkerung iſt kaum 2300 Seelen ſtark; zur Zeit des Paters Caulin im Jahre 1753 betrug ſie nur 600. Die Häuſer ſind ſehr niedrig, unſolid und, drei oder vier ausge- nommen, ſämtlich aus Holz. Wir brachten indeſſen unſere Inſtrumente ziemlich gut beim Verwalter der Tabaksregie, Don Juan Sanchez, unter, einem liebenswürdigen, geiſtig ſehr regſamen Manne. Er hatte uns eine geräumige bequeme Wohnung einrichten laſſen; wir blieben vier Tage hier und er ließ ſich nicht abhalten, uns auf allen unſeren Ausflügen zu begleiten. Cumanacoa wurde im Jahre 1717 von Domingo Arias gegründet, als er von einem Kriegszuge zurückkam, den er an die Mündung des Guarapiche unternommen, um eine von franzöſiſchen Freibeutern begonnene Niederlaſſung zu zerſtören. Die Stadt hieß anfangs San Baltazar de las Arias, aber der indiſche Name verdrängte jenen, wie der Name Caracas den Namen Santiago de Leon, den man noch häufig auf unſeren Karten ſieht, in Vergeſſenheit gebracht hat. Als wir den Barometer öffneten, ſahen wir zu unſerer Ueberraſchung das Queckſilber kaum 15,6 mm tiefer ſtehen als an der Küſte und doch ſchien das Inſtrument in ganz gutem Stande. Die Ebene, oder vielmehr das Plateau, auf dem Cumanacoa ſteht, liegt nicht mehr als 204 m über dem Meeresſpiegel, und dies iſt drei- oder viermal weniger, als man in Cumana glaubt, weil man dort von der Kälte in Cumanacoa die übertriebenſten Vorſtellungen hat. Aber der klimatiſche Unterſchied zwiſchen zwei ſo nahen Orten rührt vielleicht weniger von der hohen Lage des letzteren her als von örtlichen Verhältniſſen, wozu wir rechnen, daß die Wälder ſehr nahe, die niedergehenden Luftſtröme, wie in allen ein- geſchloſſenen Thälern, häufig, die Regenniederſchläge und die Nebel ſehr ſtark ſind, wodurch einen großen Teil des Jahres hindurch die unmittelbare Wirkung der Sonnenſtrahlen ge- ſchwächt wird. Da die Wärmeabnahme unter den Tropen und Sommers in der gemäßigten Zone ungefähr gleich iſt, ſo ſollte der geringe Höhenunterſchied von 195 m nur einen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/249>, abgerufen am 22.11.2024.