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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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finsternis vom 28. Oktober 1799 und auf zehn Immersionen
der Jupitertrabanten, verglichen mit in Europa angestellten
Beobachtungen. Sie weicht nur um sehr weniges von der
ab, die Fidalgo vor mir, aber durch rein chronometrische Mittel
gefunden. Unsere älteste Karte des neuen Kontinentes, die
von Diego Ribeiro, Geographen Kaiser Karls des Fünften,
setzt Cumana unter 9° 30' Breite, was um 58 Minuten von
der wahren Breite abweicht und einen halben Grad von der,
die Jefferys in seinem im Jahre 1794 herausgegebenen
"Amerikanischen Steuermann" angibt. Dreihundert Jahre
lang zeichnete man die ganze Küste von Paria zu weit süd-
lich, weil in der Nähe der Insel Trinidad die Strömungen
nach Norden gegen und die Schiffer nach der Angabe des
Logs weiter gegen Süd zu sein glauben, als sie wirklich sind.

Am 17. August machte ein Hof oder eine Lichtkrone um
den Mond den Einwohnern viel zu schaffen. Man betrachtete
es als Vorboten eines starken Erdstoßes, denn nach der Volks-
physik stehen alle ungewöhnlichen Erscheinungen in unmittel-
barem Zusammenhang. Die farbigen Kreise um den Mond
sind in den nördlichen Ländern weit seltener als in der Pro-
vence, in Italien und Spanien. Sie zeigen sich, und dies
ist auffallend, besonders bei reinem Himmel, wenn das gute
Wetter sehr beständig scheint. In der heißen Zone sieht
man fast jede Nacht schöne prismatische Farben, selbst bei der
größten Trockenheit; oft verschwinden sie in wenigen Minuten
mehreremal, ohne Zweifel, weil obere Luftströmungen den
Zustand der feinen Dünste, in denen das Licht sich bricht,
verändern. Zuweilen habe ich zwischen dem 15. Grad der
Breite und dem Aequator sogar um die Venus kleine Höfe
gesehen; man konnte Purpur, Orange, und Violett unter-
scheiden; aber um Sirius, Canopus und Achernar habe ich
niemals Farben gesehen.

Während der Mondhof in Cumana zu sehen war, zeigte
der Hygrometer große Feuchtigkeit an; die Wasserdünste
schienen aber so vollkommen aufgelöst, oder vielmehr so elastisch
und gleichförmig verbreitet, daß sie der Durchsichtigkeit der
Luft keinen Eintrag thaten. Der Mond ging nach einem
Gewitterregen hinter dem Schlosse San Antonio auf. Wie
er am Horizont erschien, sah man zwei Kreise, einen großen,
weißlichen von 44° Durchmesser und einen kleinen, der
in allen Farben des Regenbogens glänzte und 1° 43'
breit war. Der Himmelsraum zwischen beiden Kronen war

finſternis vom 28. Oktober 1799 und auf zehn Immerſionen
der Jupitertrabanten, verglichen mit in Europa angeſtellten
Beobachtungen. Sie weicht nur um ſehr weniges von der
ab, die Fidalgo vor mir, aber durch rein chronometriſche Mittel
gefunden. Unſere älteſte Karte des neuen Kontinentes, die
von Diego Ribeiro, Geographen Kaiſer Karls des Fünften,
ſetzt Cumana unter 9° 30′ Breite, was um 58 Minuten von
der wahren Breite abweicht und einen halben Grad von der,
die Jefferys in ſeinem im Jahre 1794 herausgegebenen
„Amerikaniſchen Steuermann“ angibt. Dreihundert Jahre
lang zeichnete man die ganze Küſte von Paria zu weit ſüd-
lich, weil in der Nähe der Inſel Trinidad die Strömungen
nach Norden gegen und die Schiffer nach der Angabe des
Logs weiter gegen Süd zu ſein glauben, als ſie wirklich ſind.

Am 17. Auguſt machte ein Hof oder eine Lichtkrone um
den Mond den Einwohnern viel zu ſchaffen. Man betrachtete
es als Vorboten eines ſtarken Erdſtoßes, denn nach der Volks-
phyſik ſtehen alle ungewöhnlichen Erſcheinungen in unmittel-
barem Zuſammenhang. Die farbigen Kreiſe um den Mond
ſind in den nördlichen Ländern weit ſeltener als in der Pro-
vence, in Italien und Spanien. Sie zeigen ſich, und dies
iſt auffallend, beſonders bei reinem Himmel, wenn das gute
Wetter ſehr beſtändig ſcheint. In der heißen Zone ſieht
man faſt jede Nacht ſchöne prismatiſche Farben, ſelbſt bei der
größten Trockenheit; oft verſchwinden ſie in wenigen Minuten
mehreremal, ohne Zweifel, weil obere Luftſtrömungen den
Zuſtand der feinen Dünſte, in denen das Licht ſich bricht,
verändern. Zuweilen habe ich zwiſchen dem 15. Grad der
Breite und dem Aequator ſogar um die Venus kleine Höfe
geſehen; man konnte Purpur, Orange, und Violett unter-
ſcheiden; aber um Sirius, Canopus und Achernar habe ich
niemals Farben geſehen.

Während der Mondhof in Cumana zu ſehen war, zeigte
der Hygrometer große Feuchtigkeit an; die Waſſerdünſte
ſchienen aber ſo vollkommen aufgelöſt, oder vielmehr ſo elaſtiſch
und gleichförmig verbreitet, daß ſie der Durchſichtigkeit der
Luft keinen Eintrag thaten. Der Mond ging nach einem
Gewitterregen hinter dem Schloſſe San Antonio auf. Wie
er am Horizont erſchien, ſah man zwei Kreiſe, einen großen,
weißlichen von 44° Durchmeſſer und einen kleinen, der
in allen Farben des Regenbogens glänzte und 1° 43′
breit war. Der Himmelsraum zwiſchen beiden Kronen war

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[186/0202] finſternis vom 28. Oktober 1799 und auf zehn Immerſionen der Jupitertrabanten, verglichen mit in Europa angeſtellten Beobachtungen. Sie weicht nur um ſehr weniges von der ab, die Fidalgo vor mir, aber durch rein chronometriſche Mittel gefunden. Unſere älteſte Karte des neuen Kontinentes, die von Diego Ribeiro, Geographen Kaiſer Karls des Fünften, ſetzt Cumana unter 9° 30′ Breite, was um 58 Minuten von der wahren Breite abweicht und einen halben Grad von der, die Jefferys in ſeinem im Jahre 1794 herausgegebenen „Amerikaniſchen Steuermann“ angibt. Dreihundert Jahre lang zeichnete man die ganze Küſte von Paria zu weit ſüd- lich, weil in der Nähe der Inſel Trinidad die Strömungen nach Norden gegen und die Schiffer nach der Angabe des Logs weiter gegen Süd zu ſein glauben, als ſie wirklich ſind. Am 17. Auguſt machte ein Hof oder eine Lichtkrone um den Mond den Einwohnern viel zu ſchaffen. Man betrachtete es als Vorboten eines ſtarken Erdſtoßes, denn nach der Volks- phyſik ſtehen alle ungewöhnlichen Erſcheinungen in unmittel- barem Zuſammenhang. Die farbigen Kreiſe um den Mond ſind in den nördlichen Ländern weit ſeltener als in der Pro- vence, in Italien und Spanien. Sie zeigen ſich, und dies iſt auffallend, beſonders bei reinem Himmel, wenn das gute Wetter ſehr beſtändig ſcheint. In der heißen Zone ſieht man faſt jede Nacht ſchöne prismatiſche Farben, ſelbſt bei der größten Trockenheit; oft verſchwinden ſie in wenigen Minuten mehreremal, ohne Zweifel, weil obere Luftſtrömungen den Zuſtand der feinen Dünſte, in denen das Licht ſich bricht, verändern. Zuweilen habe ich zwiſchen dem 15. Grad der Breite und dem Aequator ſogar um die Venus kleine Höfe geſehen; man konnte Purpur, Orange, und Violett unter- ſcheiden; aber um Sirius, Canopus und Achernar habe ich niemals Farben geſehen. Während der Mondhof in Cumana zu ſehen war, zeigte der Hygrometer große Feuchtigkeit an; die Waſſerdünſte ſchienen aber ſo vollkommen aufgelöſt, oder vielmehr ſo elaſtiſch und gleichförmig verbreitet, daß ſie der Durchſichtigkeit der Luft keinen Eintrag thaten. Der Mond ging nach einem Gewitterregen hinter dem Schloſſe San Antonio auf. Wie er am Horizont erſchien, ſah man zwei Kreiſe, einen großen, weißlichen von 44° Durchmeſſer und einen kleinen, der in allen Farben des Regenbogens glänzte und 1° 43′ breit war. Der Himmelsraum zwiſchen beiden Kronen war

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/202>, abgerufen am 28.11.2024.