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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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schaft der Santa Maria unter 42° der Länge Schrecken ein-
jagten, sind nicht miteinander zu verwechseln. Durch die
Vergleichung vieler Schiffstagebücher habe ich mich überzeugt,
daß es im Becken des nördlichen Atlantischen Ozeans zwei
solcher mit Algen bedeckten Strecken gibt, die nichts mitein-
ander zu thun haben. Die größte derselben 1 liegt etwas
westlich vom Meridian von Fayal, einer der Azorischen Inseln,
zwischen 35 und 36° der Breite. Die Meerestemperatur be-
trägt in diesem Strich 16 bis 20°, und die Nordostwinde,
die dort zuweilen sehr stark sind, treiben schwimmende Tang-
inseln in tiefe Breiten, bis zum 24., ja bis zum 20. Grad.
Die Schiffe, die von Montevideo und vom Kap der guten
Hoffnung nach Europa zurückfahren, kommen über diese Fukus-
bank, die nach den spanischen Schiffern von den Kleinen An-
tillen und von den Kanarischen Inseln gleich weit entfernt
ist; die Ungeschicktesten können danach ihre Länge berichtigen.
Die zweite Fukusbank ist wenig bekannt; sie liegt unter 22
und 26° der Breite, 148 km westlich vom Meridian der
Bahamainseln, und ist von weit geringerer Ausdehnung. Man
stößt auf sie auf der Fahrt von den Caycosinseln nach den
Bermuden.

Allerdings kennt man Tangarten mit 260 m langen
Stengeln, 2 und diese Kryptogamen der hohen See wachsen
sehr rasch; dennoch ist kein Zweifel darüber, daß in den oben
beschriebenen Strichen die Tange keineswegs am Meeresboden
haften, sondern in einzelnen Bündeln auf dem Wasser schwim-
men. In diesem Zustand können diese Gewächse nicht viel
länger fortvegetieren als ein vom Stamm abgerissener Baumast.
Will man sich Rechenschaft davon geben, wie es kommt, daß

1 Phönizische Fahrzeuge scheinen "in 30 Tagen Schiffahrt und
mit dem Ostwind" zum Grasmeer gekommen zu sein, das bei
Spaniern und Portugiesen Mar de Sargazo heißt. Ich habe
anderswo dargethan, daß diese Stelle im Buche des Aristoteles "De
Mirabilibus"
sich nicht wohl, wie eine ähnliche Stelle im Periplus
des Scylax, auf die Küste von Afrika beziehen kann. Setzt man
voraus, daß das mit Gras bedeckte Meer, das die phönizischen
Schiffe in ihrem Laufe aufhielt, das Mar de Sargazo war, so
braucht man nicht anzunehmen, daß die Alten im Atlantischen Meer
über den 30. Grad westlicher Länge vom Meridian von Paris hin-
ausgekommen seien.
2 Fucus giganteus, Forster, oder Laminaria pyrifera, La-
mouroux.

ſchaft der Santa Maria unter 42° der Länge Schrecken ein-
jagten, ſind nicht miteinander zu verwechſeln. Durch die
Vergleichung vieler Schiffstagebücher habe ich mich überzeugt,
daß es im Becken des nördlichen Atlantiſchen Ozeans zwei
ſolcher mit Algen bedeckten Strecken gibt, die nichts mitein-
ander zu thun haben. Die größte derſelben 1 liegt etwas
weſtlich vom Meridian von Fayal, einer der Azoriſchen Inſeln,
zwiſchen 35 und 36° der Breite. Die Meerestemperatur be-
trägt in dieſem Strich 16 bis 20°, und die Nordoſtwinde,
die dort zuweilen ſehr ſtark ſind, treiben ſchwimmende Tang-
inſeln in tiefe Breiten, bis zum 24., ja bis zum 20. Grad.
Die Schiffe, die von Montevideo und vom Kap der guten
Hoffnung nach Europa zurückfahren, kommen über dieſe Fukus-
bank, die nach den ſpaniſchen Schiffern von den Kleinen An-
tillen und von den Kanariſchen Inſeln gleich weit entfernt
iſt; die Ungeſchickteſten können danach ihre Länge berichtigen.
Die zweite Fukusbank iſt wenig bekannt; ſie liegt unter 22
und 26° der Breite, 148 km weſtlich vom Meridian der
Bahamainſeln, und iſt von weit geringerer Ausdehnung. Man
ſtößt auf ſie auf der Fahrt von den Caycosinſeln nach den
Bermuden.

Allerdings kennt man Tangarten mit 260 m langen
Stengeln, 2 und dieſe Kryptogamen der hohen See wachſen
ſehr raſch; dennoch iſt kein Zweifel darüber, daß in den oben
beſchriebenen Strichen die Tange keineswegs am Meeresboden
haften, ſondern in einzelnen Bündeln auf dem Waſſer ſchwim-
men. In dieſem Zuſtand können dieſe Gewächſe nicht viel
länger fortvegetieren als ein vom Stamm abgeriſſener Baumaſt.
Will man ſich Rechenſchaft davon geben, wie es kommt, daß

1 Phöniziſche Fahrzeuge ſcheinen „in 30 Tagen Schiffahrt und
mit dem Oſtwind“ zum Grasmeer gekommen zu ſein, das bei
Spaniern und Portugieſen Mar de Sargazo heißt. Ich habe
anderswo dargethan, daß dieſe Stelle im Buche des Ariſtoteles „De
Mirabilibus“
ſich nicht wohl, wie eine ähnliche Stelle im Periplus
des Scylax, auf die Küſte von Afrika beziehen kann. Setzt man
voraus, daß das mit Gras bedeckte Meer, das die phöniziſchen
Schiffe in ihrem Laufe aufhielt, das Mar de Sargazo war, ſo
braucht man nicht anzunehmen, daß die Alten im Atlantiſchen Meer
über den 30. Grad weſtlicher Länge vom Meridian von Paris hin-
ausgekommen ſeien.
2 Fucus giganteus, Forster, oder Laminaria pyrifera, La-
mouroux.
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[131/0147] ſchaft der Santa Maria unter 42° der Länge Schrecken ein- jagten, ſind nicht miteinander zu verwechſeln. Durch die Vergleichung vieler Schiffstagebücher habe ich mich überzeugt, daß es im Becken des nördlichen Atlantiſchen Ozeans zwei ſolcher mit Algen bedeckten Strecken gibt, die nichts mitein- ander zu thun haben. Die größte derſelben 1 liegt etwas weſtlich vom Meridian von Fayal, einer der Azoriſchen Inſeln, zwiſchen 35 und 36° der Breite. Die Meerestemperatur be- trägt in dieſem Strich 16 bis 20°, und die Nordoſtwinde, die dort zuweilen ſehr ſtark ſind, treiben ſchwimmende Tang- inſeln in tiefe Breiten, bis zum 24., ja bis zum 20. Grad. Die Schiffe, die von Montevideo und vom Kap der guten Hoffnung nach Europa zurückfahren, kommen über dieſe Fukus- bank, die nach den ſpaniſchen Schiffern von den Kleinen An- tillen und von den Kanariſchen Inſeln gleich weit entfernt iſt; die Ungeſchickteſten können danach ihre Länge berichtigen. Die zweite Fukusbank iſt wenig bekannt; ſie liegt unter 22 und 26° der Breite, 148 km weſtlich vom Meridian der Bahamainſeln, und iſt von weit geringerer Ausdehnung. Man ſtößt auf ſie auf der Fahrt von den Caycosinſeln nach den Bermuden. Allerdings kennt man Tangarten mit 260 m langen Stengeln, 2 und dieſe Kryptogamen der hohen See wachſen ſehr raſch; dennoch iſt kein Zweifel darüber, daß in den oben beſchriebenen Strichen die Tange keineswegs am Meeresboden haften, ſondern in einzelnen Bündeln auf dem Waſſer ſchwim- men. In dieſem Zuſtand können dieſe Gewächſe nicht viel länger fortvegetieren als ein vom Stamm abgeriſſener Baumaſt. Will man ſich Rechenſchaft davon geben, wie es kommt, daß 1 Phöniziſche Fahrzeuge ſcheinen „in 30 Tagen Schiffahrt und mit dem Oſtwind“ zum Grasmeer gekommen zu ſein, das bei Spaniern und Portugieſen Mar de Sargazo heißt. Ich habe anderswo dargethan, daß dieſe Stelle im Buche des Ariſtoteles „De Mirabilibus“ ſich nicht wohl, wie eine ähnliche Stelle im Periplus des Scylax, auf die Küſte von Afrika beziehen kann. Setzt man voraus, daß das mit Gras bedeckte Meer, das die phöniziſchen Schiffe in ihrem Laufe aufhielt, das Mar de Sargazo war, ſo braucht man nicht anzunehmen, daß die Alten im Atlantiſchen Meer über den 30. Grad weſtlicher Länge vom Meridian von Paris hin- ausgekommen ſeien. 2 Fucus giganteus, Forster, oder Laminaria pyrifera, La- mouroux.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/147>, abgerufen am 24.11.2024.