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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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der umgebenden Luft ihnen unübersteigliche Grenzen setzen;
vielmehr lassen die verschlackten Laven des Malpays und der

licher Breite bekannt sind, unendlich viele Kurven ziehen lassen, so
kann die Beobachtung nur sehr mangelhaft durch Rechnung ergänzt
werden. Ohne es bestimmt zu behaupten, kann man als wahr-
scheinlich annehmen, daß unter 28° 17' die Schneegrenze über
3700 m liegt. Vom Aequator an, wo der Schnee mit 4794 m,
also etwa in der Höhe des Montblanc beginnt, bis zum 20. Breite-
grad, also bis zur Grenze des heißen Erdstriches, rückt der Schnee
nur 195 m herab; läßt sich demnach annehmen, daß 8° weiter und
in einem Klima, das fast noch durchaus als ein tropisches er-
scheint, der Schnee schon 780 m tiefer stehen sollte? Selbst voraus-
gesetzt, der Schnee rückte vom 20. bis zum 45. Breitegrad in arith-
metischer Progression herab, was den Beobachtungen widerspricht,
so finge der ewige Schnee unter der Breite des Piks erst bei 3995 m
über der Meeresfläche an, somit 1072 m höher als in den Pyre-
näen und in der Schweiz. Dieses Ergebnis wird noch durch andere
Betrachtungen unterstützt. Die mittlere Temperatur der Luftschicht,
mit der der Schnee im Sommer in Berührung kommt, ist in den
Alpen ein paar Grad unter, unter dem Aequator ein paar Grad
über dem Gefrierpunkt. Angenommen, unter 281/2° sei die Tem-
peratur gleich Null, so ergibt sich nach dem Gesetz der Wärme-
abnahme, auf 191 m einen Grad gerechnet, daß der Schnee in
4011 m über einer Ebene mit einer mittleren Temperatur von 21°,
wie sie der Küste von Tenerifa zukommt, liegen bleiben muß. Diese
Zahl stimmt fast mit der, welche sich bei der Annahme einer arith-
metischen Progression ergibt. Einer der Hochgipfel der Sierra de
Nevada de Granada, der Pico de Veleta, dessen absolute Höhe
3470 m beträgt, ist beständig mit Schnee bedeckt; da aber die untere
Grenze des Schnees nicht gemessen worden ist, so trägt dieser Berg,
der unter 37° 10' der Breite liegt, zur Lösung des vorliegenden
Problemes nichts bei. Durch die Lage des Vulkanes von Tenerifa
mitten auf einer nicht großen Insel kann die Kurve des ewigen
Schnees schwerlich hinaufgeschoben werden. Wenn die Winter auf
Inseln weniger streng sind, so sind dagegen auch die Sommer
weniger heiß, und die Höhe des Schnees hängt nicht sowohl von
der ganzen mittleren Jahrestemperatur als vielmehr von der mitt-
leren Wärme der Sommermonate ab. Auf dem Aetna beginnt der
Schnee schon bei 2925 m oder selbst etwas tiefer, was bei einem
unter 371/2° der Breite gelegenen Gipfel ziemlich auffallend er-
scheint. In der Nähe des Polarkreises, wo die Sommerhitze durch
den fortwährend aus dem Meere aufsteigenden Nebel gemildert wird,
zeigt sich der Unterschied zwischen Inseln oder Küsten und dem
inneren Lande höchst auffallend. Auf Island z. B. ist auf dem
Osterjöckull, unter 65° der Breite, die Grenze des ewigen Schnees

der umgebenden Luft ihnen unüberſteigliche Grenzen ſetzen;
vielmehr laſſen die verſchlackten Laven des Malpays und der

licher Breite bekannt ſind, unendlich viele Kurven ziehen laſſen, ſo
kann die Beobachtung nur ſehr mangelhaft durch Rechnung ergänzt
werden. Ohne es beſtimmt zu behaupten, kann man als wahr-
ſcheinlich annehmen, daß unter 28° 17′ die Schneegrenze über
3700 m liegt. Vom Aequator an, wo der Schnee mit 4794 m,
alſo etwa in der Höhe des Montblanc beginnt, bis zum 20. Breite-
grad, alſo bis zur Grenze des heißen Erdſtriches, rückt der Schnee
nur 195 m herab; läßt ſich demnach annehmen, daß 8° weiter und
in einem Klima, das faſt noch durchaus als ein tropiſches er-
ſcheint, der Schnee ſchon 780 m tiefer ſtehen ſollte? Selbſt voraus-
geſetzt, der Schnee rückte vom 20. bis zum 45. Breitegrad in arith-
metiſcher Progreſſion herab, was den Beobachtungen widerſpricht,
ſo finge der ewige Schnee unter der Breite des Piks erſt bei 3995 m
über der Meeresfläche an, ſomit 1072 m höher als in den Pyre-
näen und in der Schweiz. Dieſes Ergebnis wird noch durch andere
Betrachtungen unterſtützt. Die mittlere Temperatur der Luftſchicht,
mit der der Schnee im Sommer in Berührung kommt, iſt in den
Alpen ein paar Grad unter, unter dem Aequator ein paar Grad
über dem Gefrierpunkt. Angenommen, unter 28½° ſei die Tem-
peratur gleich Null, ſo ergibt ſich nach dem Geſetz der Wärme-
abnahme, auf 191 m einen Grad gerechnet, daß der Schnee in
4011 m über einer Ebene mit einer mittleren Temperatur von 21°,
wie ſie der Küſte von Tenerifa zukommt, liegen bleiben muß. Dieſe
Zahl ſtimmt faſt mit der, welche ſich bei der Annahme einer arith-
metiſchen Progreſſion ergibt. Einer der Hochgipfel der Sierra de
Nevada de Granada, der Pico de Veleta, deſſen abſolute Höhe
3470 m beträgt, iſt beſtändig mit Schnee bedeckt; da aber die untere
Grenze des Schnees nicht gemeſſen worden iſt, ſo trägt dieſer Berg,
der unter 37° 10′ der Breite liegt, zur Löſung des vorliegenden
Problemes nichts bei. Durch die Lage des Vulkanes von Tenerifa
mitten auf einer nicht großen Inſel kann die Kurve des ewigen
Schnees ſchwerlich hinaufgeſchoben werden. Wenn die Winter auf
Inſeln weniger ſtreng ſind, ſo ſind dagegen auch die Sommer
weniger heiß, und die Höhe des Schnees hängt nicht ſowohl von
der ganzen mittleren Jahrestemperatur als vielmehr von der mitt-
leren Wärme der Sommermonate ab. Auf dem Aetna beginnt der
Schnee ſchon bei 2925 m oder ſelbſt etwas tiefer, was bei einem
unter 37½° der Breite gelegenen Gipfel ziemlich auffallend er-
ſcheint. In der Nähe des Polarkreiſes, wo die Sommerhitze durch
den fortwährend aus dem Meere aufſteigenden Nebel gemildert wird,
zeigt ſich der Unterſchied zwiſchen Inſeln oder Küſten und dem
inneren Lande höchſt auffallend. Auf Island z. B. iſt auf dem
Oſterjöckull, unter 65° der Breite, die Grenze des ewigen Schnees
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[110/0126] der umgebenden Luft ihnen unüberſteigliche Grenzen ſetzen; vielmehr laſſen die verſchlackten Laven des Malpays und der 2 2 licher Breite bekannt ſind, unendlich viele Kurven ziehen laſſen, ſo kann die Beobachtung nur ſehr mangelhaft durch Rechnung ergänzt werden. Ohne es beſtimmt zu behaupten, kann man als wahr- ſcheinlich annehmen, daß unter 28° 17′ die Schneegrenze über 3700 m liegt. Vom Aequator an, wo der Schnee mit 4794 m, alſo etwa in der Höhe des Montblanc beginnt, bis zum 20. Breite- grad, alſo bis zur Grenze des heißen Erdſtriches, rückt der Schnee nur 195 m herab; läßt ſich demnach annehmen, daß 8° weiter und in einem Klima, das faſt noch durchaus als ein tropiſches er- ſcheint, der Schnee ſchon 780 m tiefer ſtehen ſollte? Selbſt voraus- geſetzt, der Schnee rückte vom 20. bis zum 45. Breitegrad in arith- metiſcher Progreſſion herab, was den Beobachtungen widerſpricht, ſo finge der ewige Schnee unter der Breite des Piks erſt bei 3995 m über der Meeresfläche an, ſomit 1072 m höher als in den Pyre- näen und in der Schweiz. Dieſes Ergebnis wird noch durch andere Betrachtungen unterſtützt. Die mittlere Temperatur der Luftſchicht, mit der der Schnee im Sommer in Berührung kommt, iſt in den Alpen ein paar Grad unter, unter dem Aequator ein paar Grad über dem Gefrierpunkt. Angenommen, unter 28½° ſei die Tem- peratur gleich Null, ſo ergibt ſich nach dem Geſetz der Wärme- abnahme, auf 191 m einen Grad gerechnet, daß der Schnee in 4011 m über einer Ebene mit einer mittleren Temperatur von 21°, wie ſie der Küſte von Tenerifa zukommt, liegen bleiben muß. Dieſe Zahl ſtimmt faſt mit der, welche ſich bei der Annahme einer arith- metiſchen Progreſſion ergibt. Einer der Hochgipfel der Sierra de Nevada de Granada, der Pico de Veleta, deſſen abſolute Höhe 3470 m beträgt, iſt beſtändig mit Schnee bedeckt; da aber die untere Grenze des Schnees nicht gemeſſen worden iſt, ſo trägt dieſer Berg, der unter 37° 10′ der Breite liegt, zur Löſung des vorliegenden Problemes nichts bei. Durch die Lage des Vulkanes von Tenerifa mitten auf einer nicht großen Inſel kann die Kurve des ewigen Schnees ſchwerlich hinaufgeſchoben werden. Wenn die Winter auf Inſeln weniger ſtreng ſind, ſo ſind dagegen auch die Sommer weniger heiß, und die Höhe des Schnees hängt nicht ſowohl von der ganzen mittleren Jahrestemperatur als vielmehr von der mitt- leren Wärme der Sommermonate ab. Auf dem Aetna beginnt der Schnee ſchon bei 2925 m oder ſelbſt etwas tiefer, was bei einem unter 37½° der Breite gelegenen Gipfel ziemlich auffallend er- ſcheint. In der Nähe des Polarkreiſes, wo die Sommerhitze durch den fortwährend aus dem Meere aufſteigenden Nebel gemildert wird, zeigt ſich der Unterſchied zwiſchen Inſeln oder Küſten und dem inneren Lande höchſt auffallend. Auf Island z. B. iſt auf dem Oſterjöckull, unter 65° der Breite, die Grenze des ewigen Schnees

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/126>, abgerufen am 22.11.2024.