Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.vorkommen; im allgemeinen aber beginnt die Vegetation in In seinem gegenwärtigen Zustand zeigt die Insel Tenerifa 1 Aus Chinerfe haben die Europäer durch Korruption Tschineriffe, Tenerifa gemacht. 2 Obgleich der Pik von Tenerifa sich nur in den Winter-
monaten mit Schnee bedeckt, könnte der Vulkan doch die seiner Breite entsprechende Schneegrenze erreichen, und wenn er Sommers ganz schneefrei ist, so könnte dies nur von der freien Lage des Berges in der weiten See, von der Häufigkeit aufsteigender sehr warmer Winde oder von der hohen Temperatur der Asche des Piton herrühren. Beim gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse lassen sich diese Zweifel nicht heben. Vom Parallel der Berge Mexikos bis zum Parallel der Pyrenäen und der Alpen, zwischen dem 20. und dem 45. Grad ist die Kurve des ewigen Schnees durch keine direkte Messung bestimmt worden, und da sich durch die wenigen Punkte, welche uns unter 0°, 20°, 45°, 62° und 71° nörd- vorkommen; im allgemeinen aber beginnt die Vegetation in In ſeinem gegenwärtigen Zuſtand zeigt die Inſel Tenerifa 1 Aus Chinerfe haben die Europäer durch Korruption Tſchineriffe, Tenerifa gemacht. 2 Obgleich der Pik von Tenerifa ſich nur in den Winter-
monaten mit Schnee bedeckt, könnte der Vulkan doch die ſeiner Breite entſprechende Schneegrenze erreichen, und wenn er Sommers ganz ſchneefrei iſt, ſo könnte dies nur von der freien Lage des Berges in der weiten See, von der Häufigkeit aufſteigender ſehr warmer Winde oder von der hohen Temperatur der Aſche des Piton herrühren. Beim gegenwärtigen Stand unſerer Kenntniſſe laſſen ſich dieſe Zweifel nicht heben. Vom Parallel der Berge Mexikos bis zum Parallel der Pyrenäen und der Alpen, zwiſchen dem 20. und dem 45. Grad iſt die Kurve des ewigen Schnees durch keine direkte Meſſung beſtimmt worden, und da ſich durch die wenigen Punkte, welche uns unter 0°, 20°, 45°, 62° und 71° nörd- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0125" n="109"/> vorkommen; im allgemeinen aber beginnt die Vegetation in<lb/> den Ländern in der Nähe der Tropen nicht mit Flechten und<lb/> Mooſen. Auf den Kanarien, wie in Guinea und an den<lb/> Felſenküſten von Peru ſind es die Saftpflanzen, die den<lb/> Grund zur Dammerde legen, Gewächſe, deren mit unzähligen<lb/> Oeffnungen und Hauptgefäßen verſehene Blätter der um-<lb/> gebenden Luft das darin aufgelöſte Waſſer entziehen. Sie<lb/> wachſen in den Ritzen des vulkaniſchen Geſteins und bil-<lb/> den gleichſam die erſte vegetabiliſche Schicht, womit ſich die<lb/> Lavaſtröme überziehen. Ueberall wo die Laven verſchlackt<lb/> ſind oder eine glänzende Oberfläche haben, wie die Baſalt-<lb/> kuppen im Norden von Lanzarote, entwickelt ſich die Vege-<lb/> tation ungemein langſam darauf, und es vergehen mehrere<lb/> Jahrhunderte, bis Buſchwerk darauf wächſt. Nur wenn die<lb/> Lava mit Tuff und Aſche bedeckt iſt, verliert ſich auf vul-<lb/> kaniſchen Eilanden die Kahlheit, die ſie in der erſten Zeit<lb/> nach ihrer Bildung auszeichnet, und ſchmücken ſie ſich mit<lb/> einer üppigen glänzenden Pflanzendecke.</p><lb/> <p>In ſeinem gegenwärtigen Zuſtand zeigt die Inſel Tenerifa<lb/> oder das <hi rendition="#g">Chinerfe</hi> <note place="foot" n="1">Aus <hi rendition="#g">Chinerfe</hi> haben die Europäer durch Korruption<lb/><hi rendition="#g">Tſchineriffe, Tenerifa</hi> gemacht.</note> der Guanchen fünf Pflanzenzonen, die<lb/> man bezeichnen kann als die Regionen der Weinreben, der<lb/> Lorbeeren, der Fichten, der Retama, der Gräſer. Dieſe Zonen<lb/> liegen am ſteilen Abhang des Piks wie Stockwerke über-<lb/> einander und haben 1462 <hi rendition="#aq">m</hi> ſenkrechte Höhe, während 15°<lb/> weiter gegen Norden in den Pyrenäen der Schnee bereits zu<lb/> 2530 bis 2725 <hi rendition="#aq">m</hi> abſoluter Höhe erreicht. Wenn auf Tenerifa<lb/> die Pflanzen nicht bis zum Gipfel des Vulkans vordringen,<lb/> ſo rührt dies nicht daher, weil ewiges Eis <note xml:id="seg2pn_5_1" next="#seg2pn_5_2" place="foot" n="2">Obgleich der Pik von Tenerifa ſich nur in den Winter-<lb/> monaten mit Schnee bedeckt, könnte der Vulkan doch die ſeiner<lb/> Breite entſprechende Schneegrenze erreichen, und wenn er Sommers<lb/> ganz ſchneefrei iſt, ſo könnte dies nur von der freien Lage des<lb/> Berges in der weiten See, von der Häufigkeit aufſteigender<lb/> ſehr warmer Winde oder von der hohen Temperatur der Aſche des<lb/> Piton herrühren. Beim gegenwärtigen Stand unſerer Kenntniſſe<lb/> laſſen ſich dieſe Zweifel nicht heben. Vom Parallel der Berge<lb/> Mexikos bis zum Parallel der Pyrenäen und der Alpen, zwiſchen<lb/> dem 20. und dem 45. Grad iſt die Kurve des ewigen Schnees<lb/> durch keine direkte Meſſung beſtimmt worden, und da ſich durch die<lb/> wenigen Punkte, welche uns unter 0°, 20°, 45°, 62° und 71° nörd-</note> und die Kälte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0125]
vorkommen; im allgemeinen aber beginnt die Vegetation in
den Ländern in der Nähe der Tropen nicht mit Flechten und
Mooſen. Auf den Kanarien, wie in Guinea und an den
Felſenküſten von Peru ſind es die Saftpflanzen, die den
Grund zur Dammerde legen, Gewächſe, deren mit unzähligen
Oeffnungen und Hauptgefäßen verſehene Blätter der um-
gebenden Luft das darin aufgelöſte Waſſer entziehen. Sie
wachſen in den Ritzen des vulkaniſchen Geſteins und bil-
den gleichſam die erſte vegetabiliſche Schicht, womit ſich die
Lavaſtröme überziehen. Ueberall wo die Laven verſchlackt
ſind oder eine glänzende Oberfläche haben, wie die Baſalt-
kuppen im Norden von Lanzarote, entwickelt ſich die Vege-
tation ungemein langſam darauf, und es vergehen mehrere
Jahrhunderte, bis Buſchwerk darauf wächſt. Nur wenn die
Lava mit Tuff und Aſche bedeckt iſt, verliert ſich auf vul-
kaniſchen Eilanden die Kahlheit, die ſie in der erſten Zeit
nach ihrer Bildung auszeichnet, und ſchmücken ſie ſich mit
einer üppigen glänzenden Pflanzendecke.
In ſeinem gegenwärtigen Zuſtand zeigt die Inſel Tenerifa
oder das Chinerfe 1 der Guanchen fünf Pflanzenzonen, die
man bezeichnen kann als die Regionen der Weinreben, der
Lorbeeren, der Fichten, der Retama, der Gräſer. Dieſe Zonen
liegen am ſteilen Abhang des Piks wie Stockwerke über-
einander und haben 1462 m ſenkrechte Höhe, während 15°
weiter gegen Norden in den Pyrenäen der Schnee bereits zu
2530 bis 2725 m abſoluter Höhe erreicht. Wenn auf Tenerifa
die Pflanzen nicht bis zum Gipfel des Vulkans vordringen,
ſo rührt dies nicht daher, weil ewiges Eis 2 und die Kälte
1 Aus Chinerfe haben die Europäer durch Korruption
Tſchineriffe, Tenerifa gemacht.
2 Obgleich der Pik von Tenerifa ſich nur in den Winter-
monaten mit Schnee bedeckt, könnte der Vulkan doch die ſeiner
Breite entſprechende Schneegrenze erreichen, und wenn er Sommers
ganz ſchneefrei iſt, ſo könnte dies nur von der freien Lage des
Berges in der weiten See, von der Häufigkeit aufſteigender
ſehr warmer Winde oder von der hohen Temperatur der Aſche des
Piton herrühren. Beim gegenwärtigen Stand unſerer Kenntniſſe
laſſen ſich dieſe Zweifel nicht heben. Vom Parallel der Berge
Mexikos bis zum Parallel der Pyrenäen und der Alpen, zwiſchen
dem 20. und dem 45. Grad iſt die Kurve des ewigen Schnees
durch keine direkte Meſſung beſtimmt worden, und da ſich durch die
wenigen Punkte, welche uns unter 0°, 20°, 45°, 62° und 71° nörd-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |