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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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oder hätten einen Ausflug nach dem Vulkan Chahorra gemacht.
Den folgenden Tag durchstreiften wir die Umgegend von
Orotava und genossen des Umgangs mit Cologans liebens-
würdiger Familie. Da fühlten wir recht, daß der Aufenthalt
auf Tenerifa nicht bloß für den Naturforscher von Interesse
ist; man findet in Orotava Liebhaber von Litteratur und
Musik, welche den Reiz europäischer Gesellschaft in diese fernen
Himmelsstriche verpflanzt haben. In dieser Beziehung haben
die Kanarischen Inseln mit den übrigen spanischen Kolonieen,
Havana ausgenommen, wenig gemein.

Am Vorabend des Johannistages wohnten wir einem
ländlichen Feste in Herrn Littles Garten bei. Dieser Han-
delsmann, der den Kanarien bei der letzten Getreideteurung
bedeutende Dienste erwiesen, hat einen mit vulkanischen Trüm-
mern bedeckten Hügel angepflanzt und an diesem köstlichen Punkt
einen englischen Garten angelegt, wo man eine herrliche Aus-
sicht auf die Pyramide des Piks, auf die Dörfer an der Küste
und die Insel Palma hat, welche die weite Meeresfläche be-
grenzt. Ich kann diese Aussicht nur mit der in den Golfen
von Neapel und Genua vergleichen, aber hinsichtlich der Groß-
artigkeit der Massen und der Fülle des Pflanzenwuchses steht
Orotava über beiden. Bei Einbruch der Nacht bot uns der
Abhang des Vulkanes auf einmal ein eigentümliches Schauspiel.
Nach einem Brauch, den ohne Zweifel die Spanier eingeführt
hatten, obgleich er an sich uralt ist, hatten die Hirten die
Johannisfeuer angezündet. Die zerstreuten Lichtmassen, die
vom Winde gejagten Rauchsäulen hoben sich an den Seiten
des Piks vom Dunkelgrün der Wälder ab. Freudengeschrei
drang aus der Ferne zu uns herüber, und schien der einzige
Laut, der die Stille der Natur an jenen einsamen Orten
unterbrach.

Die Familie Cologan besitzt ein Landhaus näher an der

länder sich der Maultiere bedient, braucht man von Orotava aus
zur Besteigung des Piks und zur Rückkehr in den Hafen 21 Stunden;
nämlich von Orotava zum Pino del Dornajito 3 Stunden, von da
zur Felsenstation 6, von da nach der Caldera 31/2. Für die Rück-
kehr rechne ich 9 Stunden. Es handelt sich dabei nur von der
Zeit, die man unterwegs zubringt, keineswegs von der, die man
auf die Untersuchung der Produkte des Piks oder zum Ausruhen
verwendet. In einem halben Tage gelangt man von Santa Cruz
de Tenerifa nach Orotava.

oder hätten einen Ausflug nach dem Vulkan Chahorra gemacht.
Den folgenden Tag durchſtreiften wir die Umgegend von
Orotava und genoſſen des Umgangs mit Cologans liebens-
würdiger Familie. Da fühlten wir recht, daß der Aufenthalt
auf Tenerifa nicht bloß für den Naturforſcher von Intereſſe
iſt; man findet in Orotava Liebhaber von Litteratur und
Muſik, welche den Reiz europäiſcher Geſellſchaft in dieſe fernen
Himmelsſtriche verpflanzt haben. In dieſer Beziehung haben
die Kanariſchen Inſeln mit den übrigen ſpaniſchen Kolonieen,
Havana ausgenommen, wenig gemein.

Am Vorabend des Johannistages wohnten wir einem
ländlichen Feſte in Herrn Littles Garten bei. Dieſer Han-
delsmann, der den Kanarien bei der letzten Getreideteurung
bedeutende Dienſte erwieſen, hat einen mit vulkaniſchen Trüm-
mern bedeckten Hügel angepflanzt und an dieſem köſtlichen Punkt
einen engliſchen Garten angelegt, wo man eine herrliche Aus-
ſicht auf die Pyramide des Piks, auf die Dörfer an der Küſte
und die Inſel Palma hat, welche die weite Meeresfläche be-
grenzt. Ich kann dieſe Ausſicht nur mit der in den Golfen
von Neapel und Genua vergleichen, aber hinſichtlich der Groß-
artigkeit der Maſſen und der Fülle des Pflanzenwuchſes ſteht
Orotava über beiden. Bei Einbruch der Nacht bot uns der
Abhang des Vulkanes auf einmal ein eigentümliches Schauſpiel.
Nach einem Brauch, den ohne Zweifel die Spanier eingeführt
hatten, obgleich er an ſich uralt iſt, hatten die Hirten die
Johannisfeuer angezündet. Die zerſtreuten Lichtmaſſen, die
vom Winde gejagten Rauchſäulen hoben ſich an den Seiten
des Piks vom Dunkelgrün der Wälder ab. Freudengeſchrei
drang aus der Ferne zu uns herüber, und ſchien der einzige
Laut, der die Stille der Natur an jenen einſamen Orten
unterbrach.

Die Familie Cologan beſitzt ein Landhaus näher an der

länder ſich der Maultiere bedient, braucht man von Orotava aus
zur Beſteigung des Piks und zur Rückkehr in den Hafen 21 Stunden;
nämlich von Orotava zum Pino del Dornajito 3 Stunden, von da
zur Felſenſtation 6, von da nach der Caldera 3½. Für die Rück-
kehr rechne ich 9 Stunden. Es handelt ſich dabei nur von der
Zeit, die man unterwegs zubringt, keineswegs von der, die man
auf die Unterſuchung der Produkte des Piks oder zum Ausruhen
verwendet. In einem halben Tage gelangt man von Santa Cruz
de Tenerifa nach Orotava.
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[99/0115] oder hätten einen Ausflug nach dem Vulkan Chahorra gemacht. Den folgenden Tag durchſtreiften wir die Umgegend von Orotava und genoſſen des Umgangs mit Cologans liebens- würdiger Familie. Da fühlten wir recht, daß der Aufenthalt auf Tenerifa nicht bloß für den Naturforſcher von Intereſſe iſt; man findet in Orotava Liebhaber von Litteratur und Muſik, welche den Reiz europäiſcher Geſellſchaft in dieſe fernen Himmelsſtriche verpflanzt haben. In dieſer Beziehung haben die Kanariſchen Inſeln mit den übrigen ſpaniſchen Kolonieen, Havana ausgenommen, wenig gemein. Am Vorabend des Johannistages wohnten wir einem ländlichen Feſte in Herrn Littles Garten bei. Dieſer Han- delsmann, der den Kanarien bei der letzten Getreideteurung bedeutende Dienſte erwieſen, hat einen mit vulkaniſchen Trüm- mern bedeckten Hügel angepflanzt und an dieſem köſtlichen Punkt einen engliſchen Garten angelegt, wo man eine herrliche Aus- ſicht auf die Pyramide des Piks, auf die Dörfer an der Küſte und die Inſel Palma hat, welche die weite Meeresfläche be- grenzt. Ich kann dieſe Ausſicht nur mit der in den Golfen von Neapel und Genua vergleichen, aber hinſichtlich der Groß- artigkeit der Maſſen und der Fülle des Pflanzenwuchſes ſteht Orotava über beiden. Bei Einbruch der Nacht bot uns der Abhang des Vulkanes auf einmal ein eigentümliches Schauſpiel. Nach einem Brauch, den ohne Zweifel die Spanier eingeführt hatten, obgleich er an ſich uralt iſt, hatten die Hirten die Johannisfeuer angezündet. Die zerſtreuten Lichtmaſſen, die vom Winde gejagten Rauchſäulen hoben ſich an den Seiten des Piks vom Dunkelgrün der Wälder ab. Freudengeſchrei drang aus der Ferne zu uns herüber, und ſchien der einzige Laut, der die Stille der Natur an jenen einſamen Orten unterbrach. Die Familie Cologan beſitzt ein Landhaus näher an der 2 2 länder ſich der Maultiere bedient, braucht man von Orotava aus zur Beſteigung des Piks und zur Rückkehr in den Hafen 21 Stunden; nämlich von Orotava zum Pino del Dornajito 3 Stunden, von da zur Felſenſtation 6, von da nach der Caldera 3½. Für die Rück- kehr rechne ich 9 Stunden. Es handelt ſich dabei nur von der Zeit, die man unterwegs zubringt, keineswegs von der, die man auf die Unterſuchung der Produkte des Piks oder zum Ausruhen verwendet. In einem halben Tage gelangt man von Santa Cruz de Tenerifa nach Orotava.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/115>, abgerufen am 22.11.2024.