Humboldt, Alexander von: Abhandlung über die dreyfache Verbindung aus Phosphor, Stickstoff und Sauerstoff, oder über das Daseyn der Phosphures dazote oxidés. In: Allgemeines Journal der Chemie, Bd. 1 (1798), S. 573-589.27. v. Humboldt über die dreyfache Verbindung man muß schließen, daß er sich darinn mit andern Stof-fen chemisch gebunden befinde. Der Phosphor löst sich in dem Stickstoffgas auf, es ist wahrscheinlich, daß ein Theil des atmosphärischen Sauerstoffs sich mit diesem Phosphure d'azote verbindet, um in den Zustand eines gasartigen Oxyds mit zweyfacher Grundlage überzugehen. Wenn man von neuem Phosphor in den Rückstand bringt, so wird er sich nicht entzünden können, da er dem Sauer- stoff in demselben Grade verwandt ist, in welchem sich der leztere bereits gebunden befindet; das Salpetergas hin- gegen zersezt das Phosphure d'azote oxide, indem es ihm seinen Sauerstoff entzieht; diese Zersetzung aber ge- schieht nur zum Theil; und fast immer sind die lezten Hunderttheile Sauerstoff so innig mit dem Stickstoff und dem Phosphor gemischt, daß ihre Absorbtion durch ein- fache Wahlverwandschaft nicht bewirkt werden zu können scheint. Wenn die Verbrennung des Phosphors sehr schnell geschieht, so wird dem Stickstoff aller Sauerstoff entzogen, ehe sich das Phosphure d'azote oxide bilden kann; unter diesen Umständen habe ich Absorbtionen von 0.20 bis 0.25 Sauerstoff beobachtet. Wenn hingegen der Phosphor nur sehr langsam verbrennt, wenn die Dämpfe der Phosphor- säure vielen Phosphor in Substanz mit sich fortreißen (von dem sie einen Theil an die Wände der Röhren absetzen), als- dann kann man sicher seyn, daß sich viel Phosphure d'azo- te bildet, und daß ein großes Volumen Sauerstoff sich mit dem lezteren verbindet. Die Absorbtion geht noch schlimmer vor sich, wenn man, anstatt ihn anzuzünden, ihn lange Zeit rauchen läßt, während welcher man von Zeit zu Zeit die Ku- gel mit kaltem Wasser erkältet. Stellt man den Versuch mit
27. v. Humboldt uͤber die dreyfache Verbindung man muß ſchließen, daß er ſich darinn mit andern Stof-fen chemiſch gebunden befinde. Der Phosphor loͤſt ſich in dem Stickſtoffgas auf, es iſt wahrſcheinlich, daß ein Theil des atmoſphaͤriſchen Sauerſtoffs ſich mit dieſem Phosphure d'azote verbindet, um in den Zuſtand eines gasartigen Oxyds mit zweyfacher Grundlage uͤberzugehen. Wenn man von neuem Phosphor in den Ruͤckſtand bringt, ſo wird er ſich nicht entzuͤnden koͤnnen, da er dem Sauer- ſtoff in demſelben Grade verwandt iſt, in welchem ſich der leztere bereits gebunden befindet; das Salpetergas hin- gegen zerſezt das Phosphure d'azote oxidé, indem es ihm ſeinen Sauerſtoff entzieht; dieſe Zerſetzung aber ge- ſchieht nur zum Theil; und faſt immer ſind die lezten Hunderttheile Sauerſtoff ſo innig mit dem Stickſtoff und dem Phosphor gemiſcht, daß ihre Abſorbtion durch ein- fache Wahlverwandſchaft nicht bewirkt werden zu koͤnnen ſcheint. Wenn die Verbrennung des Phosphors ſehr ſchnell geſchieht, ſo wird dem Stickſtoff aller Sauerſtoff entzogen, ehe ſich das Phosphure d'azote oxidé bilden kann; unter dieſen Umſtaͤnden habe ich Abſorbtionen von 0.20 bis 0.25 Sauerſtoff beobachtet. Wenn hingegen der Phosphor nur ſehr langſam verbrennt, wenn die Daͤmpfe der Phosphor- ſaͤure vielen Phosphor in Subſtanz mit ſich fortreißen (von dem ſie einen Theil an die Waͤnde der Roͤhren abſetzen), als- dann kann man ſicher ſeyn, daß ſich viel Phosphure d'azo- te bildet, und daß ein großes Volumen Sauerſtoff ſich mit dem lezteren verbindet. Die Abſorbtion geht noch ſchlimmer vor ſich, wenn man, anſtatt ihn anzuzuͤnden, ihn lange Zeit rauchen laͤßt, waͤhrend welcher man von Zeit zu Zeit die Ku- gel mit kaltem Waſſer erkaͤltet. Stellt man den Verſuch mit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="586"/><fw place="top" type="header">27. v. Humboldt uͤber die dreyfache Verbindung</fw><lb/> man muß ſchließen, daß er ſich darinn mit andern Stof-<lb/> fen chemiſch gebunden befinde. Der Phosphor loͤſt ſich<lb/> in dem Stickſtoffgas auf, es iſt wahrſcheinlich, daß ein<lb/> Theil des atmoſphaͤriſchen Sauerſtoffs ſich mit dieſem<lb/><hi rendition="#aq">Phosphure d'azote</hi> verbindet, um in den Zuſtand eines<lb/> gasartigen Oxyds mit zweyfacher Grundlage uͤberzugehen.<lb/> Wenn man von neuem Phosphor in den Ruͤckſtand bringt,<lb/> ſo wird er ſich nicht entzuͤnden koͤnnen, da er dem Sauer-<lb/> ſtoff in demſelben Grade verwandt iſt, in welchem ſich<lb/> der leztere bereits gebunden befindet; das Salpetergas hin-<lb/> gegen zerſezt das <hi rendition="#aq">Phosphure d'azote oxidé,</hi> indem es<lb/> ihm ſeinen Sauerſtoff entzieht; dieſe Zerſetzung aber ge-<lb/> ſchieht nur <hi rendition="#g">zum Theil</hi>; und faſt immer ſind die lezten<lb/> Hunderttheile Sauerſtoff ſo innig mit dem Stickſtoff und<lb/> dem Phosphor gemiſcht, daß ihre Abſorbtion durch ein-<lb/> fache Wahlverwandſchaft nicht bewirkt werden zu koͤnnen<lb/> ſcheint. Wenn die Verbrennung des Phosphors ſehr ſchnell<lb/> geſchieht, ſo wird dem Stickſtoff aller Sauerſtoff entzogen,<lb/> ehe ſich das <hi rendition="#aq">Phosphure d'azote oxidé</hi> bilden kann; unter<lb/> dieſen Umſtaͤnden habe ich Abſorbtionen von 0.20 bis<lb/> 0.25 Sauerſtoff beobachtet. Wenn hingegen der Phosphor<lb/> nur ſehr langſam verbrennt, wenn die Daͤmpfe der Phosphor-<lb/> ſaͤure vielen Phosphor in Subſtanz mit ſich fortreißen (von<lb/> dem ſie einen Theil an die Waͤnde der Roͤhren abſetzen), als-<lb/> dann kann man ſicher ſeyn, daß ſich viel <hi rendition="#aq">Phosphure d'azo-<lb/> te</hi> bildet, und daß ein großes Volumen Sauerſtoff ſich mit<lb/> dem lezteren verbindet. Die Abſorbtion geht noch ſchlimmer<lb/> vor ſich, wenn man, anſtatt ihn anzuzuͤnden, ihn lange Zeit<lb/> rauchen laͤßt, waͤhrend welcher man von Zeit zu Zeit die Ku-<lb/> gel mit kaltem Waſſer erkaͤltet. Stellt man den Verſuch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [586/0015]
27. v. Humboldt uͤber die dreyfache Verbindung
man muß ſchließen, daß er ſich darinn mit andern Stof-
fen chemiſch gebunden befinde. Der Phosphor loͤſt ſich
in dem Stickſtoffgas auf, es iſt wahrſcheinlich, daß ein
Theil des atmoſphaͤriſchen Sauerſtoffs ſich mit dieſem
Phosphure d'azote verbindet, um in den Zuſtand eines
gasartigen Oxyds mit zweyfacher Grundlage uͤberzugehen.
Wenn man von neuem Phosphor in den Ruͤckſtand bringt,
ſo wird er ſich nicht entzuͤnden koͤnnen, da er dem Sauer-
ſtoff in demſelben Grade verwandt iſt, in welchem ſich
der leztere bereits gebunden befindet; das Salpetergas hin-
gegen zerſezt das Phosphure d'azote oxidé, indem es
ihm ſeinen Sauerſtoff entzieht; dieſe Zerſetzung aber ge-
ſchieht nur zum Theil; und faſt immer ſind die lezten
Hunderttheile Sauerſtoff ſo innig mit dem Stickſtoff und
dem Phosphor gemiſcht, daß ihre Abſorbtion durch ein-
fache Wahlverwandſchaft nicht bewirkt werden zu koͤnnen
ſcheint. Wenn die Verbrennung des Phosphors ſehr ſchnell
geſchieht, ſo wird dem Stickſtoff aller Sauerſtoff entzogen,
ehe ſich das Phosphure d'azote oxidé bilden kann; unter
dieſen Umſtaͤnden habe ich Abſorbtionen von 0.20 bis
0.25 Sauerſtoff beobachtet. Wenn hingegen der Phosphor
nur ſehr langſam verbrennt, wenn die Daͤmpfe der Phosphor-
ſaͤure vielen Phosphor in Subſtanz mit ſich fortreißen (von
dem ſie einen Theil an die Waͤnde der Roͤhren abſetzen), als-
dann kann man ſicher ſeyn, daß ſich viel Phosphure d'azo-
te bildet, und daß ein großes Volumen Sauerſtoff ſich mit
dem lezteren verbindet. Die Abſorbtion geht noch ſchlimmer
vor ſich, wenn man, anſtatt ihn anzuzuͤnden, ihn lange Zeit
rauchen laͤßt, waͤhrend welcher man von Zeit zu Zeit die Ku-
gel mit kaltem Waſſer erkaͤltet. Stellt man den Verſuch
mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |