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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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Theil I. bis Justinian.
keine Klagen waren, actiones heißen. Eben
so waren die actiones Hostilianae bey Cic.
de Or. I.
57. Formulare zu Testamenten.
Ernesti hat dies in der clau. Cic. bemerkt,
aber nicht benutzt. Beydes ist sehr oft sein
Fall.
§. 77.

Merkwürdiger als das erste Buch über
Civilrecht ist vielleicht die Veränderung um
500, da zuerst ein Plebejer, der also keine
eigentlichen Clienten hatte, der aber Consul
und siegreicher Feldherr gewesen war, Tib.
Coruncanius
anfing, jedem seiner Mitbürger
Belehrungen über Rechtssachen zu geben
(publice jus professus est). Natürlich ließ
dieser Plebejer leichter andere Plebejer, die
sich bilden wollten, zuhören, als die Aristo-
craten vorher gethan hatten, und natürlich
brauchte auch nicht mehr jeder Plebejer einen
Patron aus den Aristocraten, weil man eben
so leicht und eben so nützlich an jeden Juris-
consultus
sich wenden konnte, da diese an
öffentlichen Orten (in transverso foro ambu-
lantes
) oder zu Hause (in solio sedentes) im-
mer sehr gerne sich fragen ließen, um sich da-
durch fast eben so viele Glieder des Souverains
verbindlich zu machen, als wenn sie im Krie-
ge, oder als Redner sich hervorthaten. Für
Rechtspflege und Rechtsgelehrsamkeit hatte
dies die glücklichsten Folgen, und es ist einer

der
Theil I. bis Juſtinian.
keine Klagen waren, actiones heißen. Eben
ſo waren die actiones Hoſtilianae bey Cic.
de Or. I.
57. Formulare zu Teſtamenten.
Erneſti hat dies in der clau. Cic. bemerkt,
aber nicht benutzt. Beydes iſt ſehr oft ſein
Fall.
§. 77.

Merkwuͤrdiger als das erſte Buch uͤber
Civilrecht iſt vielleicht die Veraͤnderung um
500, da zuerſt ein Plebejer, der alſo keine
eigentlichen Clienten hatte, der aber Conſul
und ſiegreicher Feldherr geweſen war, Tib.
Coruncanius
anfing, jedem ſeiner Mitbuͤrger
Belehrungen uͤber Rechtsſachen zu geben
(publice jus profeſſus eſt). Natuͤrlich ließ
dieſer Plebejer leichter andere Plebejer, die
ſich bilden wollten, zuhoͤren, als die Ariſto-
craten vorher gethan hatten, und natuͤrlich
brauchte auch nicht mehr jeder Plebejer einen
Patron aus den Ariſtocraten, weil man eben
ſo leicht und eben ſo nuͤtzlich an jeden Juris-
conſultus
ſich wenden konnte, da dieſe an
oͤffentlichen Orten (in transverſo foro ambu-
lantes
) oder zu Hauſe (in ſolio ſedentes) im-
mer ſehr gerne ſich fragen ließen, um ſich da-
durch faſt eben ſo viele Glieder des Souverains
verbindlich zu machen, als wenn ſie im Krie-
ge, oder als Redner ſich hervorthaten. Fuͤr
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[80/0092] Theil I. bis Juſtinian. ** keine Klagen waren, actiones heißen. Eben ſo waren die actiones Hoſtilianae bey Cic. de Or. I. 57. Formulare zu Teſtamenten. Erneſti hat dies in der clau. Cic. bemerkt, aber nicht benutzt. Beydes iſt ſehr oft ſein Fall. §. 77. Merkwuͤrdiger als das erſte Buch uͤber Civilrecht iſt vielleicht die Veraͤnderung um 500, da zuerſt ein Plebejer, der alſo keine eigentlichen Clienten hatte, der aber Conſul und ſiegreicher Feldherr geweſen war, Tib. Coruncanius anfing, jedem ſeiner Mitbuͤrger Belehrungen uͤber Rechtsſachen zu geben (publice jus profeſſus eſt). Natuͤrlich ließ dieſer Plebejer leichter andere Plebejer, die ſich bilden wollten, zuhoͤren, als die Ariſto- craten vorher gethan hatten, und natuͤrlich brauchte auch nicht mehr jeder Plebejer einen Patron aus den Ariſtocraten, weil man eben ſo leicht und eben ſo nuͤtzlich an jeden Juris- conſultus ſich wenden konnte, da dieſe an oͤffentlichen Orten (in transverſo foro ambu- lantes) oder zu Hauſe (in ſolio ſedentes) im- mer ſehr gerne ſich fragen ließen, um ſich da- durch faſt eben ſo viele Glieder des Souverains verbindlich zu machen, als wenn ſie im Krie- ge, oder als Redner ſich hervorthaten. Fuͤr Rechtspflege und Rechtsgelehrſamkeit hatte dies die gluͤcklichſten Folgen, und es iſt einer der

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/92>, abgerufen am 24.11.2024.