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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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Periode 2. Quellen.
§. 56.

Dies find nicht die Ideen der Leute, wel-
che zum Grundsatze in der ganzen Rechtswis-
senschaft annehmen, man müsse nicht nur nie
gegen förmliche Vefehle und Verordnungen,
sondern auch immer nach ihnen entscheiden,
höchstens könne noch das Natur-Recht aus-
helfen, weil dies Verordnungen Gottes ent-
halte, die sich zu den Gesetzen jedes einzelen
Staats verhalten, wie Reichsgesetze zu Lan-
desgesetzen. Da sie sahen, daß im prätori-
schen Rechte nicht blos Lexe und allgemeines
Naturrecht enthalten sey, und da sie wissen,
daß der Prätor nicht das Recht hatte, Grund-
Regierungs- und Strafgesetze zu machen, so
bleibt ihnen kein anderer Ausweg als alle
Prätoren für meyneidige Betrüger a), und
alle Nicht-Prätoren, auch die, welche selbst
es gewesen waren, und auch die Rechtsgelehr-
ten, für die einfältigsten Kinder zu halten,
die man glauben machen konnte was man
wollte, sobald man der Sache einen neuen
Nahmen gab, oder eine Fiction brauchte,
oder mit Exceptionen und Restitutionen sie
blendete. Noch scharfsinnigere Köpfe bemer-
ken, daß eigentlich nur die Plebejer betrogen
wurden, obgleich die 30 ersten, also die ein-
zigen blos patricischen, Prätoren schwerlich
schon ein edictum ordinarium gehabt haben,

und
D 2
Periode 2. Quellen.
§. 56.

Dies find nicht die Ideen der Leute, wel-
che zum Grundſatze in der ganzen Rechtswiſ-
ſenſchaft annehmen, man muͤſſe nicht nur nie
gegen foͤrmliche Vefehle und Verordnungen,
ſondern auch immer nach ihnen entſcheiden,
hoͤchſtens koͤnne noch das Natur-Recht aus-
helfen, weil dies Verordnungen Gottes ent-
halte, die ſich zu den Geſetzen jedes einzelen
Staats verhalten, wie Reichsgeſetze zu Lan-
desgeſetzen. Da ſie ſahen, daß im praͤtori-
ſchen Rechte nicht blos Lexe und allgemeines
Naturrecht enthalten ſey, und da ſie wiſſen,
daß der Praͤtor nicht das Recht hatte, Grund-
Regierungs- und Strafgeſetze zu machen, ſo
bleibt ihnen kein anderer Ausweg als alle
Praͤtoren fuͤr meyneidige Betruͤger a), und
alle Nicht-Praͤtoren, auch die, welche ſelbſt
es geweſen waren, und auch die Rechtsgelehr-
ten, fuͤr die einfaͤltigſten Kinder zu halten,
die man glauben machen konnte was man
wollte, ſobald man der Sache einen neuen
Nahmen gab, oder eine Fiction brauchte,
oder mit Exceptionen und Reſtitutionen ſie
blendete. Noch ſcharfſinnigere Koͤpfe bemer-
ken, daß eigentlich nur die Plebejer betrogen
wurden, obgleich die 30 erſten, alſo die ein-
zigen blos patriciſchen, Praͤtoren ſchwerlich
ſchon ein edictum ordinarium gehabt haben,

und
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[51/0063] Periode 2. Quellen. §. 56. Dies find nicht die Ideen der Leute, wel- che zum Grundſatze in der ganzen Rechtswiſ- ſenſchaft annehmen, man muͤſſe nicht nur nie gegen foͤrmliche Vefehle und Verordnungen, ſondern auch immer nach ihnen entſcheiden, hoͤchſtens koͤnne noch das Natur-Recht aus- helfen, weil dies Verordnungen Gottes ent- halte, die ſich zu den Geſetzen jedes einzelen Staats verhalten, wie Reichsgeſetze zu Lan- desgeſetzen. Da ſie ſahen, daß im praͤtori- ſchen Rechte nicht blos Lexe und allgemeines Naturrecht enthalten ſey, und da ſie wiſſen, daß der Praͤtor nicht das Recht hatte, Grund- Regierungs- und Strafgeſetze zu machen, ſo bleibt ihnen kein anderer Ausweg als alle Praͤtoren fuͤr meyneidige Betruͤger a), und alle Nicht-Praͤtoren, auch die, welche ſelbſt es geweſen waren, und auch die Rechtsgelehr- ten, fuͤr die einfaͤltigſten Kinder zu halten, die man glauben machen konnte was man wollte, ſobald man der Sache einen neuen Nahmen gab, oder eine Fiction brauchte, oder mit Exceptionen und Reſtitutionen ſie blendete. Noch ſcharfſinnigere Koͤpfe bemer- ken, daß eigentlich nur die Plebejer betrogen wurden, obgleich die 30 erſten, alſo die ein- zigen blos patriciſchen, Praͤtoren ſchwerlich ſchon ein edictum ordinarium gehabt haben, und D 2

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/63>, abgerufen am 22.11.2024.