familiae erciscundae. Wer das Meiste er- hielt mußte auch die gottesdienstlichen Gebräu- che übernehmen, die der Verstorbene beobach- tet hatte.
§. 36.
C. Proceß.
Es ist schon oben erinnert worden, daß bey eben dem Manne, der auf ein Jahr lang gewählt worden war, um die Armee zu füh- ren, und das Oberhaupt des ganzen Staates zu seyn, auch die Streitigkeiten aus dem Pri- vatrechte angebracht werden mußten. Das Römische Recht kennt, schon in diesen Zeiten, die Selbsthülfe so wenig, als möglich. Ge- gen diesen Satz beweißt es gar nichts, daß jeder Kläger den Beklagten auffordern durf- te, mit ihm vor den Regenten (in jus) zu gehen, und daß er ihn im Weigerungs-Falle, mit dem Beystande oder in Gegenwart ande- rer Glieder der gesetzgebenden Gewalt, sogar dazu zwingen konnte, ohne erst eine einseitige Anzeige davon gemacht, und dadurch einen Befehl erhalten zu haben. Der Staat war noch klein und die Schreibkunst selten, also persönliches Erscheinen fast unumgänglich nö- thig, oder wenigstens nicht lästig. Der Con- sul entschied den Besitz bis zu Austrag der Sache (vindicias dabat) bey Realklagen und
bey
Periode 1. Syſtem.
familiae erciſcundae. Wer das Meiſte er- hielt mußte auch die gottesdienſtlichen Gebraͤu- che uͤbernehmen, die der Verſtorbene beobach- tet hatte.
§. 36.
C. Proceß.
Es iſt ſchon oben erinnert worden, daß bey eben dem Manne, der auf ein Jahr lang gewaͤhlt worden war, um die Armee zu fuͤh- ren, und das Oberhaupt des ganzen Staates zu ſeyn, auch die Streitigkeiten aus dem Pri- vatrechte angebracht werden mußten. Das Roͤmiſche Recht kennt, ſchon in dieſen Zeiten, die Selbſthuͤlfe ſo wenig, als moͤglich. Ge- gen dieſen Satz beweißt es gar nichts, daß jeder Klaͤger den Beklagten auffordern durf- te, mit ihm vor den Regenten (in jus) zu gehen, und daß er ihn im Weigerungs-Falle, mit dem Beyſtande oder in Gegenwart ande- rer Glieder der geſetzgebenden Gewalt, ſogar dazu zwingen konnte, ohne erſt eine einſeitige Anzeige davon gemacht, und dadurch einen Befehl erhalten zu haben. Der Staat war noch klein und die Schreibkunſt ſelten, alſo perſoͤnliches Erſcheinen faſt unumgaͤnglich noͤ- thig, oder wenigſtens nicht laͤſtig. Der Con- ſul entſchied den Beſitz bis zu Austrag der Sache (vindicias dabat) bey Realklagen und
bey
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Periode 1. Syſtem.
familiae erciſcundae. Wer das Meiſte er-
hielt mußte auch die gottesdienſtlichen Gebraͤu-
che uͤbernehmen, die der Verſtorbene beobach-
tet hatte.
§. 36.
C. Proceß.
Es iſt ſchon oben erinnert worden, daß
bey eben dem Manne, der auf ein Jahr lang
gewaͤhlt worden war, um die Armee zu fuͤh-
ren, und das Oberhaupt des ganzen Staates
zu ſeyn, auch die Streitigkeiten aus dem Pri-
vatrechte angebracht werden mußten. Das
Roͤmiſche Recht kennt, ſchon in dieſen Zeiten,
die Selbſthuͤlfe ſo wenig, als moͤglich. Ge-
gen dieſen Satz beweißt es gar nichts, daß
jeder Klaͤger den Beklagten auffordern durf-
te, mit ihm vor den Regenten (in jus) zu
gehen, und daß er ihn im Weigerungs-Falle,
mit dem Beyſtande oder in Gegenwart ande-
rer Glieder der geſetzgebenden Gewalt, ſogar
dazu zwingen konnte, ohne erſt eine einſeitige
Anzeige davon gemacht, und dadurch einen
Befehl erhalten zu haben. Der Staat war
noch klein und die Schreibkunſt ſelten, alſo
perſoͤnliches Erſcheinen faſt unumgaͤnglich noͤ-
thig, oder wenigſtens nicht laͤſtig. Der Con-
ſul entſchied den Beſitz bis zu Austrag der
Sache (vindicias dabat) bey Realklagen und
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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/41>, abgerufen am 22.07.2024.
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