PandectenCompendium geschrieben hätte, nicht nur wegen seiner andern Schriften, als der gelehrteste Canonist unter den Protestan- ten, sondern auch wegen seiner Söhne un- vergeßlich seyn, von welchen hier aber nur Samuel Friedrich von Böhmer, der classische Schriftsteller im peinlichen Rechte, angeführt werden kann.
§. 201.
Es verdient eine eigene Untersuchung, warum Augustin von Leyser so berühmt ge- worden ist. Gewiß nicht durch seine juristi- sche Orthodoxie, denn so verwegen hat wohl noch niemand den Vorurtheilen oder den bes- sern Einsichten seines Zeitalters Hohn ge- sprochen, als er; auch nicht durch seine Schü- ler, denn wer den ganzen juristischen Cursus von 11/2 Jahren bey ihm machte, der hatte von dem alten Rechte gar nichts gehört; viel- leicht eher dadurch, daß er so viele Anecdo- ten und so wenig civilistische Gelehrsamkeit hat, daß er sich über alle Theile der Juris- prudenz verbreitet, und daß der Index von Jenichen so vollständig ist. Glafey, Knor- re, Engau, und Wahl haben seinen Ruhm lange nicht erworben, aber Sam. v. Coc- ceji ward Preußischer Großkanzler, wenig- stens so lange er lebte mußten seine Controver-
sen
Q 3
bis auf unſere Zeiten.
PandectenCompendium geſchrieben haͤtte, nicht nur wegen ſeiner andern Schriften, als der gelehrteſte Canoniſt unter den Proteſtan- ten, ſondern auch wegen ſeiner Soͤhne un- vergeßlich ſeyn, von welchen hier aber nur Samuel Friedrich von Boͤhmer, der claſſiſche Schriftſteller im peinlichen Rechte, angefuͤhrt werden kann.
§. 201.
Es verdient eine eigene Unterſuchung, warum Auguſtin von Leyſer ſo beruͤhmt ge- worden iſt. Gewiß nicht durch ſeine juriſti- ſche Orthodoxie, denn ſo verwegen hat wohl noch niemand den Vorurtheilen oder den beſ- ſern Einſichten ſeines Zeitalters Hohn ge- ſprochen, als er; auch nicht durch ſeine Schuͤ- ler, denn wer den ganzen juriſtiſchen Curſus von 1½ Jahren bey ihm machte, der hatte von dem alten Rechte gar nichts gehoͤrt; viel- leicht eher dadurch, daß er ſo viele Anecdo- ten und ſo wenig civiliſtiſche Gelehrſamkeit hat, daß er ſich uͤber alle Theile der Juris- prudenz verbreitet, und daß der Index von Jenichen ſo vollſtaͤndig iſt. Glafey, Knor- re, Engau, und Wahl haben ſeinen Ruhm lange nicht erworben, aber Sam. v. Coc- ceji ward Preußiſcher Großkanzler, wenig- ſtens ſo lange er lebte mußten ſeine Controver-
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bis auf unſere Zeiten.
PandectenCompendium geſchrieben haͤtte,
nicht nur wegen ſeiner andern Schriften, als
der gelehrteſte Canoniſt unter den Proteſtan-
ten, ſondern auch wegen ſeiner Soͤhne un-
vergeßlich ſeyn, von welchen hier aber nur
Samuel Friedrich von Boͤhmer, der
claſſiſche Schriftſteller im peinlichen Rechte,
angefuͤhrt werden kann.
§. 201.
Es verdient eine eigene Unterſuchung,
warum Auguſtin von Leyſer ſo beruͤhmt ge-
worden iſt. Gewiß nicht durch ſeine juriſti-
ſche Orthodoxie, denn ſo verwegen hat wohl
noch niemand den Vorurtheilen oder den beſ-
ſern Einſichten ſeines Zeitalters Hohn ge-
ſprochen, als er; auch nicht durch ſeine Schuͤ-
ler, denn wer den ganzen juriſtiſchen Curſus
von 1½ Jahren bey ihm machte, der hatte
von dem alten Rechte gar nichts gehoͤrt; viel-
leicht eher dadurch, daß er ſo viele Anecdo-
ten und ſo wenig civiliſtiſche Gelehrſamkeit
hat, daß er ſich uͤber alle Theile der Juris-
prudenz verbreitet, und daß der Index von
Jenichen ſo vollſtaͤndig iſt. Glafey, Knor-
re, Engau, und Wahl haben ſeinen Ruhm
lange nicht erworben, aber Sam. v. Coc-
ceji ward Preußiſcher Großkanzler, wenig-
ſtens ſo lange er lebte mußten ſeine Controver-
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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/257>, abgerufen am 16.02.2025.
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