nicht zu Hause sind, seid ihr dennoch beruhiget? Warum denn nicht nachfragen, nachschauen wo sie etwa seien, in welcher Gesellschaft, mit wem sie etwa bis in die Nähe des Hauses kommen?
"Ich frage sie jedesmal entweder am Abend oder doch am Morgen, wenn ich etwa bei ihrer Heimkehr schon schlafe?" Gut, aber wie viel Mal wirst du angelogen werden?
Sagten etwa Maria und Joseph auch: "Wir wollen warten bis er kommt und ihn dann fragen, wo er gewesen sei. Er ist ja die Heiligkeit selbst, und kann nicht verführt werden; er ist die Allmacht selbst und es kann ihm kein Leid widerfahren; er ist die Wahrheit selbst und wird uns auch die Wahrheit sagen." Nein, nein, nichts von all' dem; sondern nach Jerusalem geht die Reise zurück.
Aber deine Söhne? deine Töchter? Sie sind nicht die Heiligkeit, sondern voll der gefährlichsten Leidenschaften; nicht die Allmacht, sondern die Schwäche. Oder wenn euer Kind unglücklich wird, entschuldiget ihr seinen Fall nicht mit der Schwäche, mit einem schwachen Augenblicke, mit dem Bei- spiele Anderer, die auch gesündigt haben? Aber ist das nicht gerade euere Verurtheilung? Denn, obwohl ihr also die Gefahren kennet, wollet ihr dennoch nicht nachschauen, nicht nachfragen, nicht suchen, nicht wachen. "Aber meine Kinder sind ja meistens zu Hause." So lange sie noch klein, mag die Sorge nicht so groß sein; aber wenn sie einmal größer geworden? Sind sie allein zu Haus? - Schauet ihr bei Nacht auch hie und da nach, ob sie noch zu Hause sind? Ob sie allein sind? - In dieser Beziehung gibt der hl. Geist schon im Buche Sirach Winke und Belehrung. Zuerst mahnt er, eine Tochter, welche nicht eingezogen ist, besonders bei Nacht in strenger Hut zu halten; dann spricht er ganz allgemein, "eine Tochter
nicht zu Hause sind, seid ihr dennoch beruhiget? Warum denn nicht nachfragen, nachschauen wo sie etwa seien, in welcher Gesellschaft, mit wem sie etwa bis in die Nähe des Hauses kommen?
„Ich frage sie jedesmal entweder am Abend oder doch am Morgen, wenn ich etwa bei ihrer Heimkehr schon schlafe?“ Gut, aber wie viel Mal wirst du angelogen werden?
Sagten etwa Maria und Joseph auch: „Wir wollen warten bis er kommt und ihn dann fragen, wo er gewesen sei. Er ist ja die Heiligkeit selbst, und kann nicht verführt werden; er ist die Allmacht selbst und es kann ihm kein Leid widerfahren; er ist die Wahrheit selbst und wird uns auch die Wahrheit sagen.“ Nein, nein, nichts von all' dem; sondern nach Jerusalem geht die Reise zurück.
Aber deine Söhne? deine Töchter? Sie sind nicht die Heiligkeit, sondern voll der gefährlichsten Leidenschaften; nicht die Allmacht, sondern die Schwäche. Oder wenn euer Kind unglücklich wird, entschuldiget ihr seinen Fall nicht mit der Schwäche, mit einem schwachen Augenblicke, mit dem Bei- spiele Anderer, die auch gesündigt haben? Aber ist das nicht gerade euere Verurtheilung? Denn, obwohl ihr also die Gefahren kennet, wollet ihr dennoch nicht nachschauen, nicht nachfragen, nicht suchen, nicht wachen. „Aber meine Kinder sind ja meistens zu Hause.“ So lange sie noch klein, mag die Sorge nicht so groß sein; aber wenn sie einmal größer geworden? Sind sie allein zu Haus? – Schauet ihr bei Nacht auch hie und da nach, ob sie noch zu Hause sind? Ob sie allein sind? – In dieser Beziehung gibt der hl. Geist schon im Buche Sirach Winke und Belehrung. Zuerst mahnt er, eine Tochter, welche nicht eingezogen ist, besonders bei Nacht in strenger Hut zu halten; dann spricht er ganz allgemein, „eine Tochter
<TEI><text><body><divn="7"><p><pbfacs="#f0071"xml:id="H891_001_1896_pb0059_0001"n="59"/>
nicht zu Hause sind, seid ihr dennoch beruhiget? Warum<lb/>
denn nicht nachfragen, nachschauen wo sie etwa seien, in<lb/>
welcher Gesellschaft, mit wem sie etwa bis in die Nähe<lb/>
des Hauses kommen?</p><p><q>„Ich frage sie jedesmal entweder am Abend oder<lb/>
doch am Morgen, wenn ich etwa bei ihrer Heimkehr schon<lb/>
schlafe?“</q> Gut, aber wie viel Mal wirst du angelogen<lb/>
werden?</p><p>Sagten etwa Maria und Joseph auch: <q>„Wir wollen<lb/>
warten bis er kommt und ihn dann fragen, wo er gewesen<lb/>
sei. Er ist ja die Heiligkeit selbst, und kann nicht<lb/>
verführt werden; er ist die Allmacht selbst und es kann<lb/>
ihm kein Leid widerfahren; er ist die Wahrheit selbst und<lb/>
wird uns auch die Wahrheit sagen.“</q> Nein, nein, nichts<lb/>
von all' dem; sondern nach Jerusalem geht die Reise<lb/>
zurück.</p><p>Aber deine Söhne? deine Töchter? Sie sind nicht die<lb/>
Heiligkeit, sondern voll der gefährlichsten Leidenschaften; nicht<lb/>
die Allmacht, sondern die Schwäche. Oder wenn euer Kind<lb/>
unglücklich wird, entschuldiget ihr seinen Fall nicht mit der<lb/>
Schwäche, mit einem schwachen Augenblicke, mit dem Bei-<lb/>
spiele Anderer, die auch gesündigt haben? Aber ist das<lb/>
nicht gerade euere Verurtheilung? Denn, obwohl ihr also<lb/>
die Gefahren kennet, wollet ihr dennoch nicht nachschauen,<lb/>
nicht nachfragen, nicht suchen, nicht wachen. <q>„Aber meine<lb/>
Kinder sind ja meistens zu Hause.“</q> So lange sie noch<lb/>
klein, mag die Sorge nicht so groß sein; aber wenn sie<lb/>
einmal größer geworden? Sind sie <hirendition="#g">allein</hi> zu Haus?<lb/>– Schauet ihr bei Nacht auch hie und da nach, ob sie<lb/>
noch zu Hause sind? Ob sie allein sind? – In dieser<lb/>
Beziehung gibt der hl. Geist schon im Buche Sirach<lb/>
Winke und Belehrung. Zuerst mahnt er, eine Tochter, welche<lb/>
nicht eingezogen ist, besonders bei Nacht in strenger Hut<lb/>
zu halten; dann spricht er ganz allgemein, <q>„eine Tochter<lb/></q></p></div></body></text></TEI>
[59/0071]
nicht zu Hause sind, seid ihr dennoch beruhiget? Warum
denn nicht nachfragen, nachschauen wo sie etwa seien, in
welcher Gesellschaft, mit wem sie etwa bis in die Nähe
des Hauses kommen?
„Ich frage sie jedesmal entweder am Abend oder
doch am Morgen, wenn ich etwa bei ihrer Heimkehr schon
schlafe?“ Gut, aber wie viel Mal wirst du angelogen
werden?
Sagten etwa Maria und Joseph auch: „Wir wollen
warten bis er kommt und ihn dann fragen, wo er gewesen
sei. Er ist ja die Heiligkeit selbst, und kann nicht
verführt werden; er ist die Allmacht selbst und es kann
ihm kein Leid widerfahren; er ist die Wahrheit selbst und
wird uns auch die Wahrheit sagen.“ Nein, nein, nichts
von all' dem; sondern nach Jerusalem geht die Reise
zurück.
Aber deine Söhne? deine Töchter? Sie sind nicht die
Heiligkeit, sondern voll der gefährlichsten Leidenschaften; nicht
die Allmacht, sondern die Schwäche. Oder wenn euer Kind
unglücklich wird, entschuldiget ihr seinen Fall nicht mit der
Schwäche, mit einem schwachen Augenblicke, mit dem Bei-
spiele Anderer, die auch gesündigt haben? Aber ist das
nicht gerade euere Verurtheilung? Denn, obwohl ihr also
die Gefahren kennet, wollet ihr dennoch nicht nachschauen,
nicht nachfragen, nicht suchen, nicht wachen. „Aber meine
Kinder sind ja meistens zu Hause.“ So lange sie noch
klein, mag die Sorge nicht so groß sein; aber wenn sie
einmal größer geworden? Sind sie allein zu Haus?
– Schauet ihr bei Nacht auch hie und da nach, ob sie
noch zu Hause sind? Ob sie allein sind? – In dieser
Beziehung gibt der hl. Geist schon im Buche Sirach
Winke und Belehrung. Zuerst mahnt er, eine Tochter, welche
nicht eingezogen ist, besonders bei Nacht in strenger Hut
zu halten; dann spricht er ganz allgemein, „eine Tochter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/71>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.