ausbezahlt, so ladet der himmlische Vater alle Menschen ein, ihm zu dienen, um am Abende dieses Leben das Himmelreich als Lohn zu erhalten. Wenn nun auch Alle Gott dienen sollen, so doch nicht Alle auf dieselbe Art und Weise; denn Gott beruft den Einen zu diesem, den Andern zu jenem Stande. Wenn der Knabe zum Jüngling, das Mädchen zur Jungfrau herangewachsen so ergeht an sie der Ruf Gottes: "Tritt in diesen Stand, erfülle dessen Pflichten nach meinen Geboten und ich will dir geben, was billig ist." So können Geschwister nicht immer im Vaterhaus bleiben; welche aber der Raum trennt, soll die Liebe vereinen.
Ihr wisset nun selbst, mit welchem Leichtsinne so viele in Sachen der Standeswahl oft vorangehen und so ihr zeitliches und ewiges Heil auf's Spiel setzen. Daher will ich einmal über Stand und Beruf, über die Standeswahl und deren Wichtigkeit, über die Art und Weise, eine richtige Standeswahl zu treffen, die noth- wendigsten Wahrheiten entwickeln. Heute beantworte ich folgende Fragen: Was versteht man unter Stand, was unter Beruf, welche Wichtigkeit hat die Standeswahl?
Was versteht man also unter Stand? Stand be- zeichnet, wie schon das Wort andeutet, ein stehendes, dauerndes Verhältniß, in welchem der einzelne Mensch der Gesellschaft gegenüber sich befindet. Die Standeswahl setzt den jungen Menschen wie einen jungen Baum in ein bestimmtes Erdreich, damit er dort bleibe und Früchte trage für diese Welt und die Ewigkeit. Allerdings ist der Mensch nicht wie der Baum an eine bestimmte Stelle gebunden, sondern er darf in manchen Fällen seinen Stand ganz ändern, obwohl dies selten zu seinem Heile gereicht. Indessen gibt es auch Stände, wo gar keine Aenderung möglich ist. So bleiben die Eheleute im Ehe- stande, bis Gott der Herr das Eine oder Andere ab-
ausbezahlt, so ladet der himmlische Vater alle Menschen ein, ihm zu dienen, um am Abende dieses Leben das Himmelreich als Lohn zu erhalten. Wenn nun auch Alle Gott dienen sollen, so doch nicht Alle auf dieselbe Art und Weise; denn Gott beruft den Einen zu diesem, den Andern zu jenem Stande. Wenn der Knabe zum Jüngling, das Mädchen zur Jungfrau herangewachsen so ergeht an sie der Ruf Gottes: „Tritt in diesen Stand, erfülle dessen Pflichten nach meinen Geboten und ich will dir geben, was billig ist.“ So können Geschwister nicht immer im Vaterhaus bleiben; welche aber der Raum trennt, soll die Liebe vereinen.
Ihr wisset nun selbst, mit welchem Leichtsinne so viele in Sachen der Standeswahl oft vorangehen und so ihr zeitliches und ewiges Heil auf's Spiel setzen. Daher will ich einmal über Stand und Beruf, über die Standeswahl und deren Wichtigkeit, über die Art und Weise, eine richtige Standeswahl zu treffen, die noth- wendigsten Wahrheiten entwickeln. Heute beantworte ich folgende Fragen: Was versteht man unter Stand, was unter Beruf, welche Wichtigkeit hat die Standeswahl?
Was versteht man also unter Stand? Stand be- zeichnet, wie schon das Wort andeutet, ein stehendes, dauerndes Verhältniß, in welchem der einzelne Mensch der Gesellschaft gegenüber sich befindet. Die Standeswahl setzt den jungen Menschen wie einen jungen Baum in ein bestimmtes Erdreich, damit er dort bleibe und Früchte trage für diese Welt und die Ewigkeit. Allerdings ist der Mensch nicht wie der Baum an eine bestimmte Stelle gebunden, sondern er darf in manchen Fällen seinen Stand ganz ändern, obwohl dies selten zu seinem Heile gereicht. Indessen gibt es auch Stände, wo gar keine Aenderung möglich ist. So bleiben die Eheleute im Ehe- stande, bis Gott der Herr das Eine oder Andere ab-
<TEI><text><body><divn="34"><p><pbfacs="#f0335"xml:id="H891_001_1896_pb0323_0001"n="323"/>
ausbezahlt, so ladet der himmlische Vater alle Menschen<lb/>
ein, ihm zu dienen, um am Abende dieses Leben das<lb/>
Himmelreich als Lohn zu erhalten. Wenn nun auch Alle<lb/>
Gott dienen sollen, so doch nicht Alle auf dieselbe Art und<lb/>
Weise; denn Gott beruft den Einen zu diesem, den Andern<lb/>
zu jenem Stande. Wenn der Knabe zum Jüngling, das<lb/>
Mädchen zur Jungfrau herangewachsen so ergeht an sie<lb/>
der Ruf Gottes: <q>„Tritt in diesen Stand, erfülle dessen<lb/>
Pflichten nach meinen Geboten und ich will dir geben,<lb/>
was billig ist.“</q> So können Geschwister nicht immer im<lb/>
Vaterhaus bleiben; welche aber der Raum trennt, soll die<lb/>
Liebe vereinen.</p><p>Ihr wisset nun selbst, mit welchem Leichtsinne so<lb/>
viele in Sachen der Standeswahl oft vorangehen und<lb/>
so ihr zeitliches und ewiges Heil auf's Spiel setzen.<lb/>
Daher will ich einmal über Stand und Beruf, über die<lb/>
Standeswahl und deren Wichtigkeit, über die Art und<lb/>
Weise, eine richtige Standeswahl zu treffen, die noth-<lb/>
wendigsten Wahrheiten entwickeln. Heute beantworte ich<lb/>
folgende Fragen: Was versteht man unter Stand, was<lb/>
unter Beruf, welche Wichtigkeit hat die Standeswahl?</p><p>Was versteht man also unter Stand? Stand be-<lb/>
zeichnet, wie schon das Wort andeutet, ein stehendes,<lb/>
dauerndes Verhältniß, in welchem der einzelne Mensch<lb/>
der Gesellschaft gegenüber sich befindet. Die Standeswahl<lb/>
setzt den jungen Menschen wie einen jungen Baum in ein<lb/>
bestimmtes Erdreich, damit er dort bleibe und Früchte<lb/>
trage für diese Welt und die Ewigkeit. Allerdings ist der<lb/>
Mensch nicht wie der Baum an eine bestimmte Stelle<lb/>
gebunden, sondern er darf in manchen Fällen seinen<lb/>
Stand ganz ändern, obwohl dies selten zu seinem Heile<lb/>
gereicht. Indessen gibt es auch Stände, wo gar keine<lb/>
Aenderung möglich ist. So bleiben die Eheleute im Ehe-<lb/>
stande, bis Gott der Herr das Eine oder Andere ab-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[323/0335]
ausbezahlt, so ladet der himmlische Vater alle Menschen
ein, ihm zu dienen, um am Abende dieses Leben das
Himmelreich als Lohn zu erhalten. Wenn nun auch Alle
Gott dienen sollen, so doch nicht Alle auf dieselbe Art und
Weise; denn Gott beruft den Einen zu diesem, den Andern
zu jenem Stande. Wenn der Knabe zum Jüngling, das
Mädchen zur Jungfrau herangewachsen so ergeht an sie
der Ruf Gottes: „Tritt in diesen Stand, erfülle dessen
Pflichten nach meinen Geboten und ich will dir geben,
was billig ist.“ So können Geschwister nicht immer im
Vaterhaus bleiben; welche aber der Raum trennt, soll die
Liebe vereinen.
Ihr wisset nun selbst, mit welchem Leichtsinne so
viele in Sachen der Standeswahl oft vorangehen und
so ihr zeitliches und ewiges Heil auf's Spiel setzen.
Daher will ich einmal über Stand und Beruf, über die
Standeswahl und deren Wichtigkeit, über die Art und
Weise, eine richtige Standeswahl zu treffen, die noth-
wendigsten Wahrheiten entwickeln. Heute beantworte ich
folgende Fragen: Was versteht man unter Stand, was
unter Beruf, welche Wichtigkeit hat die Standeswahl?
Was versteht man also unter Stand? Stand be-
zeichnet, wie schon das Wort andeutet, ein stehendes,
dauerndes Verhältniß, in welchem der einzelne Mensch
der Gesellschaft gegenüber sich befindet. Die Standeswahl
setzt den jungen Menschen wie einen jungen Baum in ein
bestimmtes Erdreich, damit er dort bleibe und Früchte
trage für diese Welt und die Ewigkeit. Allerdings ist der
Mensch nicht wie der Baum an eine bestimmte Stelle
gebunden, sondern er darf in manchen Fällen seinen
Stand ganz ändern, obwohl dies selten zu seinem Heile
gereicht. Indessen gibt es auch Stände, wo gar keine
Aenderung möglich ist. So bleiben die Eheleute im Ehe-
stande, bis Gott der Herr das Eine oder Andere ab-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/335>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.