gefährlichsten Zeitpunkt des Lebens im Beichtvater. Denn im Auftrage Christi soll er im hl. Sakramente der Buße das Elend aller Menschen anhören; aber besonders der Jugend soll er zurufen: "Kommt alle zu mir; kommet ihr Kinder, die Stunde der Gefahr hat vielleicht schon ge- schlagen; komme reifere Jugend, schon brennt die Begier- lichkeit, schon droht die Verführung; kommet, offenbaret den ganzen Sturm, der drinnen und draußen tobet, daß ihr nicht bloß auf dem Berge der Verklärung bleibet, sondern immer schöner werdet. Kommet, fürchtet euch nicht; denn ihr tretet hier in das Heiligthum eines un- durchdringlichen Geheimnisses, in ein hl. Dunkel, aus dem von euerem Elende niemals etwas an das Licht kommen wird."
So tritt dies hl. Sakrament vor die Augen des Kindes und der Jugend. Was ist die natürliche Folge? Das Kind, die Jugend offenbart die Gefahr und bleibt vor der Sünde bewahrt. Ja, wenn noch keine besondere Versuchung da ist, sieht der erfahrene Beichtvater in den Falten der Seele die drohende Gefahr und kann ihr vorbauen.
Das ist die außerordentliche Tragweite der hl. Beicht für die Erziehung. Denn da kann und muß der Jugend Manches gesagt werden, was man im Religionsunterrichte nicht mittheilen kann. Denn hier muß jede Seele nach ihren Kenntnissen, nach ihren Versuchungen, nach ihren Sünden behandelt werden. Endlich hat diese Belehrung noch einen ganz andern Werth. Bei jedem andern Unter- richte sind immer Manche zerstreut, oder wenden die Wahrheiten auf andere an, anstatt auf sich selbst, wie es in Predigt und Christenlehre oft vorkommt - aber in der hl. Beicht kannst du nicht wohl zerstreut sein, nicht an andere denken; denn alle Worte sind dir und deinen Bedürfnissen angepaßt. Daher habe ich die unerschütter-
gefährlichsten Zeitpunkt des Lebens im Beichtvater. Denn im Auftrage Christi soll er im hl. Sakramente der Buße das Elend aller Menschen anhören; aber besonders der Jugend soll er zurufen: „Kommt alle zu mir; kommet ihr Kinder, die Stunde der Gefahr hat vielleicht schon ge- schlagen; komme reifere Jugend, schon brennt die Begier- lichkeit, schon droht die Verführung; kommet, offenbaret den ganzen Sturm, der drinnen und draußen tobet, daß ihr nicht bloß auf dem Berge der Verklärung bleibet, sondern immer schöner werdet. Kommet, fürchtet euch nicht; denn ihr tretet hier in das Heiligthum eines un- durchdringlichen Geheimnisses, in ein hl. Dunkel, aus dem von euerem Elende niemals etwas an das Licht kommen wird.“
So tritt dies hl. Sakrament vor die Augen des Kindes und der Jugend. Was ist die natürliche Folge? Das Kind, die Jugend offenbart die Gefahr und bleibt vor der Sünde bewahrt. Ja, wenn noch keine besondere Versuchung da ist, sieht der erfahrene Beichtvater in den Falten der Seele die drohende Gefahr und kann ihr vorbauen.
Das ist die außerordentliche Tragweite der hl. Beicht für die Erziehung. Denn da kann und muß der Jugend Manches gesagt werden, was man im Religionsunterrichte nicht mittheilen kann. Denn hier muß jede Seele nach ihren Kenntnissen, nach ihren Versuchungen, nach ihren Sünden behandelt werden. Endlich hat diese Belehrung noch einen ganz andern Werth. Bei jedem andern Unter- richte sind immer Manche zerstreut, oder wenden die Wahrheiten auf andere an, anstatt auf sich selbst, wie es in Predigt und Christenlehre oft vorkommt – aber in der hl. Beicht kannst du nicht wohl zerstreut sein, nicht an andere denken; denn alle Worte sind dir und deinen Bedürfnissen angepaßt. Daher habe ich die unerschütter-
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gefährlichsten Zeitpunkt des Lebens im Beichtvater. Denn
im Auftrage Christi soll er im hl. Sakramente der Buße
das Elend aller Menschen anhören; aber besonders der
Jugend soll er zurufen: „Kommt alle zu mir; kommet ihr
Kinder, die Stunde der Gefahr hat vielleicht schon ge-
schlagen; komme reifere Jugend, schon brennt die Begier-
lichkeit, schon droht die Verführung; kommet, offenbaret
den ganzen Sturm, der drinnen und draußen tobet, daß
ihr nicht bloß auf dem Berge der Verklärung bleibet,
sondern immer schöner werdet. Kommet, fürchtet euch
nicht; denn ihr tretet hier in das Heiligthum eines un-
durchdringlichen Geheimnisses, in ein hl. Dunkel, aus
dem von euerem Elende niemals etwas an das Licht
kommen wird.“
So tritt dies hl. Sakrament vor die Augen des
Kindes und der Jugend. Was ist die natürliche Folge?
Das Kind, die Jugend offenbart die Gefahr und bleibt
vor der Sünde bewahrt. Ja, wenn noch keine besondere
Versuchung da ist, sieht der erfahrene Beichtvater in den
Falten der Seele die drohende Gefahr und kann ihr
vorbauen.
Das ist die außerordentliche Tragweite der hl. Beicht
für die Erziehung. Denn da kann und muß der Jugend
Manches gesagt werden, was man im Religionsunterrichte
nicht mittheilen kann. Denn hier muß jede Seele nach
ihren Kenntnissen, nach ihren Versuchungen, nach ihren
Sünden behandelt werden. Endlich hat diese Belehrung
noch einen ganz andern Werth. Bei jedem andern Unter-
richte sind immer Manche zerstreut, oder wenden die
Wahrheiten auf andere an, anstatt auf sich selbst, wie es
in Predigt und Christenlehre oft vorkommt – aber in
der hl. Beicht kannst du nicht wohl zerstreut sein, nicht
an andere denken; denn alle Worte sind dir und deinen
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/273>, abgerufen am 22.11.2024.
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