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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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Söhne? Durch seine Nachlässigkeit in ihrer Bestrafung
beraubte er sie der Hilfe Gottes, daß sie wie waffen-
und wehrlos von den Feinden getötet wurden. So stürzte
er nicht blos die Söhne, sondern auch sie selbst ins Ver-
derben."
(t. III. p. 318 Mauriner.)

Nicht wahr, ihr hörtet oder laset dieser Tage, wie
jüngst in Berlin ein gewisser Kuhn wegen Raubmord
zum Tode verurtheilt wurde. Vor der Hinrichtung durfte
er noch seine Mutter empfangen. Diese wollte ihm wei-
nend um den Hals fallen, er aber wehrte es ihr und
sprach schluchzend: Mutter, wenn du mich bestraft hättest,
als ich zum ersten Male gestohlene Eier heimbrachte, so
müßte ich morgen nicht das Schaffot besteigen."
Ein
wahrer und gerechter Vorwurf, aber auch ein schrecklicher
und furchtbarer! Wenn ihr zur unrechten Zeit die Ruthe
spart - was wird auf euren Kindern endlich werden?
Welche Verantwortung nehmt ihr mit in die Ewigkeit?

Dieser überaus traurige Fall machte auf mich einen
so tiefen Eindruck, daß ich mich wie gezwungen fühlte,
diese Wahrheiten einmal einläßlicher und eindringlicher zu
behandeln. Wohl wird dieser Gegenstand auch in den
Müttervereinen zur Sprache kommen, aber nicht wenige,
sondern alle Mutter, und nicht bloß die Mütter, sondern
vor Allem die Väter, und nicht bloß Väter und Mütter,
sondern Alle, welche in den Ehestand zu treten gedenken,
sollen mit der Bedeutung der Ruthe vertraut sein. Aber
noch mehr! Was denn? Auch ihr, auch ihr heran-
wachsende Söhne und Töchter, auch ihr sollet wissen,
welche Macht Vater und Mutter über euch haben und
welche Pflicht, davon Gebrauch zu machen, wenn es noth-
wendig werden sollte. Wem das Gesagte wie das Fol-
gende als unpassend, oder zu strenge, oder nicht zeitgemäß
vorkommt, der mache es mit dem hl. Geiste aus, dessen
Lehren ich entwickle.

Söhne? Durch seine Nachlässigkeit in ihrer Bestrafung
beraubte er sie der Hilfe Gottes, daß sie wie waffen-
und wehrlos von den Feinden getötet wurden. So stürzte
er nicht blos die Söhne, sondern auch sie selbst ins Ver-
derben.“
(t. III. p. 318 Mauriner.)

Nicht wahr, ihr hörtet oder laset dieser Tage, wie
jüngst in Berlin ein gewisser Kuhn wegen Raubmord
zum Tode verurtheilt wurde. Vor der Hinrichtung durfte
er noch seine Mutter empfangen. Diese wollte ihm wei-
nend um den Hals fallen, er aber wehrte es ihr und
sprach schluchzend: Mutter, wenn du mich bestraft hättest,
als ich zum ersten Male gestohlene Eier heimbrachte, so
müßte ich morgen nicht das Schaffot besteigen.“
Ein
wahrer und gerechter Vorwurf, aber auch ein schrecklicher
und furchtbarer! Wenn ihr zur unrechten Zeit die Ruthe
spart – was wird auf euren Kindern endlich werden?
Welche Verantwortung nehmt ihr mit in die Ewigkeit?

Dieser überaus traurige Fall machte auf mich einen
so tiefen Eindruck, daß ich mich wie gezwungen fühlte,
diese Wahrheiten einmal einläßlicher und eindringlicher zu
behandeln. Wohl wird dieser Gegenstand auch in den
Müttervereinen zur Sprache kommen, aber nicht wenige,
sondern alle Mutter, und nicht bloß die Mütter, sondern
vor Allem die Väter, und nicht bloß Väter und Mütter,
sondern Alle, welche in den Ehestand zu treten gedenken,
sollen mit der Bedeutung der Ruthe vertraut sein. Aber
noch mehr! Was denn? Auch ihr, auch ihr heran-
wachsende Söhne und Töchter, auch ihr sollet wissen,
welche Macht Vater und Mutter über euch haben und
welche Pflicht, davon Gebrauch zu machen, wenn es noth-
wendig werden sollte. Wem das Gesagte wie das Fol-
gende als unpassend, oder zu strenge, oder nicht zeitgemäß
vorkommt, der mache es mit dem hl. Geiste aus, dessen
Lehren ich entwickle.

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[209/0221] Söhne? Durch seine Nachlässigkeit in ihrer Bestrafung beraubte er sie der Hilfe Gottes, daß sie wie waffen- und wehrlos von den Feinden getötet wurden. So stürzte er nicht blos die Söhne, sondern auch sie selbst ins Ver- derben.“ (t. III. p. 318 Mauriner.) Nicht wahr, ihr hörtet oder laset dieser Tage, wie jüngst in Berlin ein gewisser Kuhn wegen Raubmord zum Tode verurtheilt wurde. Vor der Hinrichtung durfte er noch seine Mutter empfangen. Diese wollte ihm wei- nend um den Hals fallen, er aber wehrte es ihr und sprach schluchzend: Mutter, wenn du mich bestraft hättest, als ich zum ersten Male gestohlene Eier heimbrachte, so müßte ich morgen nicht das Schaffot besteigen.“ Ein wahrer und gerechter Vorwurf, aber auch ein schrecklicher und furchtbarer! Wenn ihr zur unrechten Zeit die Ruthe spart – was wird auf euren Kindern endlich werden? Welche Verantwortung nehmt ihr mit in die Ewigkeit? Dieser überaus traurige Fall machte auf mich einen so tiefen Eindruck, daß ich mich wie gezwungen fühlte, diese Wahrheiten einmal einläßlicher und eindringlicher zu behandeln. Wohl wird dieser Gegenstand auch in den Müttervereinen zur Sprache kommen, aber nicht wenige, sondern alle Mutter, und nicht bloß die Mütter, sondern vor Allem die Väter, und nicht bloß Väter und Mütter, sondern Alle, welche in den Ehestand zu treten gedenken, sollen mit der Bedeutung der Ruthe vertraut sein. Aber noch mehr! Was denn? Auch ihr, auch ihr heran- wachsende Söhne und Töchter, auch ihr sollet wissen, welche Macht Vater und Mutter über euch haben und welche Pflicht, davon Gebrauch zu machen, wenn es noth- wendig werden sollte. Wem das Gesagte wie das Fol- gende als unpassend, oder zu strenge, oder nicht zeitgemäß vorkommt, der mache es mit dem hl. Geiste aus, dessen Lehren ich entwickle.

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/221>, abgerufen am 24.11.2024.