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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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eines eben so vollkommnen menschli-
chen Wesens, als das war, mit dem sie
zu verwesen schienen. Ihr scheinbarer
Tod war also nur der Uebergang zu ei-
nem neuen Leben, und die Lebenskraft
verlässt einen Körper nur, um sich bald
vollkommener wieder damit verbinden
zu können.

8) Die Lebenskraft kann durch ge-
wisse Einwirkungen geschwächt, ja ganz
aufgehoben, durch andre erweckt, ge-
stärkt, genährt werden. Unter die sie
vernichtenden gehört vorzüglich die Kälte,
der Hauptfeind alles Lebens. Zwar ein
mässiger Grad von Kälte kann in so fern
stärkend seyn, indem er die Lebenskraft
concentrirt, und ihre Verschwendung
hindert, aber es ist keine positive son-
dern negative Stärkung, und ein hoher
Grad von Kälte verscheucht sie ganz. In
der Kälte kann keine Lebensentwicklung
geschehen, kein Ey ausgebrütet werden,
kein Saamenkorn keimen.


eines eben ſo vollkommnen menſchli-
chen Weſens, als das war, mit dem ſie
zu verweſen ſchienen. Ihr ſcheinbarer
Tod war alſo nur der Uebergang zu ei-
nem neuen Leben, und die Lebenskraft
verläſst einen Körper nur, um ſich bald
vollkommener wieder damit verbinden
zu können.

8) Die Lebenskraft kann durch ge-
wiſſe Einwirkungen geſchwächt, ja ganz
aufgehoben, durch andre erweckt, ge-
ſtärkt, genährt werden. Unter die ſie
vernichtenden gehört vorzüglich die Kälte,
der Hauptfeind alles Lebens. Zwar ein
mäſsiger Grad von Kälte kann in ſo fern
ſtärkend ſeyn, indem er die Lebenskraft
concentrirt, und ihre Verſchwendung
hindert, aber es iſt keine poſitive ſon-
dern negative Stärkung, und ein hoher
Grad von Kälte verſcheucht ſie ganz. In
der Kälte kann keine Lebensentwicklung
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kein Saamenkorn keimen.


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[58/0086] eines eben ſo vollkommnen menſchli- chen Weſens, als das war, mit dem ſie zu verweſen ſchienen. Ihr ſcheinbarer Tod war alſo nur der Uebergang zu ei- nem neuen Leben, und die Lebenskraft verläſst einen Körper nur, um ſich bald vollkommener wieder damit verbinden zu können. 8) Die Lebenskraft kann durch ge- wiſſe Einwirkungen geſchwächt, ja ganz aufgehoben, durch andre erweckt, ge- ſtärkt, genährt werden. Unter die ſie vernichtenden gehört vorzüglich die Kälte, der Hauptfeind alles Lebens. Zwar ein mäſsiger Grad von Kälte kann in ſo fern ſtärkend ſeyn, indem er die Lebenskraft concentrirt, und ihre Verſchwendung hindert, aber es iſt keine poſitive ſon- dern negative Stärkung, und ein hoher Grad von Kälte verſcheucht ſie ganz. In der Kälte kann keine Lebensentwicklung geſchehen, kein Ey ausgebrütet werden, kein Saamenkorn keimen.

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/86>, abgerufen am 24.11.2024.