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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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affecten, der Erhitzung u. s. w., sie er-
hält eine weit grössere Gleichförmigkeit
und Ruhe in der innern Oeconomie,
und schüzt auf diese Weise den Körper
für manchen Krankheiten. Man be-
merkt sogar, dass aus eben dieser Ursa-
che alte Leute weniger leicht von anste-
ckenden Krankheiten befallen werden,
als junge.

Dazu kommt nun noch selbst die
Gewohnheit zu leben, die unstreitig in
den lezten Tagen mit zur Erhaltung des
Lebens beyträgt. Eine animalische Ope-
ration, die man so lange immer in der-
selben Ordnung und Succession fortge-
sezt hat, wird zulezt so gewöhnlich, dass
sie noch durch Habitus fortdauert, wenn
auch andere Ursachen zu wirken aufhö-
ren. Zum Erstaunen ist es oft, wie sich
die grösste Altersschwäche noch immer
einige Zeit erhält, wenn nur alles in sei-
ner gewohnten Ordnung und Folge
bleibt. Der geistige Mensch ist wirklich
zuweilen schon gestorben, aber der ve-
getative, die Menschenpflanze, lebt

affecten, der Erhitzung u. ſ. w., ſie er-
hält eine weit gröſsere Gleichförmigkeit
und Ruhe in der innern Oeconomie,
und ſchüzt auf dieſe Weiſe den Körper
für manchen Krankheiten. Man be-
merkt ſogar, daſs aus eben dieſer Urſa-
che alte Leute weniger leicht von anſte-
ckenden Krankheiten befallen werden,
als junge.

Dazu kommt nun noch ſelbſt die
Gewohnheit zu leben, die unſtreitig in
den lezten Tagen mit zur Erhaltung des
Lebens beyträgt. Eine animaliſche Ope-
ration, die man ſo lange immer in der-
ſelben Ordnung und Succeſſion fortge-
ſezt hat, wird zulezt ſo gewöhnlich, daſs
ſie noch durch Habitus fortdauert, wenn
auch andere Urſachen zu wirken aufhö-
ren. Zum Erſtaunen iſt es oft, wie ſich
die gröſste Altersſchwäche noch immer
einige Zeit erhält, wenn nur alles in ſei-
ner gewohnten Ordnung und Folge
bleibt. Der geiſtige Menſch iſt wirklich
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[684/0712] affecten, der Erhitzung u. ſ. w., ſie er- hält eine weit gröſsere Gleichförmigkeit und Ruhe in der innern Oeconomie, und ſchüzt auf dieſe Weiſe den Körper für manchen Krankheiten. Man be- merkt ſogar, daſs aus eben dieſer Urſa- che alte Leute weniger leicht von anſte- ckenden Krankheiten befallen werden, als junge. Dazu kommt nun noch ſelbſt die Gewohnheit zu leben, die unſtreitig in den lezten Tagen mit zur Erhaltung des Lebens beyträgt. Eine animaliſche Ope- ration, die man ſo lange immer in der- ſelben Ordnung und Succeſſion fortge- ſezt hat, wird zulezt ſo gewöhnlich, daſs ſie noch durch Habitus fortdauert, wenn auch andere Urſachen zu wirken aufhö- ren. Zum Erſtaunen iſt es oft, wie ſich die gröſste Altersſchwäche noch immer einige Zeit erhält, wenn nur alles in ſei- ner gewohnten Ordnung und Folge bleibt. Der geiſtige Menſch iſt wirklich zuweilen ſchon geſtorben, aber der ve- getative, die Menſchenpflanze, lebt

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/712>, abgerufen am 24.11.2024.