Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts davon, so lange ich nicht sehe,
dass sie Kraft genug haben, Leidenschaf-
ten zu bekämpfen und enthaltsam zu
seyn; denn diess ist der Triumpf, aber
auch das einzige Zeichen der wahren
Geisteskraft, und diess die Schule, in
der sich der Jüngling üben und zum star-
ken Mann bilden sollte.

Durchgehends finden wir in der al-
ten Welt, dass alle diejenigen, von de-
nen man etwas ausserordentliches und
ausgezeichnetes erwartete, sich der phy-
sischen Liebe enthalten mussten. So
sehr war man überzeugt, dass Venus die
ganze Mannskraft nehme, und dass Men-
schen, diesen Ausschweifungen ergeben,
nie etwas grosses und ausserordentliches
leisten würden.

Ich gründe hierauf eine der wich-
tigsten Lebensregeln: Ein jeder, dem
Dauer und Blüthe seines Lebens am Her-
zen liegt, vermeide den ausserehelichen Um-
gang mit dem andern Geschlecht, und ver-

nichts davon, ſo lange ich nicht ſehe,
daſs ſie Kraft genug haben, Leidenſchaf-
ten zu bekämpfen und enthaltſam zu
ſeyn; denn dieſs iſt der Triumpf, aber
auch das einzige Zeichen der wahren
Geiſteskraft, und dieſs die Schule, in
der ſich der Jüngling üben und zum ſtar-
ken Mann bilden ſollte.

Durchgehends finden wir in der al-
ten Welt, daſs alle diejenigen, von de-
nen man etwas auſſerordentliches und
ausgezeichnetes erwartete, ſich der phy-
ſiſchen Liebe enthalten muſsten. So
ſehr war man überzeugt, daſs Venus die
ganze Mannskraft nehme, und daſs Men-
ſchen, dieſen Ausſchweifungen ergeben,
nie etwas groſses und auſſerordentliches
leiſten würden.

Ich gründe hierauf eine der wich-
tigſten Lebensregeln: Ein jeder, dem
Dauer und Blüthe ſeines Lebens am Her-
zen liegt, vermeide den auſſerehelichen Um-
gang mit dem andern Geſchlecht, und ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0548" n="520"/>
nichts davon, &#x017F;o lange ich nicht &#x017F;ehe,<lb/>
da&#x017F;s &#x017F;ie Kraft genug haben, Leiden&#x017F;chaf-<lb/>
ten zu bekämpfen und enthalt&#x017F;am zu<lb/>
&#x017F;eyn; denn die&#x017F;s i&#x017F;t der Triumpf, aber<lb/>
auch das einzige Zeichen der wahren<lb/>
Gei&#x017F;teskraft, und die&#x017F;s die Schule, in<lb/>
der &#x017F;ich der Jüngling üben und zum &#x017F;tar-<lb/>
ken Mann bilden &#x017F;ollte.</p><lb/>
            <p>Durchgehends finden wir in der al-<lb/>
ten Welt, da&#x017F;s alle diejenigen, von de-<lb/>
nen man etwas au&#x017F;&#x017F;erordentliches und<lb/>
ausgezeichnetes erwartete, &#x017F;ich der phy-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;chen Liebe enthalten mu&#x017F;sten. So<lb/>
&#x017F;ehr war man überzeugt, da&#x017F;s <hi rendition="#i">Venus</hi> die<lb/>
ganze Mannskraft nehme, und da&#x017F;s Men-<lb/>
&#x017F;chen, die&#x017F;en Aus&#x017F;chweifungen ergeben,<lb/>
nie etwas gro&#x017F;ses und au&#x017F;&#x017F;erordentliches<lb/>
lei&#x017F;ten würden.</p><lb/>
            <p>Ich gründe hierauf eine der wich-<lb/>
tig&#x017F;ten Lebensregeln: <hi rendition="#i">Ein jeder, dem<lb/>
Dauer und Blüthe &#x017F;eines Lebens am Her-<lb/>
zen liegt, vermeide den au&#x017F;&#x017F;erehelichen Um-<lb/>
gang mit dem andern Ge&#x017F;chlecht, und ver-<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0548] nichts davon, ſo lange ich nicht ſehe, daſs ſie Kraft genug haben, Leidenſchaf- ten zu bekämpfen und enthaltſam zu ſeyn; denn dieſs iſt der Triumpf, aber auch das einzige Zeichen der wahren Geiſteskraft, und dieſs die Schule, in der ſich der Jüngling üben und zum ſtar- ken Mann bilden ſollte. Durchgehends finden wir in der al- ten Welt, daſs alle diejenigen, von de- nen man etwas auſſerordentliches und ausgezeichnetes erwartete, ſich der phy- ſiſchen Liebe enthalten muſsten. So ſehr war man überzeugt, daſs Venus die ganze Mannskraft nehme, und daſs Men- ſchen, dieſen Ausſchweifungen ergeben, nie etwas groſses und auſſerordentliches leiſten würden. Ich gründe hierauf eine der wich- tigſten Lebensregeln: Ein jeder, dem Dauer und Blüthe ſeines Lebens am Her- zen liegt, vermeide den auſſerehelichen Um- gang mit dem andern Geſchlecht, und ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/548
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/548>, abgerufen am 25.11.2024.