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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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sind, desto mehr zieht uns jene Darstel-
lung an, desto mehr erregt sie den
Wunsch, ihnen wieder ähnlich zu wer-
den. Aber wie gut wäre es, wenn wir
nicht blos an die Sache, sondern viel-
mehr an die Mittel dazu dächten! Das,
wodurch jene den Muth, die Leibes-
und Seelenkraft, den festen, treuen und
entschlossnen Karacter, genug, alles das
erhielten, was sie zu wahren Männern im
ganzen Sinne des Worts macht, war
vorzüglich ihre strenge Enthaltsamkeit
und Schonung ihrer physischen Manns-
kraft. Die Jugend dieser Männer war
grossen Unternehmungen und Thaten,
nicht Wohllüsten und Genüssen geweiht,
der physische Geschlechtstrieb wurde
nicht zum thierischen Genuss erniedrigt,
sondern in eine moralische Anreizung zu
grossen und kühnen Unternehmungen
veredelt. Ein jeder trug im Herzen das
Bild seiner Geliebten, sie mochte nun
wirklich oder idealisch seyn, und diese
romantische Liebe, diese unverbrüch-
liche Treue, war das Schild seiner Ent-

ſind, deſto mehr zieht uns jene Darſtel-
lung an, deſto mehr erregt ſie den
Wunſch, ihnen wieder ähnlich zu wer-
den. Aber wie gut wäre es, wenn wir
nicht blos an die Sache, ſondern viel-
mehr an die Mittel dazu dächten! Das,
wodurch jene den Muth, die Leibes-
und Seelenkraft, den feſten, treuen und
entſchloſsnen Karacter, genug, alles das
erhielten, was ſie zu wahren Männern im
ganzen Sinne des Worts macht, war
vorzüglich ihre ſtrenge Enthaltſamkeit
und Schonung ihrer phyſiſchen Manns-
kraft. Die Jugend dieſer Männer war
groſsen Unternehmungen und Thaten,
nicht Wohllüſten und Genüſſen geweiht,
der phyſiſche Geſchlechtstrieb wurde
nicht zum thieriſchen Genuſs erniedrigt,
ſondern in eine moraliſche Anreizung zu
groſsen und kühnen Unternehmungen
veredelt. Ein jeder trug im Herzen das
Bild ſeiner Geliebten, ſie mochte nun
wirklich oder idealiſch ſeyn, und dieſe
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liche Treue, war das Schild ſeiner Ent-

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[517/0545] ſind, deſto mehr zieht uns jene Darſtel- lung an, deſto mehr erregt ſie den Wunſch, ihnen wieder ähnlich zu wer- den. Aber wie gut wäre es, wenn wir nicht blos an die Sache, ſondern viel- mehr an die Mittel dazu dächten! Das, wodurch jene den Muth, die Leibes- und Seelenkraft, den feſten, treuen und entſchloſsnen Karacter, genug, alles das erhielten, was ſie zu wahren Männern im ganzen Sinne des Worts macht, war vorzüglich ihre ſtrenge Enthaltſamkeit und Schonung ihrer phyſiſchen Manns- kraft. Die Jugend dieſer Männer war groſsen Unternehmungen und Thaten, nicht Wohllüſten und Genüſſen geweiht, der phyſiſche Geſchlechtstrieb wurde nicht zum thieriſchen Genuſs erniedrigt, ſondern in eine moraliſche Anreizung zu groſsen und kühnen Unternehmungen veredelt. Ein jeder trug im Herzen das Bild ſeiner Geliebten, ſie mochte nun wirklich oder idealiſch ſeyn, und dieſe romantiſche Liebe, dieſe unverbrüch- liche Treue, war das Schild ſeiner Ent-

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/545>, abgerufen am 25.11.2024.