sind, desto mehr zieht uns jene Darstel- lung an, desto mehr erregt sie den Wunsch, ihnen wieder ähnlich zu wer- den. Aber wie gut wäre es, wenn wir nicht blos an die Sache, sondern viel- mehr an die Mittel dazu dächten! Das, wodurch jene den Muth, die Leibes- und Seelenkraft, den festen, treuen und entschlossnen Karacter, genug, alles das erhielten, was sie zu wahren Männern im ganzen Sinne des Worts macht, war vorzüglich ihre strenge Enthaltsamkeit und Schonung ihrer physischen Manns- kraft. Die Jugend dieser Männer war grossen Unternehmungen und Thaten, nicht Wohllüsten und Genüssen geweiht, der physische Geschlechtstrieb wurde nicht zum thierischen Genuss erniedrigt, sondern in eine moralische Anreizung zu grossen und kühnen Unternehmungen veredelt. Ein jeder trug im Herzen das Bild seiner Geliebten, sie mochte nun wirklich oder idealisch seyn, und diese romantische Liebe, diese unverbrüch- liche Treue, war das Schild seiner Ent-
ſind, deſto mehr zieht uns jene Darſtel- lung an, deſto mehr erregt ſie den Wunſch, ihnen wieder ähnlich zu wer- den. Aber wie gut wäre es, wenn wir nicht blos an die Sache, ſondern viel- mehr an die Mittel dazu dächten! Das, wodurch jene den Muth, die Leibes- und Seelenkraft, den feſten, treuen und entſchloſsnen Karacter, genug, alles das erhielten, was ſie zu wahren Männern im ganzen Sinne des Worts macht, war vorzüglich ihre ſtrenge Enthaltſamkeit und Schonung ihrer phyſiſchen Manns- kraft. Die Jugend dieſer Männer war groſsen Unternehmungen und Thaten, nicht Wohllüſten und Genüſſen geweiht, der phyſiſche Geſchlechtstrieb wurde nicht zum thieriſchen Genuſs erniedrigt, ſondern in eine moraliſche Anreizung zu groſsen und kühnen Unternehmungen veredelt. Ein jeder trug im Herzen das Bild ſeiner Geliebten, ſie mochte nun wirklich oder idealiſch ſeyn, und dieſe romantiſche Liebe, dieſe unverbrüch- liche Treue, war das Schild ſeiner Ent-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0545"n="517"/>ſind, deſto mehr zieht uns jene Darſtel-<lb/>
lung an, deſto mehr erregt ſie den<lb/>
Wunſch, ihnen wieder ähnlich zu wer-<lb/>
den. Aber wie gut wäre es, wenn wir<lb/>
nicht blos an die Sache, ſondern viel-<lb/>
mehr an die Mittel dazu dächten! Das,<lb/>
wodurch jene den Muth, die Leibes-<lb/>
und Seelenkraft, den feſten, treuen und<lb/>
entſchloſsnen Karacter, genug, alles das<lb/>
erhielten, was ſie zu <hirendition="#i">wahren Männern</hi> im<lb/>
ganzen Sinne des Worts macht, war<lb/>
vorzüglich ihre ſtrenge Enthaltſamkeit<lb/>
und Schonung ihrer phyſiſchen Manns-<lb/>
kraft. Die Jugend dieſer Männer war<lb/>
groſsen Unternehmungen und Thaten,<lb/>
nicht Wohllüſten und Genüſſen geweiht,<lb/>
der phyſiſche Geſchlechtstrieb wurde<lb/>
nicht zum thieriſchen Genuſs erniedrigt,<lb/>ſondern in eine moraliſche Anreizung zu<lb/>
groſsen und kühnen Unternehmungen<lb/>
veredelt. Ein jeder trug im Herzen das<lb/>
Bild ſeiner Geliebten, ſie mochte nun<lb/>
wirklich oder idealiſch ſeyn, und dieſe<lb/>
romantiſche Liebe, dieſe unverbrüch-<lb/>
liche Treue, war das Schild ſeiner Ent-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[517/0545]
ſind, deſto mehr zieht uns jene Darſtel-
lung an, deſto mehr erregt ſie den
Wunſch, ihnen wieder ähnlich zu wer-
den. Aber wie gut wäre es, wenn wir
nicht blos an die Sache, ſondern viel-
mehr an die Mittel dazu dächten! Das,
wodurch jene den Muth, die Leibes-
und Seelenkraft, den feſten, treuen und
entſchloſsnen Karacter, genug, alles das
erhielten, was ſie zu wahren Männern im
ganzen Sinne des Worts macht, war
vorzüglich ihre ſtrenge Enthaltſamkeit
und Schonung ihrer phyſiſchen Manns-
kraft. Die Jugend dieſer Männer war
groſsen Unternehmungen und Thaten,
nicht Wohllüſten und Genüſſen geweiht,
der phyſiſche Geſchlechtstrieb wurde
nicht zum thieriſchen Genuſs erniedrigt,
ſondern in eine moraliſche Anreizung zu
groſsen und kühnen Unternehmungen
veredelt. Ein jeder trug im Herzen das
Bild ſeiner Geliebten, ſie mochte nun
wirklich oder idealiſch ſeyn, und dieſe
romantiſche Liebe, dieſe unverbrüch-
liche Treue, war das Schild ſeiner Ent-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/545>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.