bey Tage und im Sonnenschein die Luft gesünder machen. Nicht weniger ist die Ausdünstung faulichter Substanzen das zu thun fähig. Sogar die stark rie- chenden Ausdünstungen der Blumen können der Luft in einem eingeschloss- nen Zimmer schädliche, ja tödliche Ei- genschaften mittheilen, daher es nie zu rathen ist, stark riechende Blumen, Oran- gen, Narcissen, Rosen u. s. w. in die Schlafkammer zu stellen.
Aber weit wichtiger und furchtba- rer noch scheint mir die Klasse der con- ragiösen Gifte, zu der ich nun komme, und ich erbitte mir hierbey die grösste Aufmerksamkeit. Von jenen physischen Giften bekommt man wohl noch allen- falls Unterricht, man hat Bücher dar- über, man kennt und flieht sie. Ganz anders mit den contagiösen, man hat ih- nen gleichsam, als unvermeidlichen und nothwendigen Uebeln, das Bürgerrecht gestattet, man kennt sie gar nicht als Gifte, sondern nur von Seiten der Krank-
bey Tage und im Sonnenſchein die Luft geſünder machen. Nicht weniger iſt die Ausdünſtung faulichter Subſtanzen das zu thun fähig. Sogar die ſtark rie- chenden Ausdünſtungen der Blumen können der Luft in einem eingeſchloſs- nen Zimmer ſchädliche, ja tödliche Ei- genſchaften mittheilen, daher es nie zu rathen iſt, ſtark riechende Blumen, Oran- gen, Narciſſen, Roſen u. ſ. w. in die Schlafkammer zu ſtellen.
Aber weit wichtiger und furchtba- rer noch ſcheint mir die Klaſſe der con- ragiöſen Gifte, zu der ich nun komme, und ich erbitte mir hierbey die gröſste Aufmerkſamkeit. Von jenen phyſiſchen Giften bekommt man wohl noch allen- falls Unterricht, man hat Bücher dar- über, man kennt und flieht ſie. Ganz anders mit den contagiöſen, man hat ih- nen gleichſam, als unvermeidlichen und nothwendigen Uebeln, das Bürgerrecht geſtattet, man kennt ſie gar nicht als Gifte, ſondern nur von Seiten der Krank-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0454"n="426"/>
bey Tage und im Sonnenſchein die Luft<lb/>
geſünder machen. Nicht weniger iſt<lb/>
die Ausdünſtung faulichter Subſtanzen<lb/>
das zu thun fähig. Sogar die ſtark rie-<lb/>
chenden Ausdünſtungen der Blumen<lb/>
können der Luft in einem eingeſchloſs-<lb/>
nen Zimmer ſchädliche, ja tödliche Ei-<lb/>
genſchaften mittheilen, daher es nie zu<lb/>
rathen iſt, ſtark riechende Blumen, Oran-<lb/>
gen, Narciſſen, Roſen u. ſ. w. in die<lb/>
Schlafkammer zu ſtellen.</p><lb/><p>Aber weit wichtiger und furchtba-<lb/>
rer noch ſcheint mir die Klaſſe der <hirendition="#i">con-<lb/>
ragiöſen Gifte</hi>, zu der ich nun komme,<lb/>
und ich erbitte mir hierbey die gröſste<lb/>
Aufmerkſamkeit. Von jenen phyſiſchen<lb/>
Giften bekommt man wohl noch allen-<lb/>
falls Unterricht, man hat Bücher dar-<lb/>
über, man kennt und flieht ſie. Ganz<lb/>
anders mit den <hirendition="#i">contagiöſen</hi>, man hat ih-<lb/>
nen gleichſam, als unvermeidlichen und<lb/>
nothwendigen Uebeln, das Bürgerrecht<lb/>
geſtattet, man kennt ſie gar nicht als<lb/>
Gifte, ſondern nur von Seiten der Krank-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[426/0454]
bey Tage und im Sonnenſchein die Luft
geſünder machen. Nicht weniger iſt
die Ausdünſtung faulichter Subſtanzen
das zu thun fähig. Sogar die ſtark rie-
chenden Ausdünſtungen der Blumen
können der Luft in einem eingeſchloſs-
nen Zimmer ſchädliche, ja tödliche Ei-
genſchaften mittheilen, daher es nie zu
rathen iſt, ſtark riechende Blumen, Oran-
gen, Narciſſen, Roſen u. ſ. w. in die
Schlafkammer zu ſtellen.
Aber weit wichtiger und furchtba-
rer noch ſcheint mir die Klaſſe der con-
ragiöſen Gifte, zu der ich nun komme,
und ich erbitte mir hierbey die gröſste
Aufmerkſamkeit. Von jenen phyſiſchen
Giften bekommt man wohl noch allen-
falls Unterricht, man hat Bücher dar-
über, man kennt und flieht ſie. Ganz
anders mit den contagiöſen, man hat ih-
nen gleichſam, als unvermeidlichen und
nothwendigen Uebeln, das Bürgerrecht
geſtattet, man kennt ſie gar nicht als
Gifte, ſondern nur von Seiten der Krank-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/454>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.