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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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schen Cursus durchgemacht, als er im
äussersten Grade elend und abgezehrt
war, und diess Studium ganz aufgeben
musste. -- Ja man hat sogar ein Bey-
spiel, dass sich einer einbildete, wirk-
lich gestorben zu seyn, und fast darüber
verhungert wäre, wenn ihn nicht ein
Freund, der sich auch tod stellte, über-
redet hätte, dass es auch in der andern
Welt Sitte wäre, sich täglich satt zu
essen.

Der Schaden dieser Krankheitsein-
bildungen liegt nicht allein darinn, dass
dadurch ewige Furcht und Angst unter-
halten und manche Krankheit wirklich
dadurch erzeugt wird, weil man sich
einbildet, sie zu haben, sondern auch,
dass nun das unnütze und widersinnigste
Mediziniren gar kein Ende nimmt, wel-
ches den Körper oft schneller aufreibt,
als die Krankheit selbst, wenn sie da
wäre.


ſchen Curſus durchgemacht, als er im
äuſſerſten Grade elend und abgezehrt
war, und dieſs Studium ganz aufgeben
muſste. — Ja man hat ſogar ein Bey-
ſpiel, daſs ſich einer einbildete, wirk-
lich geſtorben zu ſeyn, und faſt darüber
verhungert wäre, wenn ihn nicht ein
Freund, der ſich auch tod ſtellte, über-
redet hätte, daſs es auch in der andern
Welt Sitte wäre, ſich täglich ſatt zu
eſſen.

Der Schaden dieſer Krankheitsein-
bildungen liegt nicht allein darinn, daſs
dadurch ewige Furcht und Angſt unter-
halten und manche Krankheit wirklich
dadurch erzeugt wird, weil man ſich
einbildet, ſie zu haben, ſondern auch,
daſs nun das unnütze und widerſinnigſte
Mediziniren gar kein Ende nimmt, wel-
ches den Körper oft ſchneller aufreibt,
als die Krankheit ſelbſt, wenn ſie da
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[411/0439] ſchen Curſus durchgemacht, als er im äuſſerſten Grade elend und abgezehrt war, und dieſs Studium ganz aufgeben muſste. — Ja man hat ſogar ein Bey- ſpiel, daſs ſich einer einbildete, wirk- lich geſtorben zu ſeyn, und faſt darüber verhungert wäre, wenn ihn nicht ein Freund, der ſich auch tod ſtellte, über- redet hätte, daſs es auch in der andern Welt Sitte wäre, ſich täglich ſatt zu eſſen. Der Schaden dieſer Krankheitsein- bildungen liegt nicht allein darinn, daſs dadurch ewige Furcht und Angſt unter- halten und manche Krankheit wirklich dadurch erzeugt wird, weil man ſich einbildet, ſie zu haben, ſondern auch, daſs nun das unnütze und widerſinnigſte Mediziniren gar kein Ende nimmt, wel- ches den Körper oft ſchneller aufreibt, als die Krankheit ſelbſt, wenn ſie da wäre.

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/439>, abgerufen am 22.11.2024.