chen, lieber erst einen Tag zu fasten, und über dem Geist nie den Leib zu ver- gessen.
Eine sonderbare Methode, das Le- ben im Alter zu verlängern, die sich ebenfalls aus den frühesten Zeiten her- schreibt, war die Gerocomic, die Ge- wohnheit, einen alten abgelebten Körper durch die nahe Atmosphäre frischer auf- blühender Jugend zu verjüngen und zu erhalten. Das bekannteste Beyspiel da- von enthält die Geschichte des König David, aber man findet in den Schriften der Aerzte mehrere Spuren, dass es da- mals eine sehr gewöhnliche und beliebte Hülfe des Alters war. Selbst in neuern Zeiten ist dieser Rath mit Nutzen befolgt worden; der grosse Boerhave liess einen alten Amsterdamer Bürgermeister zwi- schen zwey jungen Leuten schlafen, und versichert, der Alte habe dadurch sicht- bar an Munterkeit und Kräften zuge- nommen. Und gewiss wenn man be- denkt, was der Lebensdunst frisch auf-
chen, lieber erſt einen Tag zu faſten, und über dem Geiſt nie den Leib zu ver- geſſen.
Eine ſonderbare Methode, das Le- ben im Alter zu verlängern, die ſich ebenfalls aus den früheſten Zeiten her- ſchreibt, war die Gerocomic, die Ge- wohnheit, einen alten abgelebten Körper durch die nahe Atmosphäre friſcher auf- blühender Jugend zu verjüngen und zu erhalten. Das bekannteſte Beyſpiel da- von enthält die Geſchichte des König David, aber man findet in den Schriften der Aerzte mehrere Spuren, daſs es da- mals eine ſehr gewöhnliche und beliebte Hülfe des Alters war. Selbſt in neuern Zeiten iſt dieſer Rath mit Nutzen befolgt worden; der groſse Boerhave lieſs einen alten Amſterdamer Bürgermeiſter zwi- ſchen zwey jungen Leuten ſchlafen, und verſichert, der Alte habe dadurch ſicht- bar an Munterkeit und Kräften zuge- nommen. Und gewiſs wenn man be- denkt, was der Lebensdunſt friſch auf-
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chen, lieber erſt einen Tag zu faſten,
und über dem Geiſt nie den Leib zu ver-
geſſen.
Eine ſonderbare Methode, das Le-
ben im Alter zu verlängern, die ſich
ebenfalls aus den früheſten Zeiten her-
ſchreibt, war die Gerocomic, die Ge-
wohnheit, einen alten abgelebten Körper
durch die nahe Atmosphäre friſcher auf-
blühender Jugend zu verjüngen und zu
erhalten. Das bekannteſte Beyſpiel da-
von enthält die Geſchichte des König
David, aber man findet in den Schriften
der Aerzte mehrere Spuren, daſs es da-
mals eine ſehr gewöhnliche und beliebte
Hülfe des Alters war. Selbſt in neuern
Zeiten iſt dieſer Rath mit Nutzen befolgt
worden; der groſse Boerhave lieſs einen
alten Amſterdamer Bürgermeiſter zwi-
ſchen zwey jungen Leuten ſchlafen, und
verſichert, der Alte habe dadurch ſicht-
bar an Munterkeit und Kräften zuge-
nommen. Und gewiſs wenn man be-
denkt, was der Lebensdunſt friſch auf-
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/38>, abgerufen am 28.11.2024.
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