Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Kurz, der Mensch hat offenbar
mehr geistigen Antheil, als ihm bloss
für diese Welt nöthig wäre, und dieses
Uebermass von geistiger Kraft hält und
trägt gleichsam das Körperliche mit.
Nur der körperliche Antheil führt die
Aufreibung und den Tod mit sich. *)

Ich kann hier die Bemerkung nicht
unterdrücken, wie sichtbar auch hierin
der moralische Zweck, die höhere Be-
stimmung des Menschen mit seiner phy-
sischen Existenz verwebt ist, und wie
also das, was ihn eigentlich zum Men-
schen macht, Vernunft und höheres
Denkvermögen
, nicht bloss seine mora-
lische, sondern auch seine physische
Vollkommenheit erhält; folglich eine
gehörige Kultur seiner geistigen Kräfte,
besonders die moralische, ihn unleug-
bar nicht bloss moralisch sondern auch
physisch vollkommener macht, und sei-

*) Nicht ganz unrecht drückte sich daher ein
Franzos so aus: La mort est la plus grande
betise
.

Kurz, der Menſch hat offenbar
mehr geiſtigen Antheil, als ihm bloſs
für dieſe Welt nöthig wäre, und dieſes
Uebermaſs von geiſtiger Kraft hält und
trägt gleichſam das Körperliche mit.
Nur der körperliche Antheil führt die
Aufreibung und den Tod mit ſich. *)

Ich kann hier die Bemerkung nicht
unterdrücken, wie ſichtbar auch hierin
der moraliſche Zweck, die höhere Be-
ſtimmung des Menſchen mit ſeiner phy-
ſiſchen Exiſtenz verwebt iſt, und wie
alſo das, was ihn eigentlich zum Men-
ſchen macht, Vernunft und höheres
Denkvermögen
, nicht bloſs ſeine mora-
liſche, ſondern auch ſeine phyſiſche
Vollkommenheit erhält; folglich eine
gehörige Kultur ſeiner geiſtigen Kräfte,
beſonders die moraliſche, ihn unleug-
bar nicht bloſs moraliſch ſondern auch
phyſiſch vollkommener macht, und ſei-

*) Nicht ganz unrecht drückte ſich daher ein
Franzos ſo aus: La mort eſt la plus grande
betiſe
.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0278" n="250"/>
            <p>Kurz, der Men&#x017F;ch hat offenbar<lb/>
mehr gei&#x017F;tigen Antheil, als ihm blo&#x017F;s<lb/>
für die&#x017F;e Welt nöthig wäre, und die&#x017F;es<lb/>
Ueberma&#x017F;s von gei&#x017F;tiger Kraft hält und<lb/>
trägt gleich&#x017F;am das Körperliche mit.<lb/>
Nur der körperliche Antheil führt die<lb/>
Aufreibung und den Tod mit &#x017F;ich. <note place="foot" n="*)">Nicht ganz unrecht drückte &#x017F;ich daher ein<lb/>
Franzos &#x017F;o aus: <hi rendition="#i">La mort e&#x017F;t la plus grande<lb/>
beti&#x017F;e</hi>.</note></p><lb/>
            <p>Ich kann hier die Bemerkung nicht<lb/>
unterdrücken, wie &#x017F;ichtbar auch hierin<lb/>
der morali&#x017F;che Zweck, die höhere Be-<lb/>
&#x017F;timmung des Men&#x017F;chen mit &#x017F;einer phy-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;chen Exi&#x017F;tenz verwebt i&#x017F;t, und wie<lb/>
al&#x017F;o das, was ihn eigentlich zum Men-<lb/>
&#x017F;chen macht, <hi rendition="#i">Vernunft</hi> und <hi rendition="#i">höheres<lb/>
Denkvermögen</hi>, nicht blo&#x017F;s &#x017F;eine mora-<lb/>
li&#x017F;che, &#x017F;ondern auch &#x017F;eine phy&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Vollkommenheit erhält; folglich eine<lb/>
gehörige Kultur &#x017F;einer gei&#x017F;tigen Kräfte,<lb/>
be&#x017F;onders die morali&#x017F;che, ihn unleug-<lb/>
bar nicht blo&#x017F;s morali&#x017F;ch &#x017F;ondern auch<lb/>
phy&#x017F;i&#x017F;ch vollkommener macht, und &#x017F;ei-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0278] Kurz, der Menſch hat offenbar mehr geiſtigen Antheil, als ihm bloſs für dieſe Welt nöthig wäre, und dieſes Uebermaſs von geiſtiger Kraft hält und trägt gleichſam das Körperliche mit. Nur der körperliche Antheil führt die Aufreibung und den Tod mit ſich. *) Ich kann hier die Bemerkung nicht unterdrücken, wie ſichtbar auch hierin der moraliſche Zweck, die höhere Be- ſtimmung des Menſchen mit ſeiner phy- ſiſchen Exiſtenz verwebt iſt, und wie alſo das, was ihn eigentlich zum Men- ſchen macht, Vernunft und höheres Denkvermögen, nicht bloſs ſeine mora- liſche, ſondern auch ſeine phyſiſche Vollkommenheit erhält; folglich eine gehörige Kultur ſeiner geiſtigen Kräfte, beſonders die moraliſche, ihn unleug- bar nicht bloſs moraliſch ſondern auch phyſiſch vollkommener macht, und ſei- *) Nicht ganz unrecht drückte ſich daher ein Franzos ſo aus: La mort eſt la plus grande betiſe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/278
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/278>, abgerufen am 29.11.2024.