Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.schlaf, ihr Leben nicht so hoch brin- *) Ja bey mancher Pflanze finden wir wirklich
etwas, was sich mit dem täglichen Schlaf der Menschen vollkommen vergleichen lässt. Sie legen alle Abende ihre Blätter an einander oder senken sie nieder, die Blüten verschliessen sich, und die ganze Aeusserliche verräth einen Zustand von Ruhe und Eingezogenheit. Man hat diess der Kühlung und Abendfeuchtigkeit zuschreiben wollen, aber es geschieht auch im Gewächs- hause. Andre haben es für eine Folge der Dun- kelheit gehalten, aber manche schliessen sich im Sommer schon Nachmittags 6 Uhr. Ja das Tragopogon luteum schliesst sich schon früh um 9 Uhr, und diese Pflanze liesse sich also mit den Nachtthieren und Vögeln der animalischen Welt vergleichen, die bey Nacht nur munter sind und bey Tage schlafen. -- Ja fast jede Stunde des Tages hat eine Pflanze, die sich da schliesst, und darauf gründet sich die Pflanzenuhr. ſchlaf, ihr Leben nicht ſo hoch brin- *) Ja bey mancher Pflanze finden wir wirklich
etwas, was ſich mit dem täglichen Schlaf der Menſchen vollkommen vergleichen läſst. Sie legen alle Abende ihre Blätter an einander oder ſenken ſie nieder, die Blüten verſchlieſsen ſich, und die ganze Aeuſserliche verräth einen Zuſtand von Ruhe und Eingezogenheit. Man hat dieſs der Kühlung und Abendfeuchtigkeit zuſchreiben wollen, aber es geſchieht auch im Gewächs- hauſe. Andre haben es für eine Folge der Dun- kelheit gehalten, aber manche ſchlieſsen ſich im Sommer ſchon Nachmittags 6 Uhr. Ja das Tragopogon luteum ſchlieſst ſich ſchon früh um 9 Uhr, und dieſe Pflanze lieſse ſich alſo mit den Nachtthieren und Vögeln der animaliſchen Welt vergleichen, die bey Nacht nur munter ſind und bey Tage ſchlafen. — Ja faſt jede Stunde des Tages hat eine Pflanze, die ſich da ſchlieſst, und darauf gründet ſich die Pflanzenuhr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0113" n="85"/> ſchlaf, ihr Leben nicht ſo hoch brin-<lb/> gen. <note place="foot" n="*)">Ja bey mancher Pflanze finden wir wirklich<lb/> etwas, was ſich mit dem täglichen Schlaf der<lb/> Menſchen vollkommen vergleichen läſst. Sie<lb/> legen alle Abende ihre Blätter an einander oder<lb/> ſenken ſie nieder, die Blüten verſchlieſsen ſich,<lb/> und die ganze Aeuſserliche verräth einen Zuſtand<lb/> von Ruhe und Eingezogenheit. Man hat dieſs<lb/> der Kühlung und Abendfeuchtigkeit zuſchreiben<lb/> wollen, aber es geſchieht auch im Gewächs-<lb/> hauſe. Andre haben es für eine Folge der Dun-<lb/> kelheit gehalten, aber manche ſchlieſsen ſich<lb/> im Sommer ſchon Nachmittags 6 Uhr. Ja das<lb/><hi rendition="#i">Tragopogon luteum</hi> ſchlieſst ſich ſchon früh um<lb/> 9 Uhr, und dieſe Pflanze lieſse ſich alſo mit den<lb/> Nachtthieren und Vögeln der animaliſchen Welt<lb/> vergleichen, die bey Nacht nur munter ſind<lb/> und bey Tage ſchlafen. — Ja faſt jede Stunde<lb/> des Tages hat eine Pflanze, die ſich da ſchlieſst,<lb/> und darauf gründet ſich die <hi rendition="#i">Pflanzenuhr</hi>.</note> —</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [85/0113]
ſchlaf, ihr Leben nicht ſo hoch brin-
gen. *) —
*) Ja bey mancher Pflanze finden wir wirklich
etwas, was ſich mit dem täglichen Schlaf der
Menſchen vollkommen vergleichen läſst. Sie
legen alle Abende ihre Blätter an einander oder
ſenken ſie nieder, die Blüten verſchlieſsen ſich,
und die ganze Aeuſserliche verräth einen Zuſtand
von Ruhe und Eingezogenheit. Man hat dieſs
der Kühlung und Abendfeuchtigkeit zuſchreiben
wollen, aber es geſchieht auch im Gewächs-
hauſe. Andre haben es für eine Folge der Dun-
kelheit gehalten, aber manche ſchlieſsen ſich
im Sommer ſchon Nachmittags 6 Uhr. Ja das
Tragopogon luteum ſchlieſst ſich ſchon früh um
9 Uhr, und dieſe Pflanze lieſse ſich alſo mit den
Nachtthieren und Vögeln der animaliſchen Welt
vergleichen, die bey Nacht nur munter ſind
und bey Tage ſchlafen. — Ja faſt jede Stunde
des Tages hat eine Pflanze, die ſich da ſchlieſst,
und darauf gründet ſich die Pflanzenuhr.
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Zitationshilfe: | Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/113>, abgerufen am 16.07.2024. |