die Handelszentren, so bedurften und erlangten nun- mehr auch die politischen Hauptstädte der geschlossenen Staaten einen "generellen" Botendienst. Es ist kein Zufall, dass fast gleichzeitig für die Beförderung der Staatsde- peschen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Frankreich, Deutschland und (etwas später auch) in Eng- land von dem Landesherrn ein regelmässiger Reit- postdienst eingeführt wird. Die Botenanstalten der Kor- porationen stellen die Anfänge des gemeinwirtschaft- lichen Dienstes, die Aufstellung der fürstlichen "chevau- cheurs", die Anfänge des Regals dar. --
Die Entwicklung der Post im hl. römischen Reich deut- scher Nation ist nach dem Vorstehenden schon gegeben: ihre Wurzel liegt einerseits in dem regen Verkehr der Korporationen, der Klöster und Städterepubliken, z. T. auch der Universitäten, andererseits in der Ausbreitung und Zen- tralisierung der Hausmacht der einzelnen Fürsten.
An den beiden Vorgängern nun, der städtischen Boten- anstalt und dem fürstlichen Staffetten-Relais kann man fast mit voller Sicherheit abmessen, was die Taxis'sche Anstalt ursprünglich dargestellt hat. Mag sie 1491 oder 1501, oder einige Jahrzehnte früher, oder ein Jahrzehnt später eingerichtet worden sein -- die Untersuchung hier- über ist ja noch nicht abgeschlossen (s. unten Anlage IX) -- das ist für die Entwicklung der Post, als eines Hebels der modernen Volkswirtschaft, sehr nebensächlich. Die Hauptsache ist: damit festgestellt zu haben, dass die An- stalt nichts weiter war und das Wort "Poste" -- genauer "Les postes," der Pluriel wird in Urkunden noch nach 1600 gebraucht -- nichts weiter bedeute, als die Sicherung des Pferdewechsels für die Feldjäger ("chevaucheurs"), welche auf der Brüssel-Innsbrucker und spanischen Route die Depeschen von Hof zu Hof zu vermitteln hatten. Die angebliche "Erfindung" stellt sich hiernach als ein ziemlich
die Handelszentren, so bedurften und erlangten nun- mehr auch die politischen Hauptstädte der geschlossenen Staaten einen »generellen« Botendienst. Es ist kein Zufall, dass fast gleichzeitig für die Beförderung der Staatsde- peschen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Frankreich, Deutschland und (etwas später auch) in Eng- land von dem Landesherrn ein regelmässiger Reit- postdienst eingeführt wird. Die Botenanstalten der Kor- porationen stellen die Anfänge des gemeinwirtschaft- lichen Dienstes, die Aufstellung der fürstlichen »chevau- cheurs«, die Anfänge des Regals dar. —
Die Entwicklung der Post im hl. römischen Reich deut- scher Nation ist nach dem Vorstehenden schon gegeben: ihre Wurzel liegt einerseits in dem regen Verkehr der Korporationen, der Klöster und Städterepubliken, z. T. auch der Universitäten, andererseits in der Ausbreitung und Zen- tralisierung der Hausmacht der einzelnen Fürsten.
An den beiden Vorgängern nun, der städtischen Boten- anstalt und dem fürstlichen Staffetten-Relais kann man fast mit voller Sicherheit abmessen, was die Taxis’sche Anstalt ursprünglich dargestellt hat. Mag sie 1491 oder 1501, oder einige Jahrzehnte früher, oder ein Jahrzehnt später eingerichtet worden sein — die Untersuchung hier- über ist ja noch nicht abgeschlossen (s. unten Anlage IX) — das ist für die Entwicklung der Post, als eines Hebels der modernen Volkswirtschaft, sehr nebensächlich. Die Hauptsache ist: damit festgestellt zu haben, dass die An- stalt nichts weiter war und das Wort »Poste« — genauer »Les postes,« der Pluriel wird in Urkunden noch nach 1600 gebraucht — nichts weiter bedeute, als die Sicherung des Pferdewechsels für die Feldjäger (»chevaucheurs«), welche auf der Brüssel-Innsbrucker und spanischen Route die Depeschen von Hof zu Hof zu vermitteln hatten. Die angebliche »Erfindung« stellt sich hiernach als ein ziemlich
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Staaten einen »generellen« Botendienst. Es ist kein Zufall,
dass fast gleichzeitig für die Beförderung der Staatsde-
peschen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in
Frankreich, Deutschland und (etwas später auch) in Eng-
land von dem Landesherrn ein regelmässiger Reit-
postdienst eingeführt wird. Die Botenanstalten der Kor-
porationen stellen die Anfänge des gemeinwirtschaft-
lichen Dienstes, die Aufstellung der fürstlichen »chevau-
cheurs«, die Anfänge des Regals dar. —
Die Entwicklung der Post im hl. römischen Reich deut-
scher Nation ist nach dem Vorstehenden schon gegeben:
ihre Wurzel liegt einerseits in dem regen Verkehr der
Korporationen, der Klöster und Städterepubliken, z. T. auch
der Universitäten, andererseits in der Ausbreitung und Zen-
tralisierung der Hausmacht der einzelnen Fürsten.
An den beiden Vorgängern nun, der städtischen Boten-
anstalt und dem fürstlichen Staffetten-Relais kann man
fast mit voller Sicherheit abmessen, was die Taxis’sche
Anstalt ursprünglich dargestellt hat. Mag sie 1491 oder
1501, oder einige Jahrzehnte früher, oder ein Jahrzehnt
später eingerichtet worden sein — die Untersuchung hier-
über ist ja noch nicht abgeschlossen (s. unten Anlage IX)
— das ist für die Entwicklung der Post, als eines Hebels
der modernen Volkswirtschaft, sehr nebensächlich. Die
Hauptsache ist: damit festgestellt zu haben, dass die An-
stalt nichts weiter war und das Wort »Poste« — genauer
»Les postes,« der Pluriel wird in Urkunden noch nach
1600 gebraucht — nichts weiter bedeute, als die Sicherung
des Pferdewechsels für die Feldjäger (»chevaucheurs«),
welche auf der Brüssel-Innsbrucker und spanischen Route
die Depeschen von Hof zu Hof zu vermitteln hatten. Die
angebliche »Erfindung« stellt sich hiernach als ein ziemlich
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/80>, abgerufen am 16.02.2025.
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