nis noch nicht vorhanden: es ging mit dem Cursus publicus des römischen Reiches wie mit dem Münz-Regal: auch letzteres, als formales Recht war von Rom auf die Karolinger übergegangen, aber zu seiner lebendigen Aus- übung fehlte es an dem nötigen Handelsverkehr und an der zielbewussten Erfassung des Souveränitätsbegriffs; für beide Institutionen war das junge Reich zu wenig zentra- lisiert und zu wenig kulturell ausgebildet (s. unten Anl. IV). --
Noch eher trafen die letzten beiden Voraussetzungen bei einem anderen Miterben Roms, nämlich bei dem Cha- lifenreich zu.
So merkwürdig es klingt, so glaube ich doch mit Grund annehmen zu dürfen, dass dieses arabische Reich -- nicht das Karls des Grossen oder die Botenanstalt der Deutschorden -- bezüglich der Organisation der Post das Bindeglied für das auszufüllende Jahrtausend zwischen dem Cursus publicus und der Reichslehenspost, die ungezwungene Ueberleitung vom Institut des Altertums zu dem der Neuzeit abgab.
Wie das Perser- und Römerreich nämlich, so hatte auch das Chalifenreich bei seiner ungeheuren Ausdehnung vom Indus bis zum Quadalquivir das naturgemäss gegebene Bedürfnis, mit dem Mittelpunkte der Verwaltung, Bagdad, die Provinzen zu verbinden. Die Befriedigung dieses Be- dürfnisses wurde erleichtert durch eine der blühenden Kultur wenigstens einigermassen entsprechende Strassentechnik. Mitte des 10. Jahrhunderts wies das Reich ein Strassennetz von -- allerdings nur etwa 1000 Meilen Gesamtlänge, und 930 Stationen -- welche nur 1--2 Meilen von einander waren -- für die Depeschenreiter auf (s. Thieme, "Die Posten der Chalifen" im "Archiv für Post und Telegraphie" von 1879, S. 617--633); die Kosten für den Unterhalt der Tiere werden auf 2 Mill. M. angegeben.
Der arabische Geschichtschreiber Abulfeda (1273 --1331) schreibt die Einrichtung dieser Post einem "Mahdi"
Huber. 4
nis noch nicht vorhanden: es ging mit dem Cursus publicus des römischen Reiches wie mit dem Münz-Regal: auch letzteres, als formales Recht war von Rom auf die Karolinger übergegangen, aber zu seiner lebendigen Aus- übung fehlte es an dem nötigen Handelsverkehr und an der zielbewussten Erfassung des Souveränitätsbegriffs; für beide Institutionen war das junge Reich zu wenig zentra- lisiert und zu wenig kulturell ausgebildet (s. unten Anl. IV). —
Noch eher trafen die letzten beiden Voraussetzungen bei einem anderen Miterben Roms, nämlich bei dem Cha- lifenreich zu.
So merkwürdig es klingt, so glaube ich doch mit Grund annehmen zu dürfen, dass dieses arabische Reich — nicht das Karls des Grossen oder die Botenanstalt der Deutschorden — bezüglich der Organisation der Post das Bindeglied für das auszufüllende Jahrtausend zwischen dem Cursus publicus und der Reichslehenspost, die ungezwungene Ueberleitung vom Institut des Altertums zu dem der Neuzeit abgab.
Wie das Perser- und Römerreich nämlich, so hatte auch das Chalifenreich bei seiner ungeheuren Ausdehnung vom Indus bis zum Quadalquivir das naturgemäss gegebene Bedürfnis, mit dem Mittelpunkte der Verwaltung, Bagdad, die Provinzen zu verbinden. Die Befriedigung dieses Be- dürfnisses wurde erleichtert durch eine der blühenden Kultur wenigstens einigermassen entsprechende Strassentechnik. Mitte des 10. Jahrhunderts wies das Reich ein Strassennetz von — allerdings nur etwa 1000 Meilen Gesamtlänge, und 930 Stationen — welche nur 1—2 Meilen von einander waren — für die Depeschenreiter auf (s. Thieme, »Die Posten der Chalifen« im »Archiv für Post und Telegraphie« von 1879, S. 617—633); die Kosten für den Unterhalt der Tiere werden auf 2 Mill. M. angegeben.
Der arabische Geschichtschreiber Abulfeda (1273 —1331) schreibt die Einrichtung dieser Post einem »Mahdi«
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nis noch nicht vorhanden: es ging mit dem Cursus
publicus des römischen Reiches wie mit dem Münz-Regal:
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Karolinger übergegangen, aber zu seiner lebendigen Aus-
übung fehlte es an dem nötigen Handelsverkehr und an
der zielbewussten Erfassung des Souveränitätsbegriffs; für
beide Institutionen war das junge Reich zu wenig zentra-
lisiert und zu wenig kulturell ausgebildet (s. unten Anl. IV). —
Noch eher trafen die letzten beiden Voraussetzungen
bei einem anderen Miterben Roms, nämlich bei dem Cha-
lifenreich zu.
So merkwürdig es klingt, so glaube ich doch mit Grund
annehmen zu dürfen, dass dieses arabische Reich — nicht das
Karls des Grossen oder die Botenanstalt der Deutschorden
— bezüglich der Organisation der Post das Bindeglied für
das auszufüllende Jahrtausend zwischen dem Cursus publicus
und der Reichslehenspost, die ungezwungene Ueberleitung
vom Institut des Altertums zu dem der Neuzeit abgab.
Wie das Perser- und Römerreich nämlich, so hatte
auch das Chalifenreich bei seiner ungeheuren Ausdehnung
vom Indus bis zum Quadalquivir das naturgemäss gegebene
Bedürfnis, mit dem Mittelpunkte der Verwaltung, Bagdad,
die Provinzen zu verbinden. Die Befriedigung dieses Be-
dürfnisses wurde erleichtert durch eine der blühenden Kultur
wenigstens einigermassen entsprechende Strassentechnik.
Mitte des 10. Jahrhunderts wies das Reich ein Strassennetz
von — allerdings nur etwa 1000 Meilen Gesamtlänge, und
930 Stationen — welche nur 1—2 Meilen von einander
waren — für die Depeschenreiter auf (s. Thieme, »Die
Posten der Chalifen« im »Archiv für Post und Telegraphie«
von 1879, S. 617—633); die Kosten für den Unterhalt der
Tiere werden auf 2 Mill. M. angegeben.
Der arabische Geschichtschreiber Abulfeda (1273
—1331) schreibt die Einrichtung dieser Post einem »Mahdi«
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/65>, abgerufen am 29.07.2024.
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