Provinzen, mit den Agenten über einen unzuverlässigen Rivalen, und mit den bis an die Barbaren-Grenzen vorge- schobenen Vorposten musste ein ständiger Rapport herge- stellt und dessen relaismässige Organisation als Werkzeug der Defensive und ständigen Kriegsbereitschaft erprobt werden.
Nach all dem gehört zu den wesentlichen und charak- teristischen Merkmalen des römischen cursus publicus seine finanzielle Seite, seine Eigenschaft, zuerst vor der Ab- lösung: als Reallast und später, vom 4. Jahrhundert an als sehr namhafte Position im Budget des spätrömischen Staates. Für die erste Periode muss man ihn als Glied einesteils des römischen Lieferungs- und Steuerwesens, andernteils der Bürgerpflicht der Provinzialen gegenüber der Zivil- und Militärverwaltung betrachten. An sich waren die Unter- thanen überhaupt nur Dach und Fach schuldig; die Statt- halter konnten wohl im Notfall nach Ermessen darüber hinausgehende Lieferungen requierieren, die Lieferungen aber wurden als Steuervorschuss behandelt. Drückender aber als diese normierte Steuerlast war deren willkürliche Erhöhung durch die römischen Beamten (s. Mommsen römische Geschichte, 1855 II. Bd., S. 366). Einen ganz analogen Gang nun, wie dieses Steuer- und Lieferungs- wesen, nahm die Frohnleistung für den cursus publicus, sogar in Bezug auf das von Konstantius 354 und von Aurelius Viktor beklagte "in pestem vertere posteriorum avaritia insolentiaque". Die fortdauernden Klagen über diesen Amtsmissbrauch geben nun einen Anhalt dafür, ein- mal wie lebhaft der Verkehr jener Zeit war, sodann dafür, mit welchem Effekt die Ablösung der Gemeindelast voll- zogen worden ist. Wäre diese Ablösung für das ganze Reich aufrecht erhalten geblieben, so hätte, da es der Stationen und Mansionen doch über tausend gewesen sein dürften, der Aufwand für den Cursus publicus etwa 2--6
Provinzen, mit den Agenten über einen unzuverlässigen Rivalen, und mit den bis an die Barbaren-Grenzen vorge- schobenen Vorposten musste ein ständiger Rapport herge- stellt und dessen relaismässige Organisation als Werkzeug der Defensive und ständigen Kriegsbereitschaft erprobt werden.
Nach all dem gehört zu den wesentlichen und charak- teristischen Merkmalen des römischen cursus publicus seine finanzielle Seite, seine Eigenschaft, zuerst vor der Ab- lösung: als Reallast und später, vom 4. Jahrhundert an als sehr namhafte Position im Budget des spätrömischen Staates. Für die erste Periode muss man ihn als Glied einesteils des römischen Lieferungs- und Steuerwesens, andernteils der Bürgerpflicht der Provinzialen gegenüber der Zivil- und Militärverwaltung betrachten. An sich waren die Unter- thanen überhaupt nur Dach und Fach schuldig; die Statt- halter konnten wohl im Notfall nach Ermessen darüber hinausgehende Lieferungen requierieren, die Lieferungen aber wurden als Steuervorschuss behandelt. Drückender aber als diese normierte Steuerlast war deren willkürliche Erhöhung durch die römischen Beamten (s. Mommsen römische Geschichte, 1855 II. Bd., S. 366). Einen ganz analogen Gang nun, wie dieses Steuer- und Lieferungs- wesen, nahm die Frohnleistung für den cursus publicus, sogar in Bezug auf das von Konstantius 354 und von Aurelius Viktor beklagte »in pestem vertere posteriorum avaritia insolentiaque«. Die fortdauernden Klagen über diesen Amtsmissbrauch geben nun einen Anhalt dafür, ein- mal wie lebhaft der Verkehr jener Zeit war, sodann dafür, mit welchem Effekt die Ablösung der Gemeindelast voll- zogen worden ist. Wäre diese Ablösung für das ganze Reich aufrecht erhalten geblieben, so hätte, da es der Stationen und Mansionen doch über tausend gewesen sein dürften, der Aufwand für den Cursus publicus etwa 2—6
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Provinzen, mit den Agenten über einen unzuverlässigen
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schobenen Vorposten musste ein ständiger Rapport herge-
stellt und dessen relaismässige Organisation als Werkzeug
der Defensive und ständigen Kriegsbereitschaft erprobt
werden.
Nach all dem gehört zu den wesentlichen und charak-
teristischen Merkmalen des römischen cursus publicus seine
finanzielle Seite, seine Eigenschaft, zuerst vor der Ab-
lösung: als Reallast und später, vom 4. Jahrhundert an als
sehr namhafte Position im Budget des spätrömischen Staates.
Für die erste Periode muss man ihn als Glied einesteils
des römischen Lieferungs- und Steuerwesens, andernteils
der Bürgerpflicht der Provinzialen gegenüber der Zivil- und
Militärverwaltung betrachten. An sich waren die Unter-
thanen überhaupt nur Dach und Fach schuldig; die Statt-
halter konnten wohl im Notfall nach Ermessen darüber
hinausgehende Lieferungen requierieren, die Lieferungen
aber wurden als Steuervorschuss behandelt. Drückender
aber als diese normierte Steuerlast war deren willkürliche
Erhöhung durch die römischen Beamten (s. Mommsen
römische Geschichte, 1855 II. Bd., S. 366). Einen ganz
analogen Gang nun, wie dieses Steuer- und Lieferungs-
wesen, nahm die Frohnleistung für den cursus publicus,
sogar in Bezug auf das von Konstantius 354 und von
Aurelius Viktor beklagte »in pestem vertere posteriorum
avaritia insolentiaque«. Die fortdauernden Klagen über
diesen Amtsmissbrauch geben nun einen Anhalt dafür, ein-
mal wie lebhaft der Verkehr jener Zeit war, sodann dafür,
mit welchem Effekt die Ablösung der Gemeindelast voll-
zogen worden ist. Wäre diese Ablösung für das ganze
Reich aufrecht erhalten geblieben, so hätte, da es der
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dürften, der Aufwand für den Cursus publicus etwa 2—6
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/61>, abgerufen am 28.07.2024.
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