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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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schaft, von einer Fussboten-, Reitkurier-, Postkutschen-,
Eisenbahn- und Telephon-Wirtschaft reden; es wäre viel-
leicht diese Unterscheidung für das Nacheinander und das
heutige Nebeneinander der verschiedenen Kulturstufen be-
zeichnender als die gebräuchliche. --

Nun muss man sich weiter vergegenwärtigen, dass
bei einer Organisation das, was einem primitiven
Alarm- (oder Verkehrs-)Bedürfnis dient, wesentlich etwas
anderes darstellt, als was aus einem intensiveren Bedürfnis
herauswächst. In der vulgären Rekonstruktion der älteren
Posteinrichtungen begegnen wir einem ähnlichen optimis-
tischen Uebereifer, wie er z. B. bis vor einem Jahrzehnt
in der Rekonstruktion der Römerstrassen geherrscht hat.
Wie man früher den Ausbau des ganzen Strassennetzes
schon für die Zeit des Kaiser Augustus voraussetzte und
zugleich annahm, dass diese Strassen von Anfang an mit
bewundernswerter Terrainkenntnis, mit stets passendem
Material und stets in genauer Anpassung an ihren mili-
tärischen Zweck, also ohne irgend einen Fehler in ihrer
Anlage ausgeführt seien, ebenso soll, phantasieren die
meisten, die kaiserliche römische Post fix und tadellos schon
unter den ersten Kaisern funktioniert haben. Je weniger
man ferner von einer Post-Organisation z. B. Karl's des
Grossen wissen konnte, umso mehr wurde davon fabuliert.
Ebenso wird weiter die französische Postorganisation, weil
Karl VIII. in einer Verfügung von 1487 von der "poste"
spricht, und die englische Postorganisation, weil die Königin
Elisabeth da und dort berittene Boten gebrauchte, je um
150 Jahre zurückdatiert u. s. w.

Im Wege einer weitherzigen Interpretation wird so die
Entwickelung von Jahrzehnten und Jahrhunderten in einen
Moment der angeblichen "Erfindung" zusammengedrängt.
Dem steht aber ein zweites Moment entgegen, nämlich das
Wesen und die komplizierte Zusammensetzung speziell der

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schaft, von einer Fussboten-, Reitkurier-, Postkutschen-,
Eisenbahn- und Telephon-Wirtschaft reden; es wäre viel-
leicht diese Unterscheidung für das Nacheinander und das
heutige Nebeneinander der verschiedenen Kulturstufen be-
zeichnender als die gebräuchliche. —

Nun muss man sich weiter vergegenwärtigen, dass
bei einer Organisation das, was einem primitiven
Alarm- (oder Verkehrs-)Bedürfnis dient, wesentlich etwas
anderes darstellt, als was aus einem intensiveren Bedürfnis
herauswächst. In der vulgären Rekonstruktion der älteren
Posteinrichtungen begegnen wir einem ähnlichen optimis-
tischen Uebereifer, wie er z. B. bis vor einem Jahrzehnt
in der Rekonstruktion der Römerstrassen geherrscht hat.
Wie man früher den Ausbau des ganzen Strassennetzes
schon für die Zeit des Kaiser Augustus voraussetzte und
zugleich annahm, dass diese Strassen von Anfang an mit
bewundernswerter Terrainkenntnis, mit stets passendem
Material und stets in genauer Anpassung an ihren mili-
tärischen Zweck, also ohne irgend einen Fehler in ihrer
Anlage ausgeführt seien, ebenso soll, phantasieren die
meisten, die kaiserliche römische Post fix und tadellos schon
unter den ersten Kaisern funktioniert haben. Je weniger
man ferner von einer Post-Organisation z. B. Karl’s des
Grossen wissen konnte, umso mehr wurde davon fabuliert.
Ebenso wird weiter die französische Postorganisation, weil
Karl VIII. in einer Verfügung von 1487 von der »poste«
spricht, und die englische Postorganisation, weil die Königin
Elisabeth da und dort berittene Boten gebrauchte, je um
150 Jahre zurückdatiert u. s. w.

Im Wege einer weitherzigen Interpretation wird so die
Entwickelung von Jahrzehnten und Jahrhunderten in einen
Moment der angeblichen »Erfindung« zusammengedrängt.
Dem steht aber ein zweites Moment entgegen, nämlich das
Wesen und die komplizierte Zusammensetzung speziell der

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[19/0035] schaft, von einer Fussboten-, Reitkurier-, Postkutschen-, Eisenbahn- und Telephon-Wirtschaft reden; es wäre viel- leicht diese Unterscheidung für das Nacheinander und das heutige Nebeneinander der verschiedenen Kulturstufen be- zeichnender als die gebräuchliche. — Nun muss man sich weiter vergegenwärtigen, dass bei einer Organisation das, was einem primitiven Alarm- (oder Verkehrs-)Bedürfnis dient, wesentlich etwas anderes darstellt, als was aus einem intensiveren Bedürfnis herauswächst. In der vulgären Rekonstruktion der älteren Posteinrichtungen begegnen wir einem ähnlichen optimis- tischen Uebereifer, wie er z. B. bis vor einem Jahrzehnt in der Rekonstruktion der Römerstrassen geherrscht hat. Wie man früher den Ausbau des ganzen Strassennetzes schon für die Zeit des Kaiser Augustus voraussetzte und zugleich annahm, dass diese Strassen von Anfang an mit bewundernswerter Terrainkenntnis, mit stets passendem Material und stets in genauer Anpassung an ihren mili- tärischen Zweck, also ohne irgend einen Fehler in ihrer Anlage ausgeführt seien, ebenso soll, phantasieren die meisten, die kaiserliche römische Post fix und tadellos schon unter den ersten Kaisern funktioniert haben. Je weniger man ferner von einer Post-Organisation z. B. Karl’s des Grossen wissen konnte, umso mehr wurde davon fabuliert. Ebenso wird weiter die französische Postorganisation, weil Karl VIII. in einer Verfügung von 1487 von der »poste« spricht, und die englische Postorganisation, weil die Königin Elisabeth da und dort berittene Boten gebrauchte, je um 150 Jahre zurückdatiert u. s. w. Im Wege einer weitherzigen Interpretation wird so die Entwickelung von Jahrzehnten und Jahrhunderten in einen Moment der angeblichen »Erfindung« zusammengedrängt. Dem steht aber ein zweites Moment entgegen, nämlich das Wesen und die komplizierte Zusammensetzung speziell der 2 *

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/35>, abgerufen am 21.11.2024.