Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

die Gleichförmigkeit und Durchschnittsbehand-
lung,
(Einheit in der obersten Leitung, Centralisierung, Nivel-
lierung und Universalierung): schon Klüber ("das Postwesen in
Deutschland" 1811, S. 22) weiss dieselbe als einen Vorzug der
Taxis'schen Verwaltung zu rühmen. Aber erst die Verfeinerung
des Motors erbringt voll das Lebens-Element des Grossbetriebs,
nämlich den Massen-Absatz, der mit der Durchschnitts-
behandlung ("Omnibus": der Reisewagen wird zum "Eisenbahn-
Omnibus", der ländliche Gutsspeicher zum "Elvator-Omnibus")
in Zusammenhang steht. Dabei dürfen wir nicht vergessen,
dass die Eisenbahn nicht nur der Grossbetrieb der Post, sondern
auch der der Frachtgutbeförderung ist; darin liegt ihre
Hauptwirkung, wie der Hauptunterschied von der Post. Bis zu An-
fang dieses Jahrhunderts war ein regelmässiger Austausch fast allein
auf den transitierenden Weltstrassen möglich; auf den schlechten
Nachbarschaftswegen verursachte er zu viel Aufwand an Geld und
Mühe. Auf den Heerstrassen selbst, für den Ferntransport z. B.
von Antwerpen nach Basel betrug gegen die Wende des 16. Jahr-
hunderts (z. B. nach Ryffs Selbstbiographie) die Wagenladung
18--28 Ctr. (3--4 Tuchballen a ca. 6--7 Ctr).

Wohl war allmählich -- mit dem Beginn des Chaussee-
baues nach dem System Mac Adams -- auch die Intensität
des Frachtverkehrs gesteigert und im Speditionsverkehr der
Fuhrmann als der örtlich gebundene Detaillist verdrängt worden,
es schliesst das Zeitalter des "Kärrners" (1816 hatten die in
Preussen vorhandenen 3700 Fuhrmänner nur 8400 Pferde) und
beginnt das der "Frachtfuhrleute" mit ihren schweren Lastwagen.

Aber diese Art von Grossbetrieb kann Ueberfluss und Mangel
verschiedener Gegenden noch nicht hinreichend ausgleichen.
Eine vollständige Nivellierung der Preise, ein Weltmarktsstand-
ard konnte erst erreicht werden, als die Fahrbahn noch mehr
vervollkommnet und solche zugleich mit dem Speditions- und
Frachtbetrieb
und mit der Personenbeförderung in einer
Hand vereinigt wurde. Das geschah mit der Eisenbahn.
Rasch gewann dieser Frachtbetrieb eine grössere Bedeutung
als die Nachrichten-, Personen- und Paketbeförderung zusammen-
genommen erlangt hat. Erst damit kam die arbeitsteilige Güter-

Huber. 15

die Gleichförmigkeit und Durchschnittsbehand-
lung,
(Einheit in der obersten Leitung, Centralisierung, Nivel-
lierung und Universalierung): schon Klüber (»das Postwesen in
Deutschland« 1811, S. 22) weiss dieselbe als einen Vorzug der
Taxis’schen Verwaltung zu rühmen. Aber erst die Verfeinerung
des Motors erbringt voll das Lebens-Element des Grossbetriebs,
nämlich den Massen-Absatz, der mit der Durchschnitts-
behandlung (»Omnibus«: der Reisewagen wird zum »Eisenbahn-
Omnibus«, der ländliche Gutsspeicher zum »Elvator-Omnibus«)
in Zusammenhang steht. Dabei dürfen wir nicht vergessen,
dass die Eisenbahn nicht nur der Grossbetrieb der Post, sondern
auch der der Frachtgutbeförderung ist; darin liegt ihre
Hauptwirkung, wie der Hauptunterschied von der Post. Bis zu An-
fang dieses Jahrhunderts war ein regelmässiger Austausch fast allein
auf den transitierenden Weltstrassen möglich; auf den schlechten
Nachbarschaftswegen verursachte er zu viel Aufwand an Geld und
Mühe. Auf den Heerstrassen selbst, für den Ferntransport z. B.
von Antwerpen nach Basel betrug gegen die Wende des 16. Jahr-
hunderts (z. B. nach Ryffs Selbstbiographie) die Wagenladung
18—28 Ctr. (3—4 Tuchballen à ca. 6—7 Ctr).

Wohl war allmählich — mit dem Beginn des Chaussee-
baues nach dem System Mac Adams — auch die Intensität
des Frachtverkehrs gesteigert und im Speditionsverkehr der
Fuhrmann als der örtlich gebundene Detaillist verdrängt worden,
es schliesst das Zeitalter des »Kärrners« (1816 hatten die in
Preussen vorhandenen 3700 Fuhrmänner nur 8400 Pferde) und
beginnt das der »Frachtfuhrleute« mit ihren schweren Lastwagen.

Aber diese Art von Grossbetrieb kann Ueberfluss und Mangel
verschiedener Gegenden noch nicht hinreichend ausgleichen.
Eine vollständige Nivellierung der Preise, ein Weltmarktsstand-
ard konnte erst erreicht werden, als die Fahrbahn noch mehr
vervollkommnet und solche zugleich mit dem Speditions- und
Frachtbetrieb
und mit der Personenbeförderung in einer
Hand vereinigt wurde. Das geschah mit der Eisenbahn.
Rasch gewann dieser Frachtbetrieb eine grössere Bedeutung
als die Nachrichten-, Personen- und Paketbeförderung zusammen-
genommen erlangt hat. Erst damit kam die arbeitsteilige Güter-

Huber. 15
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0241" n="225"/>
die <hi rendition="#g">Gleichförmigkeit</hi> und <hi rendition="#g">Durchschnittsbehand-<lb/>
lung,</hi> (Einheit in der obersten Leitung, Centralisierung, Nivel-<lb/>
lierung und Universalierung): schon Klüber (»das Postwesen in<lb/>
Deutschland« 1811, S. 22) weiss dieselbe als einen Vorzug der<lb/>
Taxis&#x2019;schen Verwaltung zu rühmen. Aber erst die Verfeinerung<lb/>
des Motors erbringt voll das Lebens-Element des Grossbetriebs,<lb/>
nämlich den <hi rendition="#g">Massen-Absatz,</hi> der mit der Durchschnitts-<lb/>
behandlung (»Omnibus«: der Reisewagen wird zum »Eisenbahn-<lb/>
Omnibus«, der ländliche Gutsspeicher zum »Elvator-Omnibus«)<lb/>
in Zusammenhang steht. Dabei dürfen wir nicht vergessen,<lb/>
dass die Eisenbahn nicht nur der Grossbetrieb der Post, sondern<lb/>
auch der der <hi rendition="#g">Frachtgutbeförderung</hi> ist; darin liegt ihre<lb/>
Hauptwirkung, wie der Hauptunterschied von der Post. Bis zu An-<lb/>
fang dieses Jahrhunderts war ein regelmässiger Austausch fast allein<lb/>
auf den transitierenden Weltstrassen möglich; auf den schlechten<lb/>
Nachbarschaftswegen verursachte er zu viel Aufwand an Geld und<lb/>
Mühe. Auf den Heerstrassen selbst, für den Ferntransport z. B.<lb/>
von Antwerpen nach Basel betrug gegen die Wende des 16. Jahr-<lb/>
hunderts (z. B. nach Ryffs Selbstbiographie) die Wagenladung<lb/>
18&#x2014;28 Ctr. (3&#x2014;4 Tuchballen à ca. 6&#x2014;7 Ctr).</p><lb/>
            <p>Wohl war allmählich &#x2014; mit dem Beginn des Chaussee-<lb/>
baues nach dem System Mac Adams &#x2014; auch die <hi rendition="#g">Intensität</hi><lb/>
des Frachtverkehrs gesteigert und im Speditionsverkehr der<lb/>
Fuhrmann als der örtlich gebundene Detaillist verdrängt worden,<lb/>
es schliesst das Zeitalter des »Kärrners« (1816 hatten die in<lb/>
Preussen vorhandenen 3700 Fuhrmänner nur 8400 Pferde) und<lb/>
beginnt das der »Frachtfuhrleute« mit ihren schweren Lastwagen.</p><lb/>
            <p>Aber diese Art von Grossbetrieb kann Ueberfluss und Mangel<lb/>
verschiedener Gegenden noch nicht hinreichend ausgleichen.<lb/>
Eine vollständige Nivellierung der Preise, ein Weltmarktsstand-<lb/>
ard konnte erst erreicht werden, als die Fahrbahn noch mehr<lb/>
vervollkommnet und solche zugleich <hi rendition="#g">mit dem Speditions- und<lb/>
Frachtbetrieb</hi> und mit der Personenbeförderung in einer<lb/>
Hand vereinigt wurde. Das geschah mit der <hi rendition="#g">Eisenbahn.</hi><lb/>
Rasch gewann dieser Frachtbetrieb eine grössere Bedeutung<lb/>
als die Nachrichten-, Personen- und Paketbeförderung zusammen-<lb/>
genommen erlangt hat. Erst damit kam die arbeitsteilige Güter-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Huber</hi>. 15</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0241] die Gleichförmigkeit und Durchschnittsbehand- lung, (Einheit in der obersten Leitung, Centralisierung, Nivel- lierung und Universalierung): schon Klüber (»das Postwesen in Deutschland« 1811, S. 22) weiss dieselbe als einen Vorzug der Taxis’schen Verwaltung zu rühmen. Aber erst die Verfeinerung des Motors erbringt voll das Lebens-Element des Grossbetriebs, nämlich den Massen-Absatz, der mit der Durchschnitts- behandlung (»Omnibus«: der Reisewagen wird zum »Eisenbahn- Omnibus«, der ländliche Gutsspeicher zum »Elvator-Omnibus«) in Zusammenhang steht. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass die Eisenbahn nicht nur der Grossbetrieb der Post, sondern auch der der Frachtgutbeförderung ist; darin liegt ihre Hauptwirkung, wie der Hauptunterschied von der Post. Bis zu An- fang dieses Jahrhunderts war ein regelmässiger Austausch fast allein auf den transitierenden Weltstrassen möglich; auf den schlechten Nachbarschaftswegen verursachte er zu viel Aufwand an Geld und Mühe. Auf den Heerstrassen selbst, für den Ferntransport z. B. von Antwerpen nach Basel betrug gegen die Wende des 16. Jahr- hunderts (z. B. nach Ryffs Selbstbiographie) die Wagenladung 18—28 Ctr. (3—4 Tuchballen à ca. 6—7 Ctr). Wohl war allmählich — mit dem Beginn des Chaussee- baues nach dem System Mac Adams — auch die Intensität des Frachtverkehrs gesteigert und im Speditionsverkehr der Fuhrmann als der örtlich gebundene Detaillist verdrängt worden, es schliesst das Zeitalter des »Kärrners« (1816 hatten die in Preussen vorhandenen 3700 Fuhrmänner nur 8400 Pferde) und beginnt das der »Frachtfuhrleute« mit ihren schweren Lastwagen. Aber diese Art von Grossbetrieb kann Ueberfluss und Mangel verschiedener Gegenden noch nicht hinreichend ausgleichen. Eine vollständige Nivellierung der Preise, ein Weltmarktsstand- ard konnte erst erreicht werden, als die Fahrbahn noch mehr vervollkommnet und solche zugleich mit dem Speditions- und Frachtbetrieb und mit der Personenbeförderung in einer Hand vereinigt wurde. Das geschah mit der Eisenbahn. Rasch gewann dieser Frachtbetrieb eine grössere Bedeutung als die Nachrichten-, Personen- und Paketbeförderung zusammen- genommen erlangt hat. Erst damit kam die arbeitsteilige Güter- Huber. 15

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/241
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/241>, abgerufen am 25.11.2024.