Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

so überragt, wie z. B. Sebastian Münster (Cosmographica
1536--1544), Franc. Sansovino (1562) und Giov. Botero ("Le
relatione universali" 1589), (letztere durch ihre spezielle Beschränk-
ung auf die vergleichende Untersuchung der Kraft- und Macht-
verhältnisse der bestehenden Staaten). Alle anderen Itineraria
jener Zeit (s. S. 76) geben eine blosse Reisebeschreibung über Selbst-
erlebtes und Selbstgesehenes, einen "sincero raconto del viaggio",
einen "Paradisus Delitiarum Italiae", "aus eigener Experientz"
zusammengebracht, "hodoeporicon seu descriptio itineris"; der
"Viatorius indicans itinera" teilt nichts anderes mit, als eine "In-
dicatio miliarium, quibus singuli loci et civitates distant", wie
sie z. B. schon Bernh. von Breydenbach 1483, für die Reise
von Venedig nach Jerusalem entworfen hat.

Schon ein Fortschritt ist, wenn die 1608 (im gleichen Jahre
mit Codogno) erschienenen "Methodus apodemica seu peregri-
nandi perlustrandique regiones" auch die "diversoria" (S. 20 "rara
vel nulla") behandelt und ähnlich J. Furttenbach (1627) öfters
die Randbemerkung "Würtzhaus" z. B. für die "Reise von
Florenz nach Ancona" anfügt.

Von all diesen Itinerarien ist für unsern speziellen Zweck
das beachtenswerteste dasjenige, das 1563 in Rom erschien,
sich als "Postreisebuch" ankündigt und eine Uebersicht über
die Stationen für Herberge und Pferdewechsel mitteilte. Das
Büchlein ist nämlich von einem Postbeamten, Herba, verfasst,
und verspricht, die "Poste per diverse parti del mundo" mit-
zuteilen, hat aber mit unserem Begriff der Post auch gar nichts
zu thun. Es ist dies ebenso von wirtschaftsgeschichtlichem wie
etymologischem Belang. Herba's "Itinerario delle poste", macht
nicht, wie dasjenige Codognos da und dort, etwa Reklame für
die damalige Reitboten-Organisation, sondern erwähnt (op.
Rübsam, L'Union postale 1889, S. 83--91) auch nicht mit
einem Worte die verschiedenen Postanstalten
,
wie sie damals schon bestanden haben. Das wäre unmöglich,
wenn diese Anstalten, (abgesehen von der Taxis'schen, s. S. 170
und 187) damals schon bestimmungsgemäss die Beförderung von
Reisenden betrieben hätten. Namentlich verdient die Thatsache
volle Beachtung, dass der Postbeamte Herba die von Taxis ge-

so überragt, wie z. B. Sebastian Münster (Cosmographica
1536—1544), Franc. Sansovino (1562) und Giov. Botero (»Le
relatione universali« 1589), (letztere durch ihre spezielle Beschränk-
ung auf die vergleichende Untersuchung der Kraft- und Macht-
verhältnisse der bestehenden Staaten). Alle anderen Itineraria
jener Zeit (s. S. 76) geben eine blosse Reisebeschreibung über Selbst-
erlebtes und Selbstgesehenes, einen »sincero raconto del viaggio«,
einen »Paradisus Delitiarum Italiae«, »aus eigener Experientz«
zusammengebracht, »hodoeporicon seu descriptio itineris«; der
»Viatorius indicans itinera« teilt nichts anderes mit, als eine »In-
dicatio miliarium, quibus singuli loci et civitates distant«, wie
sie z. B. schon Bernh. von Breydenbach 1483, für die Reise
von Venedig nach Jerusalem entworfen hat.

Schon ein Fortschritt ist, wenn die 1608 (im gleichen Jahre
mit Codogno) erschienenen »Methodus apodemica seu peregri-
nandi perlustrandique regiones« auch die »diversoria« (S. 20 »rara
vel nulla«) behandelt und ähnlich J. Furttenbach (1627) öfters
die Randbemerkung »Würtzhaus« z. B. für die »Reise von
Florenz nach Ancona« anfügt.

Von all diesen Itinerarien ist für unsern speziellen Zweck
das beachtenswerteste dasjenige, das 1563 in Rom erschien,
sich als »Postreisebuch« ankündigt und eine Uebersicht über
die Stationen für Herberge und Pferdewechsel mitteilte. Das
Büchlein ist nämlich von einem Postbeamten, Herba, verfasst,
und verspricht, die »Poste per diverse parti del mundo« mit-
zuteilen, hat aber mit unserem Begriff der Post auch gar nichts
zu thun. Es ist dies ebenso von wirtschaftsgeschichtlichem wie
etymologischem Belang. Herba’s »Itinerario delle poste«, macht
nicht, wie dasjenige Codognos da und dort, etwa Reklame für
die damalige Reitboten-Organisation, sondern erwähnt (op.
Rübsam, L’Union postale 1889, S. 83—91) auch nicht mit
einem Worte die verschiedenen Postanstalten
,
wie sie damals schon bestanden haben. Das wäre unmöglich,
wenn diese Anstalten, (abgesehen von der Taxis’schen, s. S. 170
und 187) damals schon bestimmungsgemäss die Beförderung von
Reisenden betrieben hätten. Namentlich verdient die Thatsache
volle Beachtung, dass der Postbeamte Herba die von Taxis ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0197" n="181"/>
so überragt, wie z. B. Sebastian Münster (Cosmographica<lb/>
1536&#x2014;1544), Franc. Sansovino (1562) und Giov. Botero (»Le<lb/>
relatione universali« 1589), (letztere durch ihre spezielle Beschränk-<lb/>
ung auf die vergleichende Untersuchung der Kraft- und Macht-<lb/>
verhältnisse der bestehenden Staaten). Alle anderen Itineraria<lb/>
jener Zeit (s. S. 76) geben eine blosse Reisebeschreibung über Selbst-<lb/>
erlebtes und Selbstgesehenes, einen »sincero raconto del viaggio«,<lb/>
einen »Paradisus Delitiarum Italiae«, »aus eigener Experientz«<lb/>
zusammengebracht, »hodoeporicon seu descriptio itineris«; der<lb/>
»Viatorius indicans itinera« teilt nichts anderes mit, als eine »In-<lb/>
dicatio miliarium, quibus singuli loci et civitates distant«, wie<lb/>
sie z. B. schon Bernh. von Breydenbach 1483, für die Reise<lb/>
von Venedig nach Jerusalem entworfen hat.</p><lb/>
            <p>Schon ein Fortschritt ist, wenn die 1608 (im gleichen Jahre<lb/>
mit Codogno) erschienenen »Methodus apodemica seu peregri-<lb/>
nandi perlustrandique regiones« auch die »diversoria« (S. 20 »rara<lb/>
vel nulla«) behandelt und ähnlich J. Furttenbach (1627) öfters<lb/>
die Randbemerkung »Würtzhaus« z. B. für die »Reise von<lb/>
Florenz nach Ancona« anfügt.</p><lb/>
            <p>Von all diesen Itinerarien ist für unsern speziellen Zweck<lb/>
das beachtenswerteste dasjenige, das 1563 in Rom erschien,<lb/>
sich als »Postreisebuch« ankündigt und eine Uebersicht über<lb/>
die Stationen für Herberge und Pferdewechsel mitteilte. Das<lb/>
Büchlein ist nämlich von einem Postbeamten, Herba, verfasst,<lb/>
und verspricht, die »<hi rendition="#g">Poste</hi> per diverse parti del mundo« mit-<lb/>
zuteilen, hat aber mit unserem Begriff der Post auch gar nichts<lb/>
zu thun. Es ist dies ebenso von wirtschaftsgeschichtlichem wie<lb/>
etymologischem Belang. Herba&#x2019;s »Itinerario delle poste«, macht<lb/>
nicht, wie dasjenige Codognos da und dort, etwa Reklame für<lb/>
die damalige Reitboten-Organisation, sondern erwähnt (op.<lb/>
Rübsam, L&#x2019;Union postale 1889, S. 83&#x2014;91) <hi rendition="#g">auch nicht mit<lb/>
einem Worte die verschiedenen Postanstalten</hi>,<lb/>
wie sie damals schon bestanden haben. Das wäre unmöglich,<lb/>
wenn diese Anstalten, (abgesehen von der Taxis&#x2019;schen, s. S. 170<lb/>
und 187) damals schon bestimmungsgemäss die Beförderung von<lb/>
Reisenden betrieben hätten. Namentlich verdient die Thatsache<lb/>
volle Beachtung, dass der Postbeamte Herba die von Taxis ge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0197] so überragt, wie z. B. Sebastian Münster (Cosmographica 1536—1544), Franc. Sansovino (1562) und Giov. Botero (»Le relatione universali« 1589), (letztere durch ihre spezielle Beschränk- ung auf die vergleichende Untersuchung der Kraft- und Macht- verhältnisse der bestehenden Staaten). Alle anderen Itineraria jener Zeit (s. S. 76) geben eine blosse Reisebeschreibung über Selbst- erlebtes und Selbstgesehenes, einen »sincero raconto del viaggio«, einen »Paradisus Delitiarum Italiae«, »aus eigener Experientz« zusammengebracht, »hodoeporicon seu descriptio itineris«; der »Viatorius indicans itinera« teilt nichts anderes mit, als eine »In- dicatio miliarium, quibus singuli loci et civitates distant«, wie sie z. B. schon Bernh. von Breydenbach 1483, für die Reise von Venedig nach Jerusalem entworfen hat. Schon ein Fortschritt ist, wenn die 1608 (im gleichen Jahre mit Codogno) erschienenen »Methodus apodemica seu peregri- nandi perlustrandique regiones« auch die »diversoria« (S. 20 »rara vel nulla«) behandelt und ähnlich J. Furttenbach (1627) öfters die Randbemerkung »Würtzhaus« z. B. für die »Reise von Florenz nach Ancona« anfügt. Von all diesen Itinerarien ist für unsern speziellen Zweck das beachtenswerteste dasjenige, das 1563 in Rom erschien, sich als »Postreisebuch« ankündigt und eine Uebersicht über die Stationen für Herberge und Pferdewechsel mitteilte. Das Büchlein ist nämlich von einem Postbeamten, Herba, verfasst, und verspricht, die »Poste per diverse parti del mundo« mit- zuteilen, hat aber mit unserem Begriff der Post auch gar nichts zu thun. Es ist dies ebenso von wirtschaftsgeschichtlichem wie etymologischem Belang. Herba’s »Itinerario delle poste«, macht nicht, wie dasjenige Codognos da und dort, etwa Reklame für die damalige Reitboten-Organisation, sondern erwähnt (op. Rübsam, L’Union postale 1889, S. 83—91) auch nicht mit einem Worte die verschiedenen Postanstalten, wie sie damals schon bestanden haben. Das wäre unmöglich, wenn diese Anstalten, (abgesehen von der Taxis’schen, s. S. 170 und 187) damals schon bestimmungsgemäss die Beförderung von Reisenden betrieben hätten. Namentlich verdient die Thatsache volle Beachtung, dass der Postbeamte Herba die von Taxis ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/197
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/197>, abgerufen am 24.11.2024.