Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

teilen, nämlich dem Handel (oder der berufsgemässen
Tauschvermittlung und der Vervielfältigung der Handels-
objekte) und dem (Waren-)Transport. Sind einmal
diese beiden Hauptbestandteile vorhanden -- ihren Ursprung
kann man bis auf die Urstufe der Zivilisation zurück ver-
folgen -- so ist das Ziel und Mittel für die weitere Heraus-
gestaltung beider: Sicherheit, Regelmässigkeit
(der Tausch- bezw. Transport-Akte, sowie der Handelsbe-
ziehungen), und die Gewerbmässigkeit des Handels
und Transports. Für diese ihre gesetzmässige Weiterent-
wickelung nun haben Handel und Transport zwei natur-
gemäss, im Wesen des Verkehrs 1) gegebene Angriffspunkte,
nämlich Zeit und Raum, die beiden Grundbedingungen allen
Handelns und Wirkens. Seinem Begriff und Wesen nach
besteht der Verkehr in der Ueberwindung der Divergenz
von Zeit und Raum. Direkt erleichtert wurde diese Ueber-
windung, bis in die letzten Jahrhunderte herab, lediglich in
Bezug auf die Fahrbahn und zwar durch Ausbildung
des Wasserwegs und der Weltstrassen; erst die Neuzeit

natürliche Mittelpunkte eines ständigen Austausches von Rohprodukten
und Fabrikaten, Haupthandelsmärkte; die sie verbindenden Wege sind na-
turgemäss die bedeutendsten Linien des Verkehrs, des überseeischen wie des
binnenländischen.
1) "Verkehr" bedeutet "Zirkulieren" oder Kommunikation von Waren,
Personen und Ideen, genauer Ueberwindung der Hemmnisse, welche der Lo-
komotion von Personen, der Ausgleichung von Warenvorräten und Preisen,
sowie der Befriedigung des Bedürfnisses nach einer ununterbrochenen ständigen
Verbindung -- aus politischen, kommerziellen und anderen Gründen -- im
Wege stehen. Die Mittel für Ueberwindung dieser zeitlichen oder räum-
lichen Hemmnisse nun sind die Tragkraft und die Einrichtungen für die
Weg- oder Zeitstrecke. Erstere hat im Altertum und im Mittelalter
einen nennenswerten Fortschritt nicht gemacht. Demgemäss sind die während
dieser Zeit erfolgenden Erleichterungen und Erweiterungen des Verkehrs
gleichbedeutend mit dem Fortschritt des zweiten Faktors, nämlich der Ab-
kürzung der natürlichen Entfernungen
durch Vervollkomm-
nung (Nivellierung, Universalierung) der Fahrbahn und durch die gemein-
wirtschaftliche Einrichtung allgemein benützbarer Verkehrsrouten.

teilen, nämlich dem Handel (oder der berufsgemässen
Tauschvermittlung und der Vervielfältigung der Handels-
objekte) und dem (Waren-)Transport. Sind einmal
diese beiden Hauptbestandteile vorhanden — ihren Ursprung
kann man bis auf die Urstufe der Zivilisation zurück ver-
folgen — so ist das Ziel und Mittel für die weitere Heraus-
gestaltung beider: Sicherheit, Regelmässigkeit
(der Tausch- bezw. Transport-Akte, sowie der Handelsbe-
ziehungen), und die Gewerbmässigkeit des Handels
und Transports. Für diese ihre gesetzmässige Weiterent-
wickelung nun haben Handel und Transport zwei natur-
gemäss, im Wesen des Verkehrs 1) gegebene Angriffspunkte,
nämlich Zeit und Raum, die beiden Grundbedingungen allen
Handelns und Wirkens. Seinem Begriff und Wesen nach
besteht der Verkehr in der Ueberwindung der Divergenz
von Zeit und Raum. Direkt erleichtert wurde diese Ueber-
windung, bis in die letzten Jahrhunderte herab, lediglich in
Bezug auf die Fahrbahn und zwar durch Ausbildung
des Wasserwegs und der Weltstrassen; erst die Neuzeit

natürliche Mittelpunkte eines ständigen Austausches von Rohprodukten
und Fabrikaten, Haupthandelsmärkte; die sie verbindenden Wege sind na-
turgemäss die bedeutendsten Linien des Verkehrs, des überseeischen wie des
binnenländischen.
1) »Verkehr« bedeutet »Zirkulieren« oder Kommunikation von Waren,
Personen und Ideen, genauer Ueberwindung der Hemmnisse, welche der Lo-
komotion von Personen, der Ausgleichung von Warenvorräten und Preisen,
sowie der Befriedigung des Bedürfnisses nach einer ununterbrochenen ständigen
Verbindung — aus politischen, kommerziellen und anderen Gründen — im
Wege stehen. Die Mittel für Ueberwindung dieser zeitlichen oder räum-
lichen Hemmnisse nun sind die Tragkraft und die Einrichtungen für die
Weg- oder Zeitstrecke. Erstere hat im Altertum und im Mittelalter
einen nennenswerten Fortschritt nicht gemacht. Demgemäss sind die während
dieser Zeit erfolgenden Erleichterungen und Erweiterungen des Verkehrs
gleichbedeutend mit dem Fortschritt des zweiten Faktors, nämlich der Ab-
kürzung der natürlichen Entfernungen
durch Vervollkomm-
nung (Nivellierung, Universalierung) der Fahrbahn und durch die gemein-
wirtschaftliche Einrichtung allgemein benützbarer Verkehrsrouten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0018" n="2"/>
teilen, nämlich dem <hi rendition="#g">Handel</hi> (oder der berufsgemässen<lb/>
Tauschvermittlung und der Vervielfältigung der Handels-<lb/>
objekte) und dem (Waren-)<hi rendition="#g">Transport</hi>. Sind einmal<lb/>
diese beiden Hauptbestandteile vorhanden &#x2014; ihren Ursprung<lb/>
kann man bis auf die Urstufe der Zivilisation zurück ver-<lb/>
folgen &#x2014; so ist das Ziel und Mittel für die weitere Heraus-<lb/>
gestaltung beider: <hi rendition="#g">Sicherheit, Regelmässigkeit</hi><lb/>
(der Tausch- bezw. Transport-Akte, sowie der Handelsbe-<lb/>
ziehungen), und die <hi rendition="#g">Gewerbmässigkeit</hi> des Handels<lb/>
und Transports. Für diese ihre gesetzmässige Weiterent-<lb/>
wickelung nun haben Handel und Transport zwei natur-<lb/>
gemäss, im Wesen des Verkehrs <note place="foot" n="1)">»Verkehr« bedeutet »Zirkulieren« oder Kommunikation von Waren,<lb/>
Personen und Ideen, genauer Ueberwindung der Hemmnisse, welche der Lo-<lb/>
komotion von Personen, der Ausgleichung von Warenvorräten und Preisen,<lb/>
sowie der Befriedigung des Bedürfnisses nach einer ununterbrochenen ständigen<lb/>
Verbindung &#x2014; aus politischen, kommerziellen und anderen Gründen &#x2014; im<lb/>
Wege stehen. Die Mittel für Ueberwindung dieser zeitlichen oder räum-<lb/>
lichen Hemmnisse nun sind die <hi rendition="#g">Tragkraft</hi> und die Einrichtungen für die<lb/><hi rendition="#g">Weg- oder Zeitstrecke</hi>. Erstere hat im Altertum und im Mittelalter<lb/>
einen nennenswerten Fortschritt nicht gemacht. Demgemäss sind die während<lb/>
dieser Zeit erfolgenden Erleichterungen und Erweiterungen des Verkehrs<lb/>
gleichbedeutend mit dem Fortschritt des zweiten Faktors, nämlich der <hi rendition="#g">Ab-<lb/>
kürzung der natürlichen Entfernungen</hi> durch Vervollkomm-<lb/>
nung (Nivellierung, Universalierung) der Fahrbahn und durch die gemein-<lb/>
wirtschaftliche Einrichtung allgemein benützbarer Verkehrsrouten.</note> gegebene Angriffspunkte,<lb/>
nämlich Zeit und Raum, die beiden Grundbedingungen allen<lb/>
Handelns und Wirkens. Seinem Begriff und Wesen nach<lb/>
besteht der Verkehr in der Ueberwindung der Divergenz<lb/>
von Zeit und Raum. Direkt erleichtert wurde diese Ueber-<lb/>
windung, bis in die letzten Jahrhunderte herab, lediglich in<lb/>
Bezug auf die <hi rendition="#g">Fahrbahn</hi> und zwar durch Ausbildung<lb/>
des Wasserwegs und der Weltstrassen; erst die Neuzeit<lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="1)">natürliche <hi rendition="#g">Mittelpunkte</hi> eines ständigen Austausches von Rohprodukten<lb/>
und Fabrikaten, Haupthandelsmärkte; die sie verbindenden Wege sind na-<lb/>
turgemäss die bedeutendsten Linien des Verkehrs, des überseeischen wie des<lb/>
binnenländischen.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0018] teilen, nämlich dem Handel (oder der berufsgemässen Tauschvermittlung und der Vervielfältigung der Handels- objekte) und dem (Waren-)Transport. Sind einmal diese beiden Hauptbestandteile vorhanden — ihren Ursprung kann man bis auf die Urstufe der Zivilisation zurück ver- folgen — so ist das Ziel und Mittel für die weitere Heraus- gestaltung beider: Sicherheit, Regelmässigkeit (der Tausch- bezw. Transport-Akte, sowie der Handelsbe- ziehungen), und die Gewerbmässigkeit des Handels und Transports. Für diese ihre gesetzmässige Weiterent- wickelung nun haben Handel und Transport zwei natur- gemäss, im Wesen des Verkehrs 1) gegebene Angriffspunkte, nämlich Zeit und Raum, die beiden Grundbedingungen allen Handelns und Wirkens. Seinem Begriff und Wesen nach besteht der Verkehr in der Ueberwindung der Divergenz von Zeit und Raum. Direkt erleichtert wurde diese Ueber- windung, bis in die letzten Jahrhunderte herab, lediglich in Bezug auf die Fahrbahn und zwar durch Ausbildung des Wasserwegs und der Weltstrassen; erst die Neuzeit 1) 1) »Verkehr« bedeutet »Zirkulieren« oder Kommunikation von Waren, Personen und Ideen, genauer Ueberwindung der Hemmnisse, welche der Lo- komotion von Personen, der Ausgleichung von Warenvorräten und Preisen, sowie der Befriedigung des Bedürfnisses nach einer ununterbrochenen ständigen Verbindung — aus politischen, kommerziellen und anderen Gründen — im Wege stehen. Die Mittel für Ueberwindung dieser zeitlichen oder räum- lichen Hemmnisse nun sind die Tragkraft und die Einrichtungen für die Weg- oder Zeitstrecke. Erstere hat im Altertum und im Mittelalter einen nennenswerten Fortschritt nicht gemacht. Demgemäss sind die während dieser Zeit erfolgenden Erleichterungen und Erweiterungen des Verkehrs gleichbedeutend mit dem Fortschritt des zweiten Faktors, nämlich der Ab- kürzung der natürlichen Entfernungen durch Vervollkomm- nung (Nivellierung, Universalierung) der Fahrbahn und durch die gemein- wirtschaftliche Einrichtung allgemein benützbarer Verkehrsrouten. 1) natürliche Mittelpunkte eines ständigen Austausches von Rohprodukten und Fabrikaten, Haupthandelsmärkte; die sie verbindenden Wege sind na- turgemäss die bedeutendsten Linien des Verkehrs, des überseeischen wie des binnenländischen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/18
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/18>, abgerufen am 24.11.2024.