Erkenntnis, dass ein umfangreicherer Staat ohne regelmässige Verbindung seiner Glieder weder regiert noch verteidigt werden kann, das Postwesen zu einem der wichtigsten Dienstzweige des Kriegsministeriums.
Die Reichspost zerfällt in eine für den Hof in Pecking auf den grossen Verbindungsstrassen funktionierende und in eine für den Verkehr der Provinzialbehörden auf den Zweigstrassen bestimmte. Der beiden gemeinsame Zweck ist die rasche Ueber- mittelung eiliger Nachrichten an die vorgesetzte Behörde, bezw. an die Zentralregierung. Das Postnetz umfasst 2000 Stationen und verursacht einen ungefähren Aufwand von 12 Mill. M. Ab- gefertigt wird die Post auch heute noch nur bei dringendem Anlass oder sobald genügendes Material zusammengekommen ist. Auch zu Dienstreisen wird die Schnellpost benützt, hiefür aber gewöhnlich eine spezielle Kabinetsordre benötigt.
Andere gemeinsame Züge mit dem "Cursus publicus" sind: die Futter- und Quartierkosten fallen auch heute noch der Pro- vinzverwaltung zur Last (vergl. Nerva's Emanzipation Italiens); die Beamten nützten im 17. Jh. die Reitkouriere zu sehr für ihre Privatzwecke aus, so dass die Mandschuh-Kaiser ein- schneidende Reformen treffen mussten; auch heute noch ist die Privatkorrespondenz von dem "kaiserlichen Ordonanzdienst" ausgeschlossen; (die Privat- und Handelskreise hätten ohnehin wenig Gebrauch davon gemacht, weil die Beamten notorisch keine Achtung vor dem Briefgeheimnis haben). Von jeher exi- stieren daher in den Städten wie auf dem Lande unabhängige "Postfirmen" für die Uebermittelung der privaten Packete (wegen der Briefe ist weniger Bedürfnis hiefür vorhanden); ihr Verhält- nis zu dem kaiserlichen Postdienst ist ähnlich demjenigen der Privatpost der Handelskompagnie der Ritter in der römischen Kaiserzeit.
Nun hat über den damaligen Relaisdienst Marco Polo einen eingehenden Bericht gegeben, der in der damaligen gebildeten Welt wohl bekannt war. Es ist daher die Vermutung nicht ausgeschlossen, dass von der Chinesen-Post die Entwickelung auf dem Kontinent beeinflusst worden ist; schon 1828 wurde von einem Schriftsteller, Rambelli in dem Giorn. Arcad., vol. 4,
Erkenntnis, dass ein umfangreicherer Staat ohne regelmässige Verbindung seiner Glieder weder regiert noch verteidigt werden kann, das Postwesen zu einem der wichtigsten Dienstzweige des Kriegsministeriums.
Die Reichspost zerfällt in eine für den Hof in Pecking auf den grossen Verbindungsstrassen funktionierende und in eine für den Verkehr der Provinzialbehörden auf den Zweigstrassen bestimmte. Der beiden gemeinsame Zweck ist die rasche Ueber- mittelung eiliger Nachrichten an die vorgesetzte Behörde, bezw. an die Zentralregierung. Das Postnetz umfasst 2000 Stationen und verursacht einen ungefähren Aufwand von 12 Mill. M. Ab- gefertigt wird die Post auch heute noch nur bei dringendem Anlass oder sobald genügendes Material zusammengekommen ist. Auch zu Dienstreisen wird die Schnellpost benützt, hiefür aber gewöhnlich eine spezielle Kabinetsordre benötigt.
Andere gemeinsame Züge mit dem »Cursus publicus« sind: die Futter- und Quartierkosten fallen auch heute noch der Pro- vinzverwaltung zur Last (vergl. Nerva’s Emanzipation Italiens); die Beamten nützten im 17. Jh. die Reitkouriere zu sehr für ihre Privatzwecke aus, so dass die Mandschuh-Kaiser ein- schneidende Reformen treffen mussten; auch heute noch ist die Privatkorrespondenz von dem »kaiserlichen Ordonanzdienst« ausgeschlossen; (die Privat- und Handelskreise hätten ohnehin wenig Gebrauch davon gemacht, weil die Beamten notorisch keine Achtung vor dem Briefgeheimnis haben). Von jeher exi- stieren daher in den Städten wie auf dem Lande unabhängige »Postfirmen« für die Uebermittelung der privaten Packete (wegen der Briefe ist weniger Bedürfnis hiefür vorhanden); ihr Verhält- nis zu dem kaiserlichen Postdienst ist ähnlich demjenigen der Privatpost der Handelskompagnie der Ritter in der römischen Kaiserzeit.
Nun hat über den damaligen Relaisdienst Marco Polo einen eingehenden Bericht gegeben, der in der damaligen gebildeten Welt wohl bekannt war. Es ist daher die Vermutung nicht ausgeschlossen, dass von der Chinesen-Post die Entwickelung auf dem Kontinent beeinflusst worden ist; schon 1828 wurde von einem Schriftsteller, Rambelli in dem Giorn. Arcad., vol. 4,
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Erkenntnis, dass ein umfangreicherer Staat ohne regelmässige
Verbindung seiner Glieder weder regiert noch verteidigt werden
kann, das Postwesen zu einem der wichtigsten Dienstzweige des
Kriegsministeriums.
Die Reichspost zerfällt in eine für den Hof in Pecking auf
den grossen Verbindungsstrassen funktionierende und in eine
für den Verkehr der Provinzialbehörden auf den Zweigstrassen
bestimmte. Der beiden gemeinsame Zweck ist die rasche Ueber-
mittelung eiliger Nachrichten an die vorgesetzte Behörde, bezw.
an die Zentralregierung. Das Postnetz umfasst 2000 Stationen
und verursacht einen ungefähren Aufwand von 12 Mill. M. Ab-
gefertigt wird die Post auch heute noch nur bei dringendem
Anlass oder sobald genügendes Material zusammengekommen
ist. Auch zu Dienstreisen wird die Schnellpost benützt, hiefür
aber gewöhnlich eine spezielle Kabinetsordre benötigt.
Andere gemeinsame Züge mit dem »Cursus publicus« sind:
die Futter- und Quartierkosten fallen auch heute noch der Pro-
vinzverwaltung zur Last (vergl. Nerva’s Emanzipation Italiens);
die Beamten nützten im 17. Jh. die Reitkouriere zu sehr für
ihre Privatzwecke aus, so dass die Mandschuh-Kaiser ein-
schneidende Reformen treffen mussten; auch heute noch ist
die Privatkorrespondenz von dem »kaiserlichen Ordonanzdienst«
ausgeschlossen; (die Privat- und Handelskreise hätten ohnehin
wenig Gebrauch davon gemacht, weil die Beamten notorisch
keine Achtung vor dem Briefgeheimnis haben). Von jeher exi-
stieren daher in den Städten wie auf dem Lande unabhängige
»Postfirmen« für die Uebermittelung der privaten Packete (wegen
der Briefe ist weniger Bedürfnis hiefür vorhanden); ihr Verhält-
nis zu dem kaiserlichen Postdienst ist ähnlich demjenigen der
Privatpost der Handelskompagnie der Ritter in der römischen
Kaiserzeit.
Nun hat über den damaligen Relaisdienst Marco Polo einen
eingehenden Bericht gegeben, der in der damaligen gebildeten
Welt wohl bekannt war. Es ist daher die Vermutung nicht
ausgeschlossen, dass von der Chinesen-Post die Entwickelung
auf dem Kontinent beeinflusst worden ist; schon 1828 wurde
von einem Schriftsteller, Rambelli in dem Giorn. Arcad., vol. 4,
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/158>, abgerufen am 16.02.2025.
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