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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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rühmte eine 1841 erschienene Broschüre (L. Bauer, Schwa-
ben wie es war und ist, S. 269): "Ineinandergreifende Eil-
fuhrwägen, welche Tag und Nacht mit wechselnden Pferden
gehen (nebst der Dampfschiffahrt), machen es den Spe-
ditionshäusern von Lindau und Friedrichshafen
möglich, die Güter schneller gehen zu lassen, als vor weni-
gen Jahrzehnten ein Reisender mit dem Postwagen fuhr:
Von Friedrichshafen aus liefert man die Güter nach Mann-
heim und Mainz in sechs, nach Hamburg in sechzehn (!),
nach Leipzig in zehn, nach Mailand in zehn, nach Genua
in fünfzehn (!), nach Livorno in vierundzwanzig (!), nach
Zürich in vier Tagen".

In denselben Tagen wie die staatliche Fürsorge in Frank-
reich dem Bau von Chausseen eine grössere Aufmerksam-
keit widmete, wandte sich in England die öffentliche Auf-
merksamkeit sowohl der Erbauung von Kanälen als der
von Schienenwegen zu.

Es geschah dies gleichzeitig fast im gleichen Jahr-
zehnt und ebenso infolge der Fortschritte der Wasser-
bau- und Strassenbautechnik, wie infolge der Steigerung
des Frachtgutverkehrs. Die Kanalbauten wurden seit 1759
von Spekulanten gründermässig ausgeführt; anderseits war
(etwa 1767) in den dortigen Bergwerksdistrikten bei der
dort seit Jahrhunderten üblichen Anwendung des Schie-
nenwegs die Ersetzung der anfänglichen Holzspur durch
eiserne aufgekommen, welche dem Motor die notwendige
Sicherheit der Unterlage, der Fahrbahn verschaffte. Diese
Idee konnte man für die Erweiterung der Personenpost
verwerten; vielfach wurde die Frage der Pferdebahnen und
der Ausdehnung eines solchen Bahnnetzes über ganz Eng-
land diskutiert.

Mit der grösseren Kapitalanlage für die Fahrbahn (im
Kanal- und Chausseebau) wurde auch die Betriebsorgani-
sation verfeinert; eine durchgreifende Reform aber in

rühmte eine 1841 erschienene Broschüre (L. Bauer, Schwa-
ben wie es war und ist, S. 269): »Ineinandergreifende Eil-
fuhrwägen, welche Tag und Nacht mit wechselnden Pferden
gehen (nebst der Dampfschiffahrt), machen es den Spe-
ditionshäusern von Lindau und Friedrichshafen
möglich, die Güter schneller gehen zu lassen, als vor weni-
gen Jahrzehnten ein Reisender mit dem Postwagen fuhr:
Von Friedrichshafen aus liefert man die Güter nach Mann-
heim und Mainz in sechs, nach Hamburg in sechzehn (!),
nach Leipzig in zehn, nach Mailand in zehn, nach Genua
in fünfzehn (!), nach Livorno in vierundzwanzig (!), nach
Zürich in vier Tagen«.

In denselben Tagen wie die staatliche Fürsorge in Frank-
reich dem Bau von Chausseen eine grössere Aufmerksam-
keit widmete, wandte sich in England die öffentliche Auf-
merksamkeit sowohl der Erbauung von Kanälen als der
von Schienenwegen zu.

Es geschah dies gleichzeitig fast im gleichen Jahr-
zehnt und ebenso infolge der Fortschritte der Wasser-
bau- und Strassenbautechnik, wie infolge der Steigerung
des Frachtgutverkehrs. Die Kanalbauten wurden seit 1759
von Spekulanten gründermässig ausgeführt; anderseits war
(etwa 1767) in den dortigen Bergwerksdistrikten bei der
dort seit Jahrhunderten üblichen Anwendung des Schie-
nenwegs die Ersetzung der anfänglichen Holzspur durch
eiserne aufgekommen, welche dem Motor die notwendige
Sicherheit der Unterlage, der Fahrbahn verschaffte. Diese
Idee konnte man für die Erweiterung der Personenpost
verwerten; vielfach wurde die Frage der Pferdebahnen und
der Ausdehnung eines solchen Bahnnetzes über ganz Eng-
land diskutiert.

Mit der grösseren Kapitalanlage für die Fahrbahn (im
Kanal- und Chausseebau) wurde auch die Betriebsorgani-
sation verfeinert; eine durchgreifende Reform aber in

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[122/0138] rühmte eine 1841 erschienene Broschüre (L. Bauer, Schwa- ben wie es war und ist, S. 269): »Ineinandergreifende Eil- fuhrwägen, welche Tag und Nacht mit wechselnden Pferden gehen (nebst der Dampfschiffahrt), machen es den Spe- ditionshäusern von Lindau und Friedrichshafen möglich, die Güter schneller gehen zu lassen, als vor weni- gen Jahrzehnten ein Reisender mit dem Postwagen fuhr: Von Friedrichshafen aus liefert man die Güter nach Mann- heim und Mainz in sechs, nach Hamburg in sechzehn (!), nach Leipzig in zehn, nach Mailand in zehn, nach Genua in fünfzehn (!), nach Livorno in vierundzwanzig (!), nach Zürich in vier Tagen«. In denselben Tagen wie die staatliche Fürsorge in Frank- reich dem Bau von Chausseen eine grössere Aufmerksam- keit widmete, wandte sich in England die öffentliche Auf- merksamkeit sowohl der Erbauung von Kanälen als der von Schienenwegen zu. Es geschah dies gleichzeitig fast im gleichen Jahr- zehnt und ebenso infolge der Fortschritte der Wasser- bau- und Strassenbautechnik, wie infolge der Steigerung des Frachtgutverkehrs. Die Kanalbauten wurden seit 1759 von Spekulanten gründermässig ausgeführt; anderseits war (etwa 1767) in den dortigen Bergwerksdistrikten bei der dort seit Jahrhunderten üblichen Anwendung des Schie- nenwegs die Ersetzung der anfänglichen Holzspur durch eiserne aufgekommen, welche dem Motor die notwendige Sicherheit der Unterlage, der Fahrbahn verschaffte. Diese Idee konnte man für die Erweiterung der Personenpost verwerten; vielfach wurde die Frage der Pferdebahnen und der Ausdehnung eines solchen Bahnnetzes über ganz Eng- land diskutiert. Mit der grösseren Kapitalanlage für die Fahrbahn (im Kanal- und Chausseebau) wurde auch die Betriebsorgani- sation verfeinert; eine durchgreifende Reform aber in

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/138>, abgerufen am 22.11.2024.