Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.keltischen, sondern nordenglischen (niederschottischen) Blutes; von Werden Sie nun, geehrtester Freund, mit mir eine Art deutsch keltiſchen, ſondern nordengliſchen (niederſchottiſchen) Blutes; von Werden Sie nun, geehrteſter Freund, mit mir eine Art deutſch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0064" n="58"/> keltiſchen, ſondern nordengliſchen (niederſchottiſchen) Blutes; von<lb/> irgend erheblicher Betheiligung des keltiſchen Hochſchottland wird<lb/> nichts gemeldet. Wenn aber Wales ſehr ſchnell und heftig ergriffen<lb/> wurde, ſo hat das mit der keltiſchen (kymriſchen) Nationalität ſehr<lb/> wenig zu ſchaffen, ſondern hängt mit dem Vorherrſchen des Metho-<lb/> dismus im Fürſtenthum zuſammen, welche eine Folge der unendlich<lb/> dürftigen Ausſtattung und dadurch bedingten geringen Wirkſamkeit<lb/> der Landeskirche in jenen Diöceſen iſt. Aber in der engliſchen<lb/> Nationalität ſelbſt tritt oft genug, namentlich im religiöſen Leben<lb/> (z. B. im Methodismus) ein ſcharfer Gegenſatz hervor zwiſchen einer<lb/> gewißen ſtoiſchen Zurückhaltung und Unbeweglichkeit, die freilich mit<lb/> dem deutſchen Gemüth wenig gemein hat, und einer Aufgeregtheit,<lb/> die gar keine Rückſicht für die Oeffentlichkeit ihrer Demonſtrationen<lb/> kennt. Dieſe Widerſprüche zu erklären, kann hier nicht der Ort<lb/> ſein, doch iſt eine gewiße Wahlverwandtſchaft jener mehr ariſto-<lb/> kratiſchen Verſchloßenheit mit der Landeskirche nicht zu verkennen.<lb/> Wie dem auch ſei, ſo wird man in England unter den höheren<lb/> und gebildeten Ständen, abgeſehen von andern Gründen der Miß-<lb/> liebigkeit des Revivals jeden Augenblick auch den hören: <hi rendition="#aq">these<lb/> things are quite <hi rendition="#g">unenglish!</hi></hi> Was ich aber daraus folgere, iſt<lb/> ganz einfach dies: wenn ehrenwerthe, tüchtige und durchaus <hi rendition="#g">eng-<lb/> liſche,</hi> aber ſpecifiſch chriſtlich erweckte, angeregte, durchdrungene<lb/> und bis auf einen gewißen Punkt <hi rendition="#g">geweihte</hi> Naturen ſich durch die<lb/> geiſtlichen und ſittlichen Nothſtände ihrer engliſchen Brüder gedrungen<lb/> und gerechtfertigt finden, an ſolch’ unengliſchem Treiben Theil zu<lb/> nehmen, ſo mögen wir uns doch wohl bedenken, ob es für uns ge-<lb/> nügt zu ſagen: „dies und das iſt gar zu <hi rendition="#g">undeutſch!</hi>‟ Daß übri-<lb/> gens die politiſche oder polizeiliche Freiheit und die allgemeine Ge-<lb/> wohnheit der Oeffentlichkeit nicht ohne Einfluß auf das reliögiöſe<lb/> Gebiet iſt, verſteht ſich von ſelbſt — doch nur in dem Sinn, daß auch<lb/> hier dem demonſtrativen Trieb nicht <hi rendition="#g">die</hi> Schranken im Wege ſtehen,<lb/> die er bei uns erſt durchbrechen müßte, wenn er vorhanden wäre.</p><lb/> <p>Werden Sie nun, geehrteſter Freund, mit mir eine Art deutſch<lb/> lutheriſcher Jdioſynkraſie gegen das Revival <hi rendition="#g">an ſich</hi> und im All-<lb/> gemeinen nicht nur begreifen, ſondern auch theilen, ſo fürchte ich<lb/> doch, es darf damit unter den obwaltenden Umſtänden nicht Alles<lb/> geſagt ſein; die Akten ſind damit wahrlich nicht geſchloßen! — Unſere<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0064]
keltiſchen, ſondern nordengliſchen (niederſchottiſchen) Blutes; von
irgend erheblicher Betheiligung des keltiſchen Hochſchottland wird
nichts gemeldet. Wenn aber Wales ſehr ſchnell und heftig ergriffen
wurde, ſo hat das mit der keltiſchen (kymriſchen) Nationalität ſehr
wenig zu ſchaffen, ſondern hängt mit dem Vorherrſchen des Metho-
dismus im Fürſtenthum zuſammen, welche eine Folge der unendlich
dürftigen Ausſtattung und dadurch bedingten geringen Wirkſamkeit
der Landeskirche in jenen Diöceſen iſt. Aber in der engliſchen
Nationalität ſelbſt tritt oft genug, namentlich im religiöſen Leben
(z. B. im Methodismus) ein ſcharfer Gegenſatz hervor zwiſchen einer
gewißen ſtoiſchen Zurückhaltung und Unbeweglichkeit, die freilich mit
dem deutſchen Gemüth wenig gemein hat, und einer Aufgeregtheit,
die gar keine Rückſicht für die Oeffentlichkeit ihrer Demonſtrationen
kennt. Dieſe Widerſprüche zu erklären, kann hier nicht der Ort
ſein, doch iſt eine gewiße Wahlverwandtſchaft jener mehr ariſto-
kratiſchen Verſchloßenheit mit der Landeskirche nicht zu verkennen.
Wie dem auch ſei, ſo wird man in England unter den höheren
und gebildeten Ständen, abgeſehen von andern Gründen der Miß-
liebigkeit des Revivals jeden Augenblick auch den hören: these
things are quite unenglish! Was ich aber daraus folgere, iſt
ganz einfach dies: wenn ehrenwerthe, tüchtige und durchaus eng-
liſche, aber ſpecifiſch chriſtlich erweckte, angeregte, durchdrungene
und bis auf einen gewißen Punkt geweihte Naturen ſich durch die
geiſtlichen und ſittlichen Nothſtände ihrer engliſchen Brüder gedrungen
und gerechtfertigt finden, an ſolch’ unengliſchem Treiben Theil zu
nehmen, ſo mögen wir uns doch wohl bedenken, ob es für uns ge-
nügt zu ſagen: „dies und das iſt gar zu undeutſch!‟ Daß übri-
gens die politiſche oder polizeiliche Freiheit und die allgemeine Ge-
wohnheit der Oeffentlichkeit nicht ohne Einfluß auf das reliögiöſe
Gebiet iſt, verſteht ſich von ſelbſt — doch nur in dem Sinn, daß auch
hier dem demonſtrativen Trieb nicht die Schranken im Wege ſtehen,
die er bei uns erſt durchbrechen müßte, wenn er vorhanden wäre.
Werden Sie nun, geehrteſter Freund, mit mir eine Art deutſch
lutheriſcher Jdioſynkraſie gegen das Revival an ſich und im All-
gemeinen nicht nur begreifen, ſondern auch theilen, ſo fürchte ich
doch, es darf damit unter den obwaltenden Umſtänden nicht Alles
geſagt ſein; die Akten ſind damit wahrlich nicht geſchloßen! — Unſere
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