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Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.

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einfachsten schriftmäßigen Heilswahrheiten zu verstehen, welche den
wesentlichen Jnhalt dieser Predigten bilden. Der Erfolg selbst
aber zeigt, daß jene Einfachheit einen hohen Grad von Wirksamkeit
eben dieser Themata nicht ausschließt, sondern bedingt. Fragen Sie
mich aber weiter, geehrtester Freund, worin denn die wirksamen
Eigenthümlichkeiten dieser Predigten liegen, so kann ich Jhnen keine
andere Antwort geben, als die: es muß gerade darin liegen, daß
die Wirksamkeit der gewaltigen Texte von der Sünde, der Reue,
Buße und Vergebung aus Gnaden u. s. w. eben durch die schmuck-
lose Einfachheit, wenn man will sogar Crudität, einer doch zugleich
sehr dringenden, unmittelbar persönlichen Anwendung und gleichsam
Zuspitzung und besonders durch den subjectiven Ernst und Eifer des
Predigers gesteigert wird. Auch soll nicht geläugnet werden, daß
manche Punkte, z. B. die Gefahr der ewigen Verdammniß durch
Aufschub der Bekehrung, auch wohl die Funktionen des Teufels,
die Schrecken der Hölle sehr oft und stark und nicht selten in crasser
Weise betont werden -- jedoch, wie gesagt, meist ohne alle besondere
oratorische Begabung. Dazu kommt dann -- sobald wir den Be-
griff der Predigt weiter ausdehnen -- die außerordentliche Steige-
rung der Wirksamkeit wesentlich ähnlicher Worte, wenn sie zumal
bei einer ohnehin homogen aufgeregten Stimmung in dem unmittel-
bar individuellen seelsorgerischen Verkehr Auge in Auge gebraucht
werden. Uebrigens muß ich hier gleich dem ziemlich verbreiteten
Jrrthum entgegentreten, wonach die Wirkungen dieser Predigten
und der damit sonst verbundenen Einflüße durchweg oder auch nur
überwiegend den Charakter des ganz unvorbereitet Plötzlichen und
dadurch schon fast Wunderbaren trügen. Dies ist keineswegs der
Fall, sondern in vielen, ja den meisten Fällen, namentlich auch im
Anfang in Ulster, war nachweislich schon Monate vorher in den
meisten Kirchen bei den regelmäßigen Gottesdiensten ein besonderes
Gewicht auf dieselben Punkte gelegt worden, die dann das Revival
mit so gewaltiger, aber nur scheinbar plötzlicher Wirkung aufnahm.
Allerdings also hat eine Vorbereitung des Bodens, der Atmosphäre
Statt gefunden; aber weder diese noch die eigentliche Revival-
predigt würde hinreichen, jene Wirkungen zu erklären, wenn sie nicht
Hand in Hand giengen mit dem zweiten Hauptfaktor des Revivals,
dem Gebet, welches denn ebenfalls in den mannigfaltigsten For-

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einfachſten ſchriftmäßigen Heilswahrheiten zu verſtehen, welche den
weſentlichen Jnhalt dieſer Predigten bilden. Der Erfolg ſelbſt
aber zeigt, daß jene Einfachheit einen hohen Grad von Wirkſamkeit
eben dieſer Themata nicht ausſchließt, ſondern bedingt. Fragen Sie
mich aber weiter, geehrteſter Freund, worin denn die wirkſamen
Eigenthümlichkeiten dieſer Predigten liegen, ſo kann ich Jhnen keine
andere Antwort geben, als die: es muß gerade darin liegen, daß
die Wirkſamkeit der gewaltigen Texte von der Sünde, der Reue,
Buße und Vergebung aus Gnaden u. ſ. w. eben durch die ſchmuck-
loſe Einfachheit, wenn man will ſogar Crudität, einer doch zugleich
ſehr dringenden, unmittelbar perſönlichen Anwendung und gleichſam
Zuſpitzung und beſonders durch den ſubjectiven Ernſt und Eifer des
Predigers geſteigert wird. Auch ſoll nicht geläugnet werden, daß
manche Punkte, z. B. die Gefahr der ewigen Verdammniß durch
Aufſchub der Bekehrung, auch wohl die Funktionen des Teufels,
die Schrecken der Hölle ſehr oft und ſtark und nicht ſelten in craſſer
Weiſe betont werden — jedoch, wie geſagt, meiſt ohne alle beſondere
oratoriſche Begabung. Dazu kommt dann — ſobald wir den Be-
griff der Predigt weiter ausdehnen — die außerordentliche Steige-
rung der Wirkſamkeit weſentlich ähnlicher Worte, wenn ſie zumal
bei einer ohnehin homogen aufgeregten Stimmung in dem unmittel-
bar individuellen ſeelſorgeriſchen Verkehr Auge in Auge gebraucht
werden. Uebrigens muß ich hier gleich dem ziemlich verbreiteten
Jrrthum entgegentreten, wonach die Wirkungen dieſer Predigten
und der damit ſonſt verbundenen Einflüße durchweg oder auch nur
überwiegend den Charakter des ganz unvorbereitet Plötzlichen und
dadurch ſchon faſt Wunderbaren trügen. Dies iſt keineswegs der
Fall, ſondern in vielen, ja den meiſten Fällen, namentlich auch im
Anfang in Ulſter, war nachweislich ſchon Monate vorher in den
meiſten Kirchen bei den regelmäßigen Gottesdienſten ein beſonderes
Gewicht auf dieſelben Punkte gelegt worden, die dann das Revival
mit ſo gewaltiger, aber nur ſcheinbar plötzlicher Wirkung aufnahm.
Allerdings alſo hat eine Vorbereitung des Bodens, der Atmoſphäre
Statt gefunden; aber weder dieſe noch die eigentliche Revival-
predigt würde hinreichen, jene Wirkungen zu erklären, wenn ſie nicht
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dem Gebet, welches denn ebenfalls in den mannigfaltigſten For-

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[19/0025] einfachſten ſchriftmäßigen Heilswahrheiten zu verſtehen, welche den weſentlichen Jnhalt dieſer Predigten bilden. Der Erfolg ſelbſt aber zeigt, daß jene Einfachheit einen hohen Grad von Wirkſamkeit eben dieſer Themata nicht ausſchließt, ſondern bedingt. Fragen Sie mich aber weiter, geehrteſter Freund, worin denn die wirkſamen Eigenthümlichkeiten dieſer Predigten liegen, ſo kann ich Jhnen keine andere Antwort geben, als die: es muß gerade darin liegen, daß die Wirkſamkeit der gewaltigen Texte von der Sünde, der Reue, Buße und Vergebung aus Gnaden u. ſ. w. eben durch die ſchmuck- loſe Einfachheit, wenn man will ſogar Crudität, einer doch zugleich ſehr dringenden, unmittelbar perſönlichen Anwendung und gleichſam Zuſpitzung und beſonders durch den ſubjectiven Ernſt und Eifer des Predigers geſteigert wird. Auch ſoll nicht geläugnet werden, daß manche Punkte, z. B. die Gefahr der ewigen Verdammniß durch Aufſchub der Bekehrung, auch wohl die Funktionen des Teufels, die Schrecken der Hölle ſehr oft und ſtark und nicht ſelten in craſſer Weiſe betont werden — jedoch, wie geſagt, meiſt ohne alle beſondere oratoriſche Begabung. Dazu kommt dann — ſobald wir den Be- griff der Predigt weiter ausdehnen — die außerordentliche Steige- rung der Wirkſamkeit weſentlich ähnlicher Worte, wenn ſie zumal bei einer ohnehin homogen aufgeregten Stimmung in dem unmittel- bar individuellen ſeelſorgeriſchen Verkehr Auge in Auge gebraucht werden. Uebrigens muß ich hier gleich dem ziemlich verbreiteten Jrrthum entgegentreten, wonach die Wirkungen dieſer Predigten und der damit ſonſt verbundenen Einflüße durchweg oder auch nur überwiegend den Charakter des ganz unvorbereitet Plötzlichen und dadurch ſchon faſt Wunderbaren trügen. Dies iſt keineswegs der Fall, ſondern in vielen, ja den meiſten Fällen, namentlich auch im Anfang in Ulſter, war nachweislich ſchon Monate vorher in den meiſten Kirchen bei den regelmäßigen Gottesdienſten ein beſonderes Gewicht auf dieſelben Punkte gelegt worden, die dann das Revival mit ſo gewaltiger, aber nur ſcheinbar plötzlicher Wirkung aufnahm. Allerdings alſo hat eine Vorbereitung des Bodens, der Atmoſphäre Statt gefunden; aber weder dieſe noch die eigentliche Revival- predigt würde hinreichen, jene Wirkungen zu erklären, wenn ſie nicht Hand in Hand giengen mit dem zweiten Hauptfaktor des Revivals, dem Gebet, welches denn ebenfalls in den mannigfaltigſten For- 2 *

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Zitationshilfe: Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/25>, abgerufen am 24.11.2024.