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Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.

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solcher Standpunkt und das richtige Maaß und Licht der Beur-
theilung wesentlich aus einer solchen Fülle von, wenn auch nicht
immer unbefangenen Berichten zu schöpfen, oder doch zu vervoll-
ständigen sein wird. Uebrigens muß ich ausdrücklich jener Chronik
das Zeugniß geben, daß sie innerhalb der allgemeinen Voraus-
setzungen einer Jdentificirung mit dem Zweck und Princip des
Revivals und den wesentlichen Resultaten seiner Anwendung so unbe-
fangen und unpartheiisch ist, als es unter solchen Umständen irgend
möglich und zu erwarten. Von absichtlicher bewußter Fälschung
der historischen Wahrheit habe ich nirgends eine Spur gefunden
und auch der von jenem Beruf eines Parteiorgans unzertrennliche
Optimismus schließt die Erwähnung auch bedenklicher Erscheinungen
keineswegs aus. Genug -- ich nehme keinen Anstand zu behaupten,
daß eine richtige Anschauung der inneren und äußeren Thatsachen
sich aus diesen Materialien gar wohl schöpfen läßt, wenn sie nur
cum grano salis benutzt und behandelt werden. Ob und wieweit Sie,
geehrtester Freund, nun gerade mir die nöthige Dosis dieses kri-
tischen Salzes zutrauen -- das ist Jhre Sache. Bis auf Weiteres
aber glaube ich aus der Art, wie Sie sich in dieser Angelegenheit
an mich wenden, einen hinreichend günstigen Schluß ziehen zu können,
um sofort zu dem zweiten Präliminarpunkt überzugehen, nämlich in
welchem Sinne, wie und wieweit ich mich berufen finde, Jhrem
gütigen Vertrauen in einer Besprechung der Revivalbewegung zu
genügen.

Und hier muß ich mich sogleich ausdrücklich dagegen verwahren,
als übernähme ich die Aufgabe einer irgend in's Einzelne gehenden
umfaßenden und ausführlichen Darstellung des Verlaufs und gegen-
wärtigen Standes der Sache, oder gar einer erschöpfenden Erörte-
rung der aus den Thatsachen sich ergebenden Folgerungen und
Nutzanwendungen für unsere kirchlichen, religiösen und sittlichen
Noth- und Zustände, womit denn ganz von selbst eine ebenso er-
schöpfende Kritik nach beiden Seiten Hand in Hand gehen müßte.
Darauf kann und will ich mich durchaus nicht einlaßen, und würde
es auch dann nicht, wenn eine solche Arbeit sich überhaupt in einer
flüchtigen Correspondenz erledigen ließe und nicht vielmehr ein dickes
Buch erforderte. Meine Meinung ist nur die: zunächst bei Jhnen
und in Jhrem Kreise, geehrtester Freund, und namentlich bei Jhren

ſolcher Standpunkt und das richtige Maaß und Licht der Beur-
theilung weſentlich aus einer ſolchen Fülle von, wenn auch nicht
immer unbefangenen Berichten zu ſchöpfen, oder doch zu vervoll-
ſtändigen ſein wird. Uebrigens muß ich ausdrücklich jener Chronik
das Zeugniß geben, daß ſie innerhalb der allgemeinen Voraus-
ſetzungen einer Jdentificirung mit dem Zweck und Princip des
Revivals und den weſentlichen Reſultaten ſeiner Anwendung ſo unbe-
fangen und unpartheiiſch iſt, als es unter ſolchen Umſtänden irgend
möglich und zu erwarten. Von abſichtlicher bewußter Fälſchung
der hiſtoriſchen Wahrheit habe ich nirgends eine Spur gefunden
und auch der von jenem Beruf eines Parteiorgans unzertrennliche
Optimismus ſchließt die Erwähnung auch bedenklicher Erſcheinungen
keineswegs aus. Genug — ich nehme keinen Anſtand zu behaupten,
daß eine richtige Anſchauung der inneren und äußeren Thatſachen
ſich aus dieſen Materialien gar wohl ſchöpfen läßt, wenn ſie nur
cum grano salis benutzt und behandelt werden. Ob und wieweit Sie,
geehrteſter Freund, nun gerade mir die nöthige Doſis dieſes kri-
tiſchen Salzes zutrauen — das iſt Jhre Sache. Bis auf Weiteres
aber glaube ich aus der Art, wie Sie ſich in dieſer Angelegenheit
an mich wenden, einen hinreichend günſtigen Schluß ziehen zu können,
um ſofort zu dem zweiten Präliminarpunkt überzugehen, nämlich in
welchem Sinne, wie und wieweit ich mich berufen finde, Jhrem
gütigen Vertrauen in einer Beſprechung der Revivalbewegung zu
genügen.

Und hier muß ich mich ſogleich ausdrücklich dagegen verwahren,
als übernähme ich die Aufgabe einer irgend in’s Einzelne gehenden
umfaßenden und ausführlichen Darſtellung des Verlaufs und gegen-
wärtigen Standes der Sache, oder gar einer erſchöpfenden Erörte-
rung der aus den Thatſachen ſich ergebenden Folgerungen und
Nutzanwendungen für unſere kirchlichen, religiöſen und ſittlichen
Noth- und Zuſtände, womit denn ganz von ſelbſt eine ebenſo er-
ſchöpfende Kritik nach beiden Seiten Hand in Hand gehen müßte.
Darauf kann und will ich mich durchaus nicht einlaßen, und würde
es auch dann nicht, wenn eine ſolche Arbeit ſich überhaupt in einer
flüchtigen Correſpondenz erledigen ließe und nicht vielmehr ein dickes
Buch erforderte. Meine Meinung iſt nur die: zunächſt bei Jhnen
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[5/0011] ſolcher Standpunkt und das richtige Maaß und Licht der Beur- theilung weſentlich aus einer ſolchen Fülle von, wenn auch nicht immer unbefangenen Berichten zu ſchöpfen, oder doch zu vervoll- ſtändigen ſein wird. Uebrigens muß ich ausdrücklich jener Chronik das Zeugniß geben, daß ſie innerhalb der allgemeinen Voraus- ſetzungen einer Jdentificirung mit dem Zweck und Princip des Revivals und den weſentlichen Reſultaten ſeiner Anwendung ſo unbe- fangen und unpartheiiſch iſt, als es unter ſolchen Umſtänden irgend möglich und zu erwarten. Von abſichtlicher bewußter Fälſchung der hiſtoriſchen Wahrheit habe ich nirgends eine Spur gefunden und auch der von jenem Beruf eines Parteiorgans unzertrennliche Optimismus ſchließt die Erwähnung auch bedenklicher Erſcheinungen keineswegs aus. Genug — ich nehme keinen Anſtand zu behaupten, daß eine richtige Anſchauung der inneren und äußeren Thatſachen ſich aus dieſen Materialien gar wohl ſchöpfen läßt, wenn ſie nur cum grano salis benutzt und behandelt werden. Ob und wieweit Sie, geehrteſter Freund, nun gerade mir die nöthige Doſis dieſes kri- tiſchen Salzes zutrauen — das iſt Jhre Sache. Bis auf Weiteres aber glaube ich aus der Art, wie Sie ſich in dieſer Angelegenheit an mich wenden, einen hinreichend günſtigen Schluß ziehen zu können, um ſofort zu dem zweiten Präliminarpunkt überzugehen, nämlich in welchem Sinne, wie und wieweit ich mich berufen finde, Jhrem gütigen Vertrauen in einer Beſprechung der Revivalbewegung zu genügen. Und hier muß ich mich ſogleich ausdrücklich dagegen verwahren, als übernähme ich die Aufgabe einer irgend in’s Einzelne gehenden umfaßenden und ausführlichen Darſtellung des Verlaufs und gegen- wärtigen Standes der Sache, oder gar einer erſchöpfenden Erörte- rung der aus den Thatſachen ſich ergebenden Folgerungen und Nutzanwendungen für unſere kirchlichen, religiöſen und ſittlichen Noth- und Zuſtände, womit denn ganz von ſelbſt eine ebenſo er- ſchöpfende Kritik nach beiden Seiten Hand in Hand gehen müßte. Darauf kann und will ich mich durchaus nicht einlaßen, und würde es auch dann nicht, wenn eine ſolche Arbeit ſich überhaupt in einer flüchtigen Correſpondenz erledigen ließe und nicht vielmehr ein dickes Buch erforderte. Meine Meinung iſt nur die: zunächſt bei Jhnen und in Jhrem Kreiſe, geehrteſter Freund, und namentlich bei Jhren

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Zitationshilfe: Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/11>, abgerufen am 27.11.2024.