ohne alle Verletzung ihren alten Verehrern zurück- geschickt. Es war mir eine rechte Freude die al- ten Herrn wieder zu sehen; sie schienen sich bei al- len den unwillkührlichen Reisen sehr passiv verhalten zu haben, denn sie waren nicht im geringsten ver- ändert. Der Geistliche erfreute mich durch die Milde mit der er uns das Schicksal seiner Heilig- thümer erzählte, kein rauhes Wort, kein bitterer Rückblick über all das Verlorne, nur ein rechtli- cher Stolz über die erhaltnen Herrlichkeiten, und je länger er mein Interesse an ihnen sah, je lebhafter ward sein Interesse sie mir zu zeigen. Die Kunst an den alten Arbeiten ist ein Gegen- stand meiner Bewunderung -- mag doch die Welt philosophischer seyn, oder evangelischer, oder wie sie es nennen mag, -- ich möchte doch wissen wie die Kunst gemeinwirkender angewendet werden könnte, als zum Schmucke der Kirchen, zum Pom- pe der Religionsgebräuche? Hier gewinnt des Volkes Auge Freude an der Kunst, von der Kir- che können dem Künstler Werke aufgetragen wer- den, die der Privatmann nicht bezahlen kann, und die beim Fürsten dem Genuß der Menge ent- zogen sind; -- denn die großmüthige Erlaubniß zu gewissen Tagen, unter gewissen Umsiänden die
ohne alle Verletzung ihren alten Verehrern zuruͤck- geſchickt. Es war mir eine rechte Freude die al- ten Herrn wieder zu ſehen; ſie ſchienen ſich bei al- len den unwillkuͤhrlichen Reiſen ſehr paſſiv verhalten zu haben, denn ſie waren nicht im geringſten ver- aͤndert. Der Geiſtliche erfreute mich durch die Milde mit der er uns das Schickſal ſeiner Heilig- thuͤmer erzaͤhlte, kein rauhes Wort, kein bitterer Ruͤckblick uͤber all das Verlorne, nur ein rechtli- cher Stolz uͤber die erhaltnen Herrlichkeiten, und je laͤnger er mein Intereſſe an ihnen ſah, je lebhafter ward ſein Intereſſe ſie mir zu zeigen. Die Kunſt an den alten Arbeiten iſt ein Gegen- ſtand meiner Bewunderung — mag doch die Welt philoſophiſcher ſeyn, oder evangeliſcher, oder wie ſie es nennen mag, — ich moͤchte doch wiſſen wie die Kunſt gemeinwirkender angewendet werden koͤnnte, als zum Schmucke der Kirchen, zum Pom- pe der Religionsgebraͤuche? Hier gewinnt des Volkes Auge Freude an der Kunſt, von der Kir- che koͤnnen dem Kuͤnſtler Werke aufgetragen wer- den, die der Privatmann nicht bezahlen kann, und die beim Fuͤrſten dem Genuß der Menge ent- zogen ſind; — denn die großmuͤthige Erlaubniß zu gewiſſen Tagen, unter gewiſſen Umſiaͤnden die
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ohne alle Verletzung ihren alten Verehrern zuruͤck-
geſchickt. Es war mir eine rechte Freude die al-
ten Herrn wieder zu ſehen; ſie ſchienen ſich bei al-
len den unwillkuͤhrlichen Reiſen ſehr paſſiv verhalten
zu haben, denn ſie waren nicht im geringſten ver-
aͤndert. Der Geiſtliche erfreute mich durch die
Milde mit der er uns das Schickſal ſeiner Heilig-
thuͤmer erzaͤhlte, kein rauhes Wort, kein bitterer
Ruͤckblick uͤber all das Verlorne, nur ein rechtli-
cher Stolz uͤber die erhaltnen Herrlichkeiten, und
je laͤnger er mein Intereſſe an ihnen ſah, je
lebhafter ward ſein Intereſſe ſie mir zu zeigen.
Die Kunſt an den alten Arbeiten iſt ein Gegen-
ſtand meiner Bewunderung — mag doch die Welt
philoſophiſcher ſeyn, oder evangeliſcher, oder wie
ſie es nennen mag, — ich moͤchte doch wiſſen wie
die Kunſt gemeinwirkender angewendet werden
koͤnnte, als zum Schmucke der Kirchen, zum Pom-
pe der Religionsgebraͤuche? Hier gewinnt des
Volkes Auge Freude an der Kunſt, von der Kir-
che koͤnnen dem Kuͤnſtler Werke aufgetragen wer-
den, die der Privatmann nicht bezahlen kann,
und die beim Fuͤrſten dem Genuß der Menge ent-
zogen ſind; — denn die großmuͤthige Erlaubniß
zu gewiſſen Tagen, unter gewiſſen Umſiaͤnden die
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/84>, abgerufen am 24.11.2024.
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